ErfolgsmodellDie Integrierte Gesamtschule Paffrath wird 50 Jahre alt

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Das 1973 gebaute Schulgebäude der Integrierten Gesamtschule Paffrath. Davor das Sportgelände, ringsherum Wohnhäuser.

Die Integrierte Gesamtschule Paffrath aus der Luft. Die einstige Modellschule in NRW wird 50 Jahre alt und steht vor großen baulichen Veränderungen.

Mit dem Bau der Schule wagte Bergisch Gladbach vor 50 Jahren die Teilnahme an einem landesweiten Modellversuch.

Als die Gesamtschule 1973 in Bergisch Gladbach an den Start ging, da war es für die einen der ersehnte Aufbruch in ein neues Bildungszeitalter, für die anderen eine zum Scheitern verdammte Abkehr vom klassischen dreigliedrigen Schulsystem. Auf jeden Fall aber betrat man mit der Gründung der Integrierten Gesamtschule Paffrath (IGP) 1973 Neuland in der Stadt, aber auch im Land Nordrhein-Westfalen.

Entsprechend viel Aufmerksamkeit erhielt die Schule, damals eine von 30 Pilotschulen in NRW. Als sie nach kurzem Intermezzo in der Grundschule Katterbach 1974 in das neue Gebäude an der Borngasse umziehen konnte, hatte die IGP wegen der ochsenblut-farbigen Außenverkleidung des Baues und in Anspielung auf das schulpolitische Experiment der damaligen sozialliberalen Landesregierung schnell ihren Spitznamen „rote Schule“ weg.

Weil die Nachfrage so groß ist, führt die IGP seit Jahren eine Warteliste

Heute, 50 Jahre nach ihrer Gründung, ist die Integrierte Gesamtschule Paffrath längst zum unverzichtbaren Bestandteil der Bergisch Gladbacher Schullandschaft geworden. An der IGP werden rund 1.400 Schülerinnen und Schüler gemeinsam unterrichtet, mit stetig steigender Nachfrage und langer Warteliste für jeden neuen Jahrgang. Gefeiert wird heute mit Schulministerin Dorothee Feller sowie das ganze Jahr über mit verschiedenen Veranstaltungen.

„Es brauchte damals Mut“, sagt Angelika Wollny, die seit 2016 Schulleiterin an der IGP ist, über den Schulstart. „Es hat auch hier genug Gegenwind gegeben.“

1969 entschloss sich der Bergisch Gladbacher Rat zum Modellversuch

1969 hatte der Rat der Stadt Bergisch Gladbach in (zunächst) seltener Einmütigkeit die Einrichtung einer Integrierten Gesamtschule beschlossen. Hintergrund waren stark steigende Schülerzahlen, die die existierenden Einrichtungen nicht mehr verkraften konnten.

Besonders in den nordwestlichen Stadtgebieten fehlte nicht nur ein dreizügiges Gymnasium, sondern auch eine dreizügige Realschule sowie eine vierzügige Hauptschule. Bei den Planungen zu einem neuen, großen Schulzentrum sei dann „der Funke übergesprungen“, schildert Günter Heinicke, der später der erste Schulleiter der IGP wurde, im Buch „1968. Schule-Reform-Protest“. Statt drei verschiedener Schulformen unter einem Dach entschloss sich die Politik kühn zur integrierten Gesamtschule und damit zur Beteiligung an einer landesweiten Versuchsphase.

Das Gebäude der IGP kostete damals 28 Millionen D-Mark

Bis das Projekt Wirklichkeit wurde, mussten allerdings viele Hürden überwunden werden. Dazu zählte auch die Finanzierung des neuen Gebäudes, ein damals unerhört kostspieliges 28-Millionen-DM-Projekt, das in seiner räumlichen Gestaltung auf die neue Form des gemeinsamen Lernens zugeschnitten sein sollte. Sein deutlichster Ausdruck ist bis heute das Forum, Zentrum der Schule, um das sich alles dreht.

Anders als in der damals noch selbstständigen Stadt Bensberg, wo fast zur gleichen Zeit an der Saaler Mühle eine Kooperative Gesamtschule (in ihr findet der Unterricht getrennt in Haupt-, Realschul- und Gymnasialklassen statt) entstand, schließlich aber wieder aufgegeben wurde, etablierte sich die Integrierte Gesamtschule in Paffrath erfolgreich. Ihre Einzigartigkeit für die Stadt sollte sie erst 2013 mit der Gründung der Nelson-Mandela-Gesamtschule in Gronau verlieren.

Das Schulgebäude ist so marode, dass ein Abriss diskutiert wird

„Das Modell der Gesamtschule ist ein Erfolgsmodell“, meint Schulleiterin Wollny. Längst sei verstanden worden, dass man gemeinsam lernen und dennoch unterschiedliche Abschlüsse machen könne. „Überall sprießen Gesamtschulen aus dem Boden“, freut sich die Pädagogin. Derzeit existieren in NRW 362 Gesamtschulen, an denen insgesamt 351 175 Schüler und Schülerinnen unterrichtet werden.

Während die pädagogische Idee weiter lebendig ist, schwächelt das Schulgebäude. Der 50 Jahre alte Betonbau ist so marode, dass derzeit von der Stadt geprüft wird, ob eine Sanierung überhaupt noch möglich ist oder nur noch ein Neubau infrage kommt. Eines sei aber unstrittig, so Angelika Wollny: „Hier an der IGP wird es weitergehen.“

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