Sechs Mal gezündeltBensberger Feuerteufel darf sich bewähren

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Luftbild von Bergisch Gladbach-Bensberg.

Unter anderem am Schloss, am Kino und am Amtsgericht in Bensberg hat ein 41-jähriger Angeklagter insgesamt sechs Mal gezündelt.

Drogen, Einsamkeit, zu viel Verantwortung: Sechsmal wurde ein Kaufmann zum Feuerteufel von Bensberg. Jetzt stand er vor Gericht.

Gnädige Richterinnen hat ein 41 Jahre alter Feuerteufel aus Bergisch Gladbach gefunden. Der Einzelhandelskaufmann hatte gestanden, zwischen Juli 2021 und April 2022 sechs Mal nachts in Bensberg Feuer gelegt zu haben. Er bekam 19 Monaten Haft, die das Schöffengericht aber zur Bewährung aussetzte.

Überwiegend waren es „nur“ Müllcontainer, die der mit seinem Leben laut Verteidiger völlig überforderte Angeklagte in Brand steckte. Doch hatten mehrere dieser Aktionen das Potenzial, Menschen in Lebensgefahr zu bringen. Unter dem Kino „Cineplex“ zündelte Henning B. (Namen geändert) gleich zwei Mal, außerdem am Schloss und an der Schloßstraße 21 – das ist die Adresse des Amtsgerichtes.

Insbesondere beim ersten Kino-Fall war es laut Anklage nur dem schnellen Einsatz der Feuerwehr zu verdanken, dass es nicht Tote und Verletzte gab. Die Taten ereigneten sich am 26. Juli und am 30. November 2021 am Kino und am 24. Januar 2022 an der Katholischen Grundschule. Am 3. April ging Henning B. am Schloss noch einen Schritt weiter, indem er ein Fenster zu einer Werkstatt in Brand setzte. Am 11. April um 0.36 Uhr an einer Bäckerei an der Schlossstraße 18 und drei Minuten später am Amtsgericht gingen wieder zwei Container in Flammen auf.

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Zündeleien zuletzt unter den Augen der Polizei

Die beiden letzten Taten geschahen unter den Augen der Polizei: Fahnder beobachteten und stellten ihn. Laut Polizeibericht versuchte Henning B. zu flüchten. Er wurde gefesselt und ins Polizeigewahrsam gebracht. Ein Atemalkoholtest ergab laut Polizei rund 1,2 Promille. Zudem habe der Brandstifter wohl unter Drogeneinfluss gestanden.

Vor dem Schöffengericht legte Henning B. über seinen Verteidiger Dr. Karl-Christoph Bode ein Geständnis für alle sechs Taten ab, statt auf eine möglicherweise schwierige Beweislage in den Fällen eins bis vier zu setzen. Bode sagte, sein in verantwortlicher Position tätiger Mandant habe sich nach dem Tode des Vaters in einer Krise befunden.

Brandstiftungen als eine Art „Ventil“

Hinzu gekommen seien langjähriger Drogenkonsum und seine Sorge um die Mutter, die er aus ihrer alten Heimatstadt zu sich nach Gladbach geholt habe, so der Verteidiger weiter. Durch die beginnende Demenz der alten Dame sei die Belastung immer größer geworden, die Zündeleien seien wohl eine Art Ventil gewesen. Besser sei es geworden, als B. Mitte März seine heutige Lebensgefährtin kennengelernt habe.

In der Zelle bin ich auf die Knie gefallen und habe geweint.
Der Brandstifter vor Gericht

Die Lebensgefährtin sagte auf Fragen von Richterin Birgit Brandes über ihre Beziehung aus, berichtete, wie Henning B. ihr unter Tränen von der Festnahme und ihren Hintergründen berichtet habe. Auf den Vorhalt der Staatsanwältin, dass B. auch nach Mitte März noch gezündelt habe, antwortete dieser, dass der entscheidende Moment für ihn auf der Polizeiwache gewesen sei: „Als ich in der Zelle lag und die Beamten hereinkamen und sagten, dass ich jetzt wieder gehen könne, bin ich auf die Knie gefallen und habe geweint.“

Die letzten beiden Brände an der Bäckerei und am – beziehungsweise laut Richterin gegenüber vom – Amtsgericht stellte das Schöffengericht als „versuchte Sachbeschädigungen“ im Hinblick auf die erheblich schwerer wiegenden übrigen Vorwürfe ein.

Staatsanwältin fordert 19 Monate auf Bewährung

Die Staatsanwältin forderte im Anschluss Einzelstrafen zwischen drei und 14 Monaten, die sie zu einem Jahr und sieben Monaten zusammenzog. Wegen der geänderten Lebenssituation des Angeklagten, insbesondere wegen seiner Lebenspartnerschaft und der Bereitschaft, an seinem Drogenkonsum zu arbeiten, könne die Strafe ausnahmsweise noch zur Bewährung ausgesetzt werden. Verteidiger Bode schloss sich dem an und regte zusätzlich eine Bewährungshelferin an.

Im Urteil folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwältin. Die Bewährungszeit legten die Richterinnen auf drei Jahre fest. Der Angeklagte muss zudem weiterhin die Suchtberatung der Caritas aufsuchen.

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