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Smart im hohen AlterWaldbröler Schüler geben Senioren Hilfe für Handy und Tablet

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Von den Jugendlichen Alina und Till lassen sich Waldrud Schellenberg und Ursula Steppke das Smartphone erklären.

Von den Jugendlichen Alina und Till lassen sich Waldrud Schellenberg (l.) und Ursula Steppke das Smartphone erklären.

Guter Rat ist jung: Schülerinnen und Schülern haben in Waldbröl Senioren bei der Bedienung von Smartphone, Tablet und Computer geholfen.

Mit der Kontaktliste ihres Handys ist Seniorin Waldrud Schellenberg gar nicht zufrieden: „Da werden alle Anrufe einfach aufgelistet, und wenn ich jemanden anrufen will, finde ich die Nummer nur mühsam.“ Schülerin Alina kann helfen: „Sie können die Nummern, die Ihnen wichtig sind, in den Kontakten mit Namen abspeichern.“

Das Interesse am jungen Nachhilfeunterricht ist groß

Im evangelischen Gemeindehaus in Waldbröl hat die 13-Jährige einen weiteren Tipp, dessen Anwendung sie der Seniorin direkt vorführt: In den Einstellungen des Smartphones stellt sie kurzerhand das automatische Auflisten aller Anrufe ab.

Mit ihren Mitschülern Till, Marlon und Finn und mit Sozialpädagogin Ina Rudi-Braun von der städtischen Gesamtschule ist Alina an diesem Vormittag ins Gemeindehaus gekommen, um älteren Menschen beim Umgang mit Handy, Tablet oder Computer zu helfen. Und das Interesse daran ist groß. Denn im Saal werden sie bereits von 30 Seniorinnen und Senioren im Alter zwischen 65 und 90 Jahre erwartet. Viele der älteren Ratsuchenden haben ihr Smartphone bereits in der Hand, sie scrollen sich durch Internetseiten und tippen darauf Nachrichten.

Wir sind ausgebildete Medien-Scouts und Medienbegleiter und können bei allen Fragen helfen.
Finn, Siebtklässler und Medien-Scout

Das gemeinsame Angebot des Treffpunkts „ZeitZusammen“ der Evangelischen Kirchengemeinde in Waldbröl und der Gesamtschule war bereits Ende 2019 gestartet, musste dann jedoch während der Pandemie pausieren. „Jetzt kann es aber richtig losgehen, und wir werden mit den Seniorinnen und Senioren an vier Terminen die Schule besuchen, damit sie dort mit den Jugendlichen den Umgang mit der Technologie weiter einüben können“, freut sich Anette Weber, Seniorenreferentin der Kirchengemeinde.

Zum Auftakt stellen sich die Jugendlichen und ihre Schul-AG vor. „Wir sind ausgebildete Medien-Scouts und Medienbegleiter und können bei allen Fragen helfen“, sagt Siebtklässler Finn. Und Mitschüler Marlon findet: „Das machen wir gerne, es ist eine spannende Aufgabe.“

Medien-Scout Till betreibt einen eigenen TikTok-Account

Fragen gibt es bei diesem ersten Treffen viele. „Wenn ich Bilder mit meinem Handy aufnehme, gefallen mir die Farben der Aufnahmen nicht, was kann ich denn da machen?“, wendet sich Seniorin Ursula Steppke an Schüler Till. Der schaut sich die Kamera des Smartphones an und kommt zu dem Schluss, dass deren Leistung doch gar nicht mal so schlecht sei. Daher rät er: „Das würde ich so lassen, denn wenn man eine hochauflösende Kamera-App mit guter Bildqualität haben will, bezahlt man fürs Handy richtig viel Geld.“

Till, der später gerne Landwirt werden möchte, betreibt einen TikTok-Account, auf dem er Videos mit Traktoren in Aktion und Kühen auf der Weide veröffentlicht. Sein Fachwissen ist innerhalb seiner eigenen Familie bereits sehr gefragt. „Mein Opa hatte bisher ein Handy, bei dem es einfach nur drei Tasten für alle Funktionen gab“, erzählt der Schüler. Nun hat sein Großvater ein neues Smartphone und Till zeigt ihm, wie man damit Nachrichten schreibt, Fotos aufnimmt und sie versendet.

Kooperation soll die Generationen näher zusammenbringen

Ein solch intensiver Kontakt zwischen den Generationen ist ein weiteres Ziel der Kooperation von Gesamtschule und Gemeinde. Und das funktioniert auf Anhieb: Interessiert hören die älteren Menschen den Jugendlichen zu, die ihnen sehr zugewandt und in verständlichen Sätzen die Funktion und Einstellung ihres Handys erklären.

Für ihre Aufgaben werden die Waldbröler Medien-Scouts durch das Bildungsnetzwerk im Oberbergischen Kreis geschult. Seit zehn Jahren sind an dieser Initiative kreisweit unter anderem Kreisjugendamt, Diakonie, Schulen und Schulpsychologischer Dienst beteiligt. Viel zu zeigen und einiges zu erklären gibt es für die Gesamtschüler bei den nun anstehenden Treffen.

„Wie startete ich einen Videoanruf mit den entfernt lebenden Enkeln? Wie navigiere ich eine Autofahrt ohne Google meinen Standort preiszugeben? Und wie vermeide ich es, Geld mit einem Klick loszuwerden?“ Das seien nur einige der Fragen, die die ältere Generation bewegten, sagt Seniorenreferentin Weber.

Für die nächste Zusammenkunft von Senioren und Schülern lässt sie im Gemeindehaus eine Liste herumgehen. „Was möchten Sie gerne wissen?“, wird darauf abgefragt. Und viele tragen dort eine ganz einfache Antwort ein: „Alles!“

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