Weiberfastnacht 2023In Wipperfürth stürmen die Narren die Rathäuser

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Die Wipperfürther Tollitäten posieren mit dem Schlüssel und lächeln in die Kamera.

Die Wipperfürther Tollitäten konnten erfolgreich den Schlüssel ergattern.

Der Karneval ist zurück auf den Straßen. In Wipperfürth und Lindlar stürmten die Jecken erstmals wieder die Rathäuser – an den Tresen wurde geschunkelt und gelacht.

So viel Fastelovend war lange nicht mehr in der Stadt. Angeführt vom Musikverein Linde in Matrosenanzügen, nähert sich ein jecker Lindwurm dem Rathaus. Dahinter folgen die stolzen Hanse Husaren, die KG Baulemann anno pief mit ihrem Dreigestirn Prinz Marcus, Bauer David und Jungfrau Dirk-linde.

Mit einer großen Abordnung marschieren das Tanzkorps Blau-Weiß Neye mit, gefolgt von der ebenso zahlreichen Narrenzunft Neye und dem Prinzenpaar Bonsai und Bianca am Ende des Zuges.

10:11 Uhr – die Jecken stürmen das Rathaus in Wipperfürth

Pünktlich um 10.11 Uhr erreichen die Jecken das Rathaus, wo sie von den Verteidigern schon erwartet werden. Bernd Köllner, Ex-Präsident der Narrenzunft Neye, führt das Wort. Für Bürgermeisterin Anne Loth hat er zunächst Lob parat. „Bis jetzt habe ich von Ihnen noch keine Blamage gehört“, und am Rathaus würden sogar blau-weiße Luftballone hängen – „dass ich das noch erleben darf.“

Dass sich das Rathaus mit dem Musikverein Dohrgaul auch musikalisch verstärkt habe, sei eine gute Idee. Doch dann unterläuft der Bürgermeisterin ein Fauxpas, sie grüßt die Wipperfürther „Totallitäten“ – das kann der Ex-Präsident der Neye nicht stehen lassen.

Ein Ständchen für den Geburtstagsprinzen

Als Nächstes gibt es ein Geburtstagsständchen für Prinz Bonsai, der vor wenigen Tagen seinen 50. Geburtstag gefeiert hat. „Happy Birthday, lieber Bonsai“ stimmen alle mit ein. Bernd Köllner lästert über die müde Rathaustruppe, Anne Loth verteidigt ihre Mannschaft und gibt sich siegessicher. „Wir haben zwar ein undichtes Dach, aber die Tür ist aus Eiche.“

So wird noch ein bisschen weiter gefrotzelt, bis es der Bürgermeisterin zu bunt wird und sie in die Runde fragt „Geben wir auf?“ „Nein“, schallt es ihr entgegen. Doch für die KG Baulemann und die Narrenzunft ist das das Zeichen zur Attacke. Ruckzuck haben Prinz Bonsai und Prinz Marcus der Bürgermeisterin den übergroßen Schlüssel entwendet, gemeinsam feiern alle weiter.

Im Zelt auf dem Marktplatz geht wenig später die Post ab. Der Musikverein Dohrgaul und der Musikverein Linde wechseln sich mit Musik ab und sorgen mit Klassikern wie dem „Treuen Husaren“ und dem „Müllemer Böötche“ und neuen Hits wie „Polka, Polka, Polka“ für Stimmung.

Viele feiern bewusster, die Aufmerksamkeit in den Sälen ist größer als vor Corona.
Prinz Marcus von den Baulemännern

„Die Leute haben wieder richtig Lust, Karneval zu feiern“, freut sich Prinz Marcus von den Baulemännern. „Was mich besonders freut: Viele feiern bewusster, die Aufmerksamkeit in den Sälen ist größer als vor Corona.“

Nur kurzer Widerstand in Lindlar

In diesem Jahr hat sich das Rathaus nicht so stark verschanzt, wie in den Jahren zuvor. Der Widerstand gegen die närrische Herrschaft fällt, auch angesichts der dünnen Personaldecke, verhalten aus. Zu groß ist auch hier offenbar die Lust aufs Feiern. Und so dauert der Kampf um den symbolischen Schlüssel nur Sekunden, dann stürmen die Jecken das Rathaus.

Einige Damen, der KG Rot-Weiß, halten den symbolischen Schlüssel in den Händen.

Die närrische Herrschaft stürmt nach kurzem Kampf das Rathaus.

11:11 Uhr – Damen der KG Rot-Weiß rütteln an der Rathaustür

Drei, zwei, eins, zählen die Damen der KG Rot-Weiß Lindlar die letzten Sekunden herunter. Pünktlich um 11.11 Uhr rütteln sie aus der Rathaustüre, die von Bürgermeister Dr. Georg Ludwig und Beigeordnetem Michael Eyer sowie Kämmerin Cordula Ahlers eher zaghaft verteidigt wird.

Unterstützung erhalten sie dabei vom Kinderprinzenpaar der Grundschule Lindlar-Ost, Prinz Moritz I. und Prinzessin Elizan und ihren Adjutanten Adna und Anton. Begleitet werden die aktuell einzigen Tollitäten in Lindlar von den Tänzerinnen des TSC Lindlar.

Kinderprinzenpaar beim Rathaussturm

Prinz und Prinzessin versprechen, die Hütte zu rocken und im Foyer brandet Applaus aus, der sich noch verstärkt, als die Tänzerinnen loslegen. Die Stimmung steigt als die Rathausstürmer angekündigt werden, eine Band aus aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern des Rathauses. Die ersten Takte erklingen, da haken sich alle unter und schunkeln.

Besuch aus Wipperfürth

Und die Jecken im Rathaus erhalten noch Besuch von „großen“ Tollitäten. Aus Wipperfürth kommt das Dreigestirn der KG Baulemann anno pief. Prinz Marcus, Bauer David und Jungfrau Dirklinde haben nicht nur ihre Sessionslieder im Gepäck, sondern auch den Lindlarer Ordnungsamtsleiter Ulf Engelmann im Schmölzjen. Er ist Adjutant und das aus gutem Grund, denn Bauer David ist sein Sohn und Ulf Engelmann bekennender Karnevalist.

Einen Besuch beim Rathaussturm in Lindlar hatte er zur Bedingung für seine Mitwirkung in der Equipe gemacht. Die Tollitäten werden gebührend empfangen und erhalten für ihren Auftritt viel Applaus. Die Jecken genießen, dass sie wieder ohne Auflagen feiern dürfen und singen, tanzen und schunkeln. (cor/lz)

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