„Bin und bleibe Fan des VfL“Torge Greve zum Abschluss seiner Zeit in Gummersbach

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  • Die Saison ist abgebrochen und als Tabellenvierter spielen die VfL-Handballer ein zweites Jahr in der Zweiten Liga.
  • Ohne Trainer Torge Greve (44), der seinen Abschied zum Saisonende verkündet hatte.
  • Über die zurückliegende Zeit sprach Andrea Knitter mit ihm.

Heute wäre das letzte Saisonspiel der  Gummersbacher Handballer unter Trainer Torge Greve gewesen. Wäre alles nach Plan gelaufen, würde der VfL Gummersbach heute um 18 Uhr zum letzten Saisonspiel gegen den ASV Hamm antreten – und möglicherweise um den Aufstieg spielen. Doch in Zeiten von Corona ist alles anders.

Was macht Noch-VfL-Trainer Torge Greve heute um 18 Uhr? Laut Spielplan steht dann die letzte Partie der Zweiten Handball-Bundesliga an.

Greve Ich werde zu Hause in Kiel in meinem Garten sitzen,  hoffe auf gutes Wetter, was die Situation  erträglicher machen würde.

Wie haben Sie die Entscheidung der Handball-Bundesliga gesehen, die Saison wegen der Verbreitung des Corona-Virus abzubrechen?

Das war alternativlos, denn bei allem geht die Gesundheit vor. Im März wurde die Handball-Saison beendet,   nach 24 Spieltagen und  mit der Chance, dass der  VfL noch hätte aufsteigen können.    

Haben Sie das  Gefühl,  etwas Unvollendetes zu hinterlassen?

Ja, es hat etwas Unvollendetes. Das Gefühl der Enttäuschung kommt wellenartig immer wieder. Gerade jetzt, als ich Anfang der Woche in Gummersbach war, kam es wieder hoch.

Sie sind im März 2019 zum VfL gekommen. Wie blicken Sie auf die Zeit zurück?

Ich habe die Entscheidung nach Gummersbach zu kommen, nie bereut. Ich bin sehr dankbar, dass mir Geschäftsführer Christoph Schindler die Chance gegeben hat. Es war eine sehr intensive Zeit, in der ich  viele Menschen kennengelernt habe, die für den Handball leben. Ich bin zum Fan des VfL Gummersbach geworden und werde es auch bleiben.

Dabei stand im Sommer der erstmalige Abstieg des VfL in die Zweite Liga.

Ich denke oft daran, wie die Spieler anschließend im Bus geweint haben und  der VfL vor dem  Absturz stand.  Und doch war es  der Beginn von etwas Neuem, etwas für die Zukunft.  Der erste Höhepunkt war  das öffentliche Training in der Saisonvorbereitung  vor 800 Zuschauern in der Schwalbe-Arena. Ich sehe, wie in der Geschäftsstelle mit viel Herzblut gearbeitet wird.  Der VfL hat sich nicht aufgegeben, sondern Stärke demonstriert. Rein faktisch gesehen, war ich kein erfolgreicher Trainer. Ich bin abgestiegen und  nicht wieder aufgestiegen. Doch das Feedback war ein anderes und das zeigt, wie Gummersbach  den Handball lebt.

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Ist es da nicht besonders bitter, dass es jetzt für Sie und die Spieler  keinen echten Abschluss gibt?

Schon, aber ich weiß auch nicht, wie ich bei einem echten Abschied reagiert hätte, denn  ich bin schon ein sehr emotionaler Mensch.  Mir tut es leid, dass es keinen Abschluss als Mannschaft gibt.  Wenn ich überlege,  wie unfertig die Mannschaft war, mit der wir in die Saison gestartet sind, und dass wir am Ende doch noch die Chance hatten aufzusteigen.  Auch wenn es uns gegen die anderen Spitzenmannschaften  etwas an der sportlichen Qualität gefehlt hat.  Mit Coburg und Essen steigen zwei Mannschaften auf, die es verdient haben.

Sie haben gesagt, Sie sind ein Fan des VfL  geworden. Was bleibt besonders haften?

Da ist sicher der unerwartete Sieg gegen die Rhein-Neckar Löwen in der Schlussphase der Bundesliga, aber auch das Entscheidungsspiel  in Bietigheim.   Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich an die Fanblöcke denke, die uns begleitet haben. Wir haben uns in dem Spiel  nicht viel vorzuwerfen, auch wenn es den Abstieg besiegelt hat. Das macht es leichter. Ich denke an die Heimspiele in der  Zweiten Liga mit ihrer besonderen Atmosphäre. Unvergessen ist der 27:12-Erfolg gegen den VfL Lübeck-Schwartau oder der knappe Derbysieg gegen den TuS Ferndorf. Es ist eine tolle Sache, dass ich Spieler wie Carsten Lichtlein, Drago Vukovic oder Ivan Martinovic trainieren durfte. Das war schon etwas Besonderes  und eine echte Erfahrung. Über allem steht die Herzlichkeit und das Feuer, das mir von den Fans entgegengebracht wurde.

Mit dem Abschied von Gummersbach kehren Sie in  Ihren Beruf als  Lehrer  für Mathematik und Sport an eine Gemeinschaftsschule in  Kiel zurück. War es das mit dem Trainer Torge Greve?

Ich werde niemals nie sagen, auch wenn ich erstmal für meine Familie  da sein und Kräfte sammeln möchte.   Aber ich möchte auch überall mal reinschauen, sei es beim THW Kiel, bei Flensburg  und Hamburg. Es ist der Blick über den Tellerrand.   Ich werde mit dem Handball nicht abschließen, sondern auch weiterhin das Geschehen  verfolgen. Ich bin ziemlich entspannt, wer weiß  was kommt.  Weihnachten 2018 habe ich auch nicht gedacht, dass ich im März Trainer des VfL Gummersbach sein werde. Ich weiß sicher, dass es komisch werden wird, wenn die Saison wieder  losgeht. Meine Entscheidung bereue ich aber nicht.

Wie sind Sie überhaupt Trainer geworden?

Das war mehr zufällig. Ich war der älteste Spieler im Kader des Zweitligisten TSV Altenholz, als unser Trainer Wolfgang Schwenke in der Saison 2009/10 zu den Rhein-Neckar Löwen wechselte. Nachdem es mit seinem Nachfolger Jens Häusler nicht funktionierte, wurde ich  zunächst Spielertrainer und  dann Trainer.  Noch  als Kapitän  hatte ich 2003  die erste Begegnung mit Christoph Schindler, als er  als Spieler zu uns kam und ich ihn vom Bahnhof abgeholt habe. Im Januar 2012 wurde ich Trainer beim VfL Bad Schwartau, der seit 2017 als VfL Lübeck-Schwartau spielt.

Sie gehen auf eigenen  Wunsch. Was wünschen Sie dem VfL für die neue Saison?

Dass er sein sportliches Ziel erreicht, und das  ist die Rückkehr in die Bundesliga.  Ich wünsche aber auch, dass die Leute und das Umfeld die Leidenschaft und die Treue für ihren Verein behalten. Ich werde den Weg des VfL weiter beobachten und  sicher auch immer mal wieder in der  Halle sein.

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