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Polizei in NRWBetrunkene sollen für Nacht in Ausnüchterungszelle zahlen

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Düsseldorf – Wer betrunken in einer Ausnüchterungszelle der Polizei landet, den erwartet vielleicht ein unangenehmer Morgen – für die Übernachtung muss er jedoch nichts zahlen. Bisher zumindest. Die CDU im Landtag möchte das ändern, in Zukunft soll die Polizei für ihre Dienste häufiger eine Rechnung ausstellen dürfen. Sprich eine Gebühr eintreiben. CDU-Innenpolitiker Theo Kruse macht es am Beispiel Ausnüchterungszelle deutlich: „Wer sich vorsätzlich in einen Zustand trinkt, in dem er auf Hilfe angewiesen ist, darf nicht erwarten, dass die dadurch verursachten Kosten ausschließlich von der Allgemeinheit getragen werden“, sagt der Mann von der Union.

Unterstützung kommt von den Polizeigewerkschaften, die sich ebenfalls „abschreckende“ Gebühren vorstellen können. Arnold Plickert, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), verweist auf die Praxis in Baden-Württemberg. Wer zwischen Heidelberg und Konstanz volltrunken auf die Wache gefahren wird, zahlt schon für die Fahrt mit dem Polizeiauto – 26 Euro je angefangener halber Stunde und je eingesetztem Polizeibeamten. Für die Zellennacht schlagen die Schwaben noch einmal 45 Euro obendrauf. Betrunkene, die Einsatzfahrzeug oder Zelle auch noch beschmutzen, müssen mit Sondergebühren zwischen 35 und 750 Euro rechnen. Für Plickert geht es auch um Gerechtigkeit: „Warum sollen diejenigen, die die Polizei unberechtigt und unverhältnismäßig in Anspruch nehmen, genauso behandelt werden, wie diejenigen, die unverschuldet die Hilfe der Polizei benötigen?“, schreibt der Gewerkschafter in seiner Stellungnahme an den Innenausschuss des Landtags, der sich mit der Gebührenfrage befasst.

In anderen Bundesländern sind Rechnungen für Polizeieinsätze nichts Ungewöhnliches. Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat Beispiele gesammelt:

Ausnüchterungszelle: Berlin kassiert mindestens 129,88 – und sogar 179,38 Euro, falls ein Arzt vorbeischauen muss. Hessen ist dagegen etwas zurückhaltender: Betrunkene zahlen 20 Euro für sechs Stunden in der Zelle.

Fahrt im Polizeiwagen: Wird ein Betrunkener im Einsatzfahrzeug nach Hause gebracht, kostet das in Berlin 89,24 Euro.

Ruhestörung: Die Kosten für einen wiederholten Einsatz bei Streit oder Ruhestörung berechnen sich in Hessen nach der Fortbewegungsart der Polizisten: Für eine Fußstreife sind 46 Euro fällig, ein Funkwagen kostet die Verursacher 51 Euro. (kla)

CDU und Gewerkschaften können sich noch weitere Einnahmequellen vorstellen: Etwa dann, wenn die Beamten wiederholt ausrücken müssen, um gegen zu laute Partys einzuschreiten oder entlaufene Tiere eingefangen werden müssen. Auch über eine Gebühr zur „Bergung von Wasserfahrzeugen aus vom Bootsführer leichtfertig herbeigeführter Seenot“ will die Union diskutieren, so steht es in einem Antrag, über den der Landtag entscheiden muss. Ein CDU-Argument: Bei den Feuerwehren sei es schon heute üblich für bestimmte Einsätze, etwa das Entfernen von Insektennestern, eine Rechnung auszustellen. Opfer von Straftaten und alle, die unverschuldet in Gefahr geraten, müssten auch in Zukunft keine Kosten für den Polizeieinsatz fürchten, sagt die CDU.

Zugleich würden Gebühren für Betrunkene, leichtsinnige Kapitäne und Tierbesitzer die Landeskasse aufbessern. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg nimmt man durch die „Gebühren nach dem Verursacherprinzip“ pro Jahr rund 5,5 Millionen Euro zusätzlich ein. Der Bund der Steuerzahler ist dagegen skeptisch. Er fürchtet eine „Verunsicherung der Bürger“.

Die Polizei in Nordrhein-Westfalen lässt sich ihre Einsatzkosten bisher nur in seltenen Fällen erstatten. Ausnahmen sind etwa die Begleitung von Schwertransporten und Einsätze, die durch defekte Alarmanlagen ausgelöst werden. Ein falscher Alarm kostet bis zu 110 Euro. Wer aber einen Einbrecher gesehen haben will, der beim Eintreffen der Beamten schon längst geflüchtet ist, muss keine Zusatzkosten fürchten.