Vor GerichtBergisch Gladbacherin sagt aus, der einzige Mensch zu sein – alle anderen seien Klone

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Die untere Hauptstraße in Bergisch Gladbach ist eine enge Einbahnstraße, auf der aus Sicherheitsgründen Autos Fahrräder nicht überholen dürfen.

Auf der unteren Hauptstraße in Bergisch Gladbach kam es zu einer unheimlichen Begegnung zweier Frauen, die jetzt ein Nachspiel vor Gericht hat. (Archivfoto)

Weil sie einer anderen Frau mit dem Tod gedroht haben soll, steht die 45-Jährige vor Gericht. Jetzt muss ihre Schuldfähigkeit geprüft werden.

Für die 41-jährige Mutter, die gerade ihr Kind in der Bergisch Gladbacher Innenstadt zum Sport gebracht hatte, ist es eine unheimliche Begegnung der dritten Art. Arglos, so die Anklage, verlässt die Frau den Zugang zu einem Hinterhofgebäude an der unteren Hauptstraße, als sie plötzlich wüst und lautstark von einer etwa gleich alten Frau beschimpft und bedroht wird. „Ich töte dich! Ich krieg' dich“, soll diese Frau gesagt haben.

Was sich für die Mutter, eine gelernte Theaterpädagogin, als angsteinflößende Begegnung darstellt, die sie schnurstracks zur Polizeiwache treibt, hat jetzt ein Nachspiel vor dem Amtsgericht. Wegen Bedrohung muss sich dort die mutmaßliche Täterin, die 45-jährige Azra K. (Namen geändert) verantworten.

Angeklagte Gladbacherin erscheint zum Prozess im Abendkleid

Die bislang nicht vorbestrafte Angeklagte bestreitet jedwede strafbare Handlung. „Nein, ich habe sie nicht mit dem Tode bedroht“, versichert die Frau mit dem langen schwarzen Haar. Sie habe einen Hund dabei gehabt, die andere ebenfalls, und sie habe lediglich darum gebeten, dass die andere den Weg freigebe.

Azra K. trägt an diesem Vormittag ein langes, buntes Kleid mit einem Dekolleté, das man eher bei einer festlichen Abendveranstaltung in einem Festspielhaus als bei einem Strafprozess in einem Amtsgerichtssaal erwarten würde, in dem neben der Angeklagten die Richterin, Staatsanwältin und Verteidigerin in naturgemäß eher schlichten schwarzen Roben sitzen. Außerdem trägt Azra K. ein schwarzes Tuch vor dem Mund.

Ich bin der einzige Mensch hier. Die anderen sind alle Klone.
Die Angeklagte vor Gericht

Dann berichtet sie, die andere Frau habe ihr danach noch ihre Adresse geschickt. Und schließlich bekundet sie: „Ich bin der einzige Mensch hier. Die anderen sind alle Klone.“ Die Verteidigerin bittet sie, diese Worte zu wiederholen, was sie auch tut. Richterin Birgit Brandes fragt nach: „Waren Sie schon mal beim Arzt?“ Azra K.: „Warum sollte ich zum Arzt gehen?“

Die Richterin ruft das mutmaßliche Bedrohungsopfer auf. Petra M. ist 41 Jahre alt und berichtet, dass sie ihr Kind zum Sport gebracht habe. Als sie das Grundstück wieder verließ, „kam diese Dame und schrie mich an“. Sie habe sich total erschreckt. Immer weiter sei die Fremde hinter ihr hergelaufen und habe sie in einem Sprachgemisch angeschrien. „Ich dachte schon, jetzt holt sie ein Messer raus.“

Polizisten stellen die Tatverdächtige

Petra K. entschloss sich, zur Polizeiwache an der Hauptstraße zu gehen. Irgendwann habe das Rufen aufgehört. Auf der Wache hätten die Beamten sofort reagiert und sich erfolgreich auf die Suche nach der Wütenden gemacht. Was Petra M. zusätzlich Grund zur Sorge gab, war, dass die Andere zwischendurch „Du und dein Kind“ gesagt habe, obwohl bei der ersten bewussten Begegnung das Kind gar nicht dabei, sondern beim Sport war.

Während Azra K. weiterhin beteuert, gar nichts gemacht zu haben, sind sich die drei Juristinnen schnell einig, dass der Fall nicht ohne weiteres zu den Akten gelegt werden könne, sondern dass die Angeklagte ärztlich begutachtet werden müsse, ob und inwieweit sie überhaupt schuldfähig sei.

Einfach wegsperren können wir sie nicht.
Richterin Birgit Brandes zur Zeugin

Der Zeugin Petra K. sind Enttäuschung und Beklommenheit angesichts der Tatsache, dass Azra K. bis auf Weiteres auf freiem Fuß bleibt, anzumerken. Die Juristinnen versuchen sie zu beruhigen: Die Tatsache, dass seit dem einen Vorfall nichts mehr passiert sei, deute darauf hin, dass sie ein „Zufallsopfer“ gewesen sei und nicht gezielt ausgesucht worden sei. „Einfach wegsperren können wir sie nicht“, das gäben die Umstände nicht her.

Nun gibt die Justiz das Gutachten in Auftrag. Voraussichtlich in mehreren Monaten wird dann ein neuer Prozess stattfinden.

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