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Bürgermeisterwahl 2020Das sind die Kandidaten für Bergisch Gladbach im Porträt

Lesezeit 8 Minuten
Rathaus BG

Das Rathaus in Bergisch Gladbach

  • Am 13. September wählt Bergisch Gladbach einen neuen Bürgermeister.
  • Wir stellen die vier Kandidaten Christian Buchen (CDU), Frank Stein (SPD, Grüne, FDP), Günther Schöpf (AfD) und Iro Herrmann (Bürgerpartei GL) vor.
  • Wofür stehen sie? Wie wollen sie Gladbachs Zukunft gestalten? Die Kandidaten im Profil.

Bergisch Gladbach – Wir stellen die Kandidaten für das höchste Amt der Stadt in Porträts vor. Alle Infos rund um die Bürgermeisterwahl.

Christian Buchen ist Bergisch Gladbacher. Es gibt wahrscheinlich wenig Menschen, die die Stadt besser kennen als er. In Herkenrath aufgewachsen, aktiv in der Kirche, in Köln studiert, die erste Anstellung im Bergischen, seit 2007 CDU-Mitglied und seit 2009 Mitglied im Rat. Ein Eigengewächs der CDU, das den Sprengel nie verlassen hat.

Rückblick. 2017 hatte sich die CDU – jedenfalls hinter den Kulissen– auf Hermann-Josef Tebroke als Bundestagskandidaten festgelegt. Es sollte alles lautlos über die Bühne gehen. Aber Buchen warf seinen Hut in den Ring. Nicht zur großen Begeisterung der CDU-Granden. Es war bekannt, dass Buchen bereits mit den Hufen gescharrt und gehofft hatte, als Landtagskandidat aufgestellt zu werden.

Zwar erfüllte sich Buchens Hoffnung nicht, aber er ging keinesfalls beschädigt aus dem Rennen um die Landtagskandidatur. Ein Kunststück. Und im Rennen um die Bundestagskandidatur wiederholte er dieses Kunststück. Nein, er perfektionierte es. Denn bei den Auftritten – die Bundestagskandidaten stellten sich den CDU-Mitgliedern – punktete Buchen, der junge Mann aus Herkenrath. Seine Stärken wurden deutlich: Die persönliche Ansprache. Kein Charismatiker , aber jemand, der authentisch wirkt. Wurden die Bewerbungen des „großen Jungen“ aus Herkenrath parteiintern bis dato auch schon mal belächelt, hieß es nun: Der Buchen, der wird was.

Nun ist er der Bürgermeisterkandidat der CDU in Bergisch Gladbach. Einer Partei, die nach eigenem Selbstverständnis in der Stadt die bestimmende politische Kraft ist, war und bleiben will. Mit einem riesigen Netzwerk. Und Buchen macht in diesem Netzwerk, was er am besten kann: Er sucht die persönlichen Gespräche. Er ist sattelfest bei den Zahlen für die Stadt, sattelfest bei den großen Themen, ist bienenfleißig und hat sich insbesondere als Vorsitzender des schwierigen Planungsausschusses als Moderator über die Parteigrenzen hinweg einen Namen gemacht. „Nachts bis zwei Uhr bin ich eigentlich immer zu erreichen – morgens starte ich lieber später.“

Steckbrief Christian Buchen

Alter: 40 Familienstand: ledig Hobbys: Wandern, Karneval, Freundschaften pflegen Ausbildung: Diplom Wirtschaftsinformatiker Beruf: Projektmanager für IT-Projekte

Seine Unterstützer sagen: Er ist ein großer Kümmerer. Kein Gullydeckel ist klein genug, um nicht von Buchen inspiziert zu werden, wenn es denn eine Beschwerde gibt. Buchen spricht gern davon, dass ihm die Menschen der Stadt am Herzen liegen. Er ist etwa leidenschaftlicher Karnevalist und sucht auch dort immer wieder den Kontakt. Buchen ist klug genug, um zu wissen, dass er – wenn er denn Bürgermeister wird – eine Verwaltung mit über 1000 Mitarbeiter leiten wird. Wenn er in Gesprächen merkt, dass sein Kontrahent Stein in den Himmel gelobt wird, dann lässt er das geschehen. „Herr Stein ist sicher ein guter Kämmerer.“ Und dann lacht er und schlägt seinem Gegenüber vor, doch schlau zu sein und trotzdem ihn, Buchen, zu wählen. „Herr Stein wird doch im Rathaus bleiben, er kriegt nur einen tollen neuen Chef.“

Positionscheck Christian Buchen

Verkehr: Bus, Bahn und Fahrrad fördern ohne das Auto zu verteufeln. Kein Kampf um den Asphalt, sanierte Straßen und gute separate Radwege! Stadthaus: Kostengrenze einhalten und Chancen der Digitalisierung wie Homeoffice endlich berücksichtigen. Externe Projektsteuerung einsetzen. Zanders: Die Sicherung der Papierfabrik ist das Ziel. Auf der freien Fläche entsteht unter Beteiligung der Bürger ein neues Stadtquartier. Digitalisierung: Aktuell nur Platz 80 von 81 aller Großstädte. Ich setze um: Digitale Verwaltung, moderne Verkehrsleitsysteme, schnelles Internet! Schulen: Digitale Schule wird Chefsache und bekommt höchste Priorität! Start Jahrzehnt des Grundschulneubaus. OGS-Plätze ausbauen. Finanzen: Solide Finanzen sicherstellen und neuen Spielraum bei Investitionen nutzen. Lokale Wirtschaft unterstützen, Corona zu überstehen.

SPD-Kandidat Frank Stein im Portrait

Als Frank Stein 2017 von Leverkusen nach Bergisch Gladbach als Kämmerer wechselte, da musste er vor allem auf eine Frage antworten: Warum machen Sie das? In Leverkusen war Stein bereits Kämmerer, Leverkusen ist die größere Stadt, in Leverkusen hat Stein ein Haus. Es sah irgendwie so aus, als würde er sich kleiner setzen, zurückziehen, einen Gang herunterschalten.

Er selbst erklärte es bis heute so, dass er nach 17 Jahren in Leverkusen, den dortigen politischen Grabenkämpfen, einfach den Wunsch verspürte, etwas Neues anzufangen. Und das in einer Stadt, die er kennt, die er mag. Von möglichen höheren , politischen Ambitionen wollte Stein nichts wissen. Ausdrücklich schloss er eine Kandidatur als Bürgermeister aus. Bei dieser Antwort schauten die meisten SPD-Mitglieder traurig auf ihre Fußspitzen. In einer tief-schwarzen Stadt hatten sie es geschafft, einen der ihren auf eine Spitzenposition in der Verwaltung zu positionieren. Und der - aus ihrer Sicht – geborene Bürgermeisterkandidat winkte schon ab, bevor das Rennen überhaupt eröffnet war.

Aber dann setzte eine Entwicklung ein, von der nicht klar ist, ob Stein sie befeuerte, oder ob er von ihr getrieben wurde. FDP-, Grüne- und SPD-Mitglieder zeigten sich der jahrzehntelangen Dominanz der CDU in Gladbach überdrüssig. Dieses Ablehnung einte die drei und führt sie zusammen. Die Lust auf einen Aufbruch, auf etwas Neues entwickelte eine Eigendynamik. Was folgt, sind nächtliche, teilweise konspirative Treffen und schließlich die Einigung auf ein gemeinsames Grundsatzprogramm und auf einen gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten Frank Stein. Und den musste man nicht lange überzeugen. Die realistische Möglichkeit, Bürgermeister zu werden, lockte ihn. Dafür steht er früh auf: „Meine Tage beginnen vor sechs Uhr, dann bin ich fit und wach und voller Tatendrang.“

Steckbrief Frank Stein

Alter: 57 Familienstand: verheiratet, zwei Kinder Hobbys: Sport (Marathonläufer), Lesen Ausbildung: Jurist Beruf: Kämmerer der Stadt Bergisch Gladbach

Von Anfang an spielt Stein im Wahlkampf die Karte des Fachmanns. Als Kämmerer hat er Gladbach durch ein für Gladbach neues Buchungsverfahren aus dem Haushaltssicherungsverfahren geholt und kündigt millionenschwere Investitionen in Schulen und Straßen an. „Sauber und seriös finanziert.“ Innerhalb der Verwaltung kommt er gut an. Er sei ruhig, sachlich und uneitel, heißt es. Allerdings keiner, dem die Herzen zufliegen. Stein redet mit den Menschen, aber er sucht nicht den direkten Kontakt, oder das Bad in der Menge. Bei ihm wird deutlich: Die Grenzen zwischen Fachmann und Technokrat sind fließend. Volksnähe und Heimatverbundenheit sind Begriffe, die bei der Charakterisierung von Stein sicher nicht an erster Stelle fallen. Christian Buchen spricht davon, dass er sich dafür einsetzen will, die Eigenheiten der verschiedenen Ortsteile zu erhalten. Stein ist fast ausschließlich mit Fahrrad unterwegs – oder mit dem Bus. Er spricht von Gladbach als einer Stadt, die sich endlich als solche begreifen soll. 

Positionscheck Frank Stein

Verkehr: Die maroden Straßen müssen saniert und modernisiert werden. Ich will ÖPNV und Fahrrad attraktivieren und so auch Autoverkehr entzerren. Stadthaus: Das Projekt braucht einen Neustart, es wird Chefsache: Moderne Arbeitsplätze und Service für die Bürger, keine finanziellen Abenteuer! Zanders: Keine Stadtplanung gegen Zanders! Ich stehe an der Seite des Betriebsrats und der ganzen Belegschaft für den Erhalt der Arbeitsplätze. Digitalisierung: Gute Digitalisierung nutzt allen: Flächendeckender Breitbandanschluss, vernetzte Schulen, digitale Verwaltungsdienstleistung. Schulen: Mein Ziel: Sanierte Schulen, 100%-OGS-Versorgung. Investitionen: 150 Mio. Euro. Realisierung durch städtische Schulbaugesellschaft. Finanzen: Beherzt investieren, aber sparsam haushalten! Der jetzt erreichte Haushaltsausgleich gibt uns die dafür notwendigen Spielräume.

Das sind die Kandidaten Günther Schöpf und Iro Hermann

Wer in dem Rennen um den Bürgermeisterposten in Bergisch Gladbach neben Christian Buchen und Frank Stein antritt, der weiß: Echte Chancen hat er keine. Und so ist das Feld der Kandidaten, die wissentlich unter “ferner liefen“ rangieren, recht übersichtlich. Günther Schöpf ist der Kandidat der AfD.

„Die AfD ist eine Partei der Realisten und selbstverständlich weiß ich, dass ich nicht Bürgermeister werde“, sagt der 50-Jährige Schöpf, der in Bayern aufgewachsen ist, in Bensberg lebt und inzwischen das Bergische „liebt“. Aber seine Partei und er, der beruflich für ein IT-Unternehmen arbeitet, seien es dem Wähler schuldig, eine Alternative aufzuzeigen. Die Programmatik und das Personal der etablierten Parteien langweilten und ärgerten sehr viele Menschen auch in Bergisch Gladbach. Die AfD werde, so Schöpf, nicht versprechen, dass die Staus auf den Straßen verschwinden und der Haushalt plötzlich ausgeglichen werde, aber er werde darum kämpfen, dass der „normale Bürger“ Vertrauen in die Entscheidungen der Stadtspitze habe. So werde er sich etwas dafür einsetzen, dass die Sanierung der alten Stadthäuser neutral geprüft werde. Der Neubau eines Stadthauses am S-Bahnhof ist für Schöpf noch nicht beschlossen.

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Iro Herrmann geht ebenfalls ins Bürgermeisterrennen. Herrmann – er lehnt den Kontakt zu dieser Zeitung ab – ist der Kandidat der Bürgerpartei GL. Diese musste zuletzt einräumen, ihr Grundsatzprogramm von einer Wählervereinigung in Kerken abgeschrieben zu haben. Herrmann hat Sport und Medizin studiert und ist als Facharzt für Diagnostische Radiologie sowie für Nuklearmedizin in einer Kölner Praxis tätig.

Er wurde vom Gladbacher Wahlausschuss zunächst nicht zur Wahl zugelassen. Mitglieder des Ausschusses begründeten ihre Entscheidung damit, dass Herrmann eine falsche eidesstattliche Erklärung abgegeben habe (es ging um die Formalien bei der Mitgliederversammlung der Bürgerpartei GL). Der Kreiswahlausschuss hat die Gladbacher Entscheidung revidiert: Herrmann steht auf dem Stimmzettel. Zunächst gab es noch eine fünfte Kandidatur für Bergisch Gladbach. Fatma Siep war von einem Teil der Linken als Kandidatin auserkoren – dann aber wurde der gesamte Ortsverband der Linken auf einer Kreisversammlung der Partei aufgelöst. Einer der Hauptgründe war die Zusammenarbeit von Linken-Mitglieder mit der Bürgerpartei GL.

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