Zu Gast bei Rotary-Clubs in Gummersbach„Der Mann mit der Milliarde im Portemonnaie“

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Dr. Gert Riemenschneider (Rotary Club Gummersbach-Oberberg),  Dr. Günther Bürger (Rotary Club Gummersbach),  Referent Rafael Laguna de la Vera sowie Thomas Roß (Sparkasse Gummersbach) (v.l.).

Gummersbach – So etwas nennt man einen Traumjob: Geld genug, um auch mal etwas in den Sand zu setzen, Kontakte zu höchsten politischen Stellen und vermutlich auch Einfluss genug, um sogar Gesetzesänderungen auf den Weg zu bringen, wenn es der Sache dient. Rafael Laguna de la Vera aus Gummersbach-Berghausen hat diesen Job, seit ihn die Bundesregierung Mitte vergangenen Jahres als Gründungsdirektor der Agentur für Sprunginnovation bestellte (wir berichteten).

Am Donnerstagabend war er Gast der beiden Rotary-Clubs Gummersbach und Gummersbach-Oberberg, und das Interesse an dem „Mann mit der Milliarde im Portemonnaie “ (ein Zuhörer) war so groß, dass mehr Stühle ins Foyer der Sparkasse gestellt werden mussten.

Das Natürlichste der Welt

150 Millionen Euro für die Gründung der Agentur und alljährlich weitere 100 Millionen, um Sprunginnovationen an den Start zu bringen – darüber berichtet Laguna im Plauderton, als sei es das Natürlichste von der Welt. Wahrscheinlich gab es keinen Vortrag oder Pressegespräch seit seiner Vorstellung durch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek und Wirtschaftsminister Peter Altmaier, bei dem Laguna nicht erklären musste, was Sprunginnovationen sind. Und warum selbst die Kanzlerin diese für so wichtig hält, dass sie die auf zehn Jahre verteilte Milliarde lieber Laguna anvertraut als so etablierten Forschungseinrichtungen wie dem Fraunhofer Institut. In Gummersbach war es nicht anders.

Eine Sprunginnovation verändert die Welt derart, dass sie nicht mehr die alte ist: das Auto, das die Kutsche ablöste, das IPhone, das aufs Handy folgte, die DVD, die die Videokassette vom Markt fegte. Auch dieser disruptive, also zerstörerische Aspekt, ist Teil von Sprunginnovation: die radikale und nicht mehr umkehrbare Veränderung des Markts.

Mit Namensnennung zufriedengeben

Laguna ist felsenfest überzeugt, dass es in Deutschland jede Menge solcher bahnbrechenden Neuerungen gibt, deren Erfinder „geradezu platzen, sie endlich umsetzen zu können“. Das scheitere bislang, weil die Wissenschaft sich mit Publikationen und Namensnennungen des Erfinders zufrieden gebe. Oder von ihm horrende Lizenzgebühren oder Gewinnanteile fordere. Die Wirtschaft wiederum habe keine Geduld, sei auf schnelle Gewinne aus und beschränke sich lieber auf Weiterentwicklungen vorhandener Ideen.

Da bleibe dem Innovator oft nichts anderes, als seine die Idee in die USA oder den Chinesen zu verkaufen, dann würden große Konzerne sie sich einverleiben. Auf keinen Fall dürfe man die Digitalisierung den USA oder China überlassen, warnt Laguna. Mit seiner Hilfe sollen die Erfinder in Deutschland bleiben und ihre Ideen hier an den Start gebracht werden.

Tausende Ideen per Mail

Seit er die neue Aufgabe übernommen hat – in Teilzeit übrigens, neben seiner eigenen Firma – quelle sein E-Mail-Eingang über vor Ideen, die ihm angetragen werden: „Wir wollen jetzt erstmal eine Maschine bauen, die aussortiert. Da ist auch ’ne Menge Mist dabei.“ Fünf bis zehn Ideen pro Jahr, so schätzt er, werde man an den Start helfen können. Auch für die Spätfinanzierung einer Sprunginnovation, also die Phase vor der tatsächlichen Produktion eines Produkts, gebe es genügend Geld. 8000 Milliarden Euro lägen ungenutzt bei den Banken.

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Auch seinen Auftritt in Gummersbach nutzte er für die Akquise: „Wenn Sie eine Idee haben, melden Sie sich bei mir.“ Lagunas Vision ist die eines humanistischen, europäischen Zugangs zur Digitalisierung – eine offene „technische Plattform mit Bundesstempel“. Diese solle genauso offen sein, wie er es mit seiner 2005 gegründeten Firma Open-Xchange vormache. Die entwickelte eine E-Mail-Software, stellte sie ins Netz, damit jedermann sie fortschreiben und kostenlos nutzen kann: „Das Produkt wird so immer besser. ,Open Source’ kostet nichts, aber es klaut auch keine Daten.“ Heute wird die Schnittstelle von Open Xchange von Unternehmen genutzt, die weltweit 2,7 Milliarden E-Mail-Nutzer haben. Sein Geld verdient Laguna mit Servicearbeiten an seiner Entwicklung oder speziellen Programmieraufträgen seiner rund 100 Kunden weltweit. 300 Menschen beschäftigt Laguna inzwischen.

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