Naturschützer schlagen AlarmWaldbröler Nutscheid nimmt Schaden durch Besucher

Der Waldbröler Nutscheid ist das größte zusammenhängende Waldgebiet in Oberberg und steht unter Naturschutz.
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Waldbröl – Immer mehr Leute verbringen die Freizeit im Wald. Viele verhalten sich dabei jedoch unangebracht. Sie stören das Wild, treten die Natur mit Füßen und hinterlassen ihre Spuren aus unverrottbarem Plastik.
Die langen Monate der Lockdowns haben viele Menschen in die Natur getrieben – auch in den Waldbröler Nutscheid, dem größten zusammenhängenden Waldgebiet in Oberberg, das zudem unter Naturschutz steht. „Es scheint so, als wüssten immer weniger Leute, wie sie sich in der Natur verhalten sollten“, sagt Robin Romünder. Er und sein Bruder Benni sind Jagdpächter dort und auch Mitglieder der Waldnachbarschaft Bladersbach.
Sammler, Fahrradfahrer und Co. bedrohen Naturschutzgebiet
Ärgernis Nummer Eins: Viele Besucher verlassen die ausgewiesenen Wege – und das ist in einem Naturschutzgebiet strikt verboten. „Wir erkennen an den Spuren, dass Fahrradfahrer, Reiter und Fußgänger vielfach Wild- und Trampelpfade nutzen und dabei Käfer oder Kröten zertreten oder plattfahren und auch junge Bäume, die noch sehr klein sind, einem Niederwald wie dem unserem aber die Zukunft sichern“, erklärt Benni Romünder.
Denn in einem Niederwald wird jedes Jahr eine bestimmte Parzelle abgeholzt oder „auf den Stock geschnitten“, wie es im Fachjargon heißt. Danach wird der Boden ganz der Natur überlassen und die forstet selbst wieder auf. Es wächst nach, was die Natur will und zulässt. „So entstehen hier ganz besondere Waldgebiete, in denen schon mal mehr als sieben verschiedene Baumarten – von der Eiche über die Buche bis zur Weide – nebeneinander stehen“, erklärt Benni Romünder.
Wenn sie denn nicht platt getrampelt oder gefahren würden, sei es von ahnungslosen Waldspaziergängern, den seit Corona überaus zahlreichen Fahrradfahrern oder von halbprofessionellen Pilzsammlern, die während der Saison in Scharen den Wald durchkämmten – obwohl das Sammeln dort strengstens verboten ist. „Die kommen mit Kleinbussen an und bilden regelrechte Ketten wenn sie den Waldboden absuchen“, erzählt Gregor Mertens, ebenfalls Waldnachbar und Jagdpächter. Dabei zerstörten die Sammler nicht nur junge Bäume und Pflanzen, sondern auch die Brutstätten von Tieren, etwa dem äußerst seltenen, aber im Nutscheid beheimateten Haselhuhn.
Offizielle Strafen können durch Fehlverhalten verhängt werden
„Wir könnten Leute, die ihre Hunde abseits der Wege laufen lassen oder ihre Picknickdecken und Einmal-Grills auspacken, zur Rede stellen und sogar offizielle Strafen verhängen“, sagt Robin Romünder und gesteht: „Aber wir wollen auf keinen Fall eine Eskalation provozieren, denn das Image des Jägers ist eh schon so schlecht, da wollen wir kein Öl ins Feuer gießen.“
Dabei sehen sich Jäger als Hüter des Wildes und ihre primäre Aufgabe sei es, für den gesunden Erhalt des Wildbestands in seinem Lebensraum zu sorgen. Doch der schrumpft von Jahr zu Jahr. Denn bebaute Flächen dehnen sich kontinuierlich aus. Und zuletzt hat auch das Abholzen kranker Fichten dazu beigetragen, dass der Lebensraum für das heimische Wild weiter geschrumpft ist. „Und in dem Gebiet, das dann übrig bleibt, wird es immer öfter von Menschen gestört. Die trampeln durch das Wohnzimmer des Wildes“, sagt Robin Romünder.
Im Nutscheid machen die Jagdpächter und Waldbesitzer aber nicht nur den deutlich gestiegenen Besucherandrang seit Corona dafür verantwortlich, sondern auch die Stadtentwicklung. „Es ist bedauerlich, dass Waldbröl zwar mit dem Naturerlebnispark Panarbora und dem Nutscheid als Erholungsgebieten wirbt und Touristen aus ganz Deutschland anlockt, aber nichts dafür tut, dass der Wald – und vor allem das Naturschutzgebiet – gesund bleibt“, urteilt Benni Romünder.
Mitarbeiter und Schilder mit Piktogrammen sollen Besucher hinweisen
Es fehle etwa an Mülleimern, zumindest an den Straßenbuchten, in denen die Spaziergänger ihre Autos abstellen und an den Bänken, die entlang der offiziellen Wege stehen. Vielleicht würde das dazu beitragen, dass die drei Männer weniger Fast-Food-Tüten, PET-Flaschen, Papiertaschentücher und Zigarettenkippen – die kaum verrotten – im Wald aufsammeln müssen, das hoffen die Brüder Romünder. Und dass die laminierten Wegweiser längst vergangener Schnitzeljagden sowie die unzähligen, ebenso in Plastik gehüllten Suchanzeigen für entlaufene Haustiere, die an Baumstämme genagelt werden, von den Urhebern wieder abgenommen und entsorgt werden.
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Eine Bitte der Jagdpächter um Unterstützung an den Oberbergische Kreis als untere Naturschutzbehörde verlief laut Gregor Mertens im Sande. Da ist der benachbarte Rhein-Sieg-Kreis einige Schritte voraus. Die Grenze verläuft mitten durch den Nutscheid und ist erkennbar an den zwei Naturschutzschildern – mit dem Unterschied, dass der Rhein-Sieg-Kreis sein Schild schon lange mit Verhaltensregeln ergänzt hat. Zudem hat dieser Kreis jüngst unter dem Titel „Natur geht vor“ eine Kampagne gestartet.
Seither patrouillieren Mitarbeiter des Ordnungsdienstes und vier Förster in den Naturschutzgebieten und leisten Aufklärungsarbeit. Auch sollen den Schilder Piktogramme bald hinzugefügt werden, sodass keine Sprach- oder Wissensbarriere mehr das Verständnis solcher Regeln verhindert.