45,4 Millionen Euro für Bergisch Gladbach: „Das reicht nicht“, sagt Kämmerer Thore Eggert. Unterm Strich sind das 32,60 Euro pro Kopf und Jahr.
NRW-PlanKeine richtige Freude über Geldsegen in Bergisch Gladbach

Der Investitionsstau in Bergisch Gladbach ist groß. Die 45,4 Millionen Euro vom NRW-Plan können den Bedarf nicht abdecken.
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Zu wenig Einnahmen, zu viele Ausgaben. Die Stadt Bergisch Gladbach steckt tief im Minus. Da hören sich 45,4 Extra-Millionen aus dem „NRW-Plan für gute Infrastruktur“, mit denen die Kreisstadt in den nächsten zwölf Jahren rechnen darf, gigantisch an. Doch Kämmerer Thore Eggert und Bernhard Bertram, Fachbereichsleiter Finanzen, reagieren trotzdem nicht euphorisch: „Das ist der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein“, sagt Eggert.
„Natürlich ist das viel Geld, wir wollen nicht undankbar sein“, meint Eggert. Aber der Geldsegen, den das Land aus dem Sondervermögen des Bundes an die Stadt weiterreicht, relativiert sich aus seiner Perspektive schnell bei genauerer Betrachtung. Denn bricht man die Summe von 45,4 Millionen Euro herunter, wird sie überschaubar.
Das ist eine einfache Rechnung. Es sind jährlich 3,7 Millionen Euro zusätzlich für Bergisch Gladbach, verteilt auf zwölf Jahre. Bezogen auf die Bevölkerung mit etwa 115.000 Einwohnern bedeutet das 32,60 Euro pro Kopf und Jahr.
Das sind keine Mittel, mit denen wir unser Haushaltsloch stopfen können
Das ist nicht nichts. Aber: „Bei den aktuellen Baupreisen reicht die Gesamtsumme von 45,4 Millionen Euro gerade einmal für den Neubau von 1,5 Grundschulen, inklusive Turnhalle, in zwölf Jahren“, rechnet Eggert vor. Die beiden neu gebauten Grundschulen würden sich sicher freuen, denn sonst gäbe es sie ja vielleicht nicht: „Aber das Geld würde eben einfach verdampfen.“
Angesichts notwendiger Investitionen von jährlichen Investitionen in Höhe von 100 Millionen Euro reicht das Geld aus dem NRW-Plan also hinten und vorne nicht – ganz abgesehen vom Rückstau bei den Investitionen etwa bei Straßen, Kitas, Klimaschutz und anderem mehr.
„Das sind keine Mittel für laufende Aufwendungen, womit wir unser Haushaltsloch stopfen können“, erläutert Bertram, „sondern das Geld ist gedacht für Investitionen in Infrastruktur.“ Das heißt, die Stadt profitiere von den Mitteln insofern, als sie weniger Kredite aufnehmen müsse, wodurch weniger Folgelasten entstünden durch eine aber nur ganz marginal geringere Zinslast.

Gladbachs Kämmerer Thore Eggert fordert grundsätzliche Reformen.
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Also doch kein Geldsegen. „Das ist ein Zuschuss zu unseren notwendigen Investitionen“, so sieht es Bertram. Eggert drückt es so aus: „Der Effekt, den wir haben, ist, wir müssen pro Jahr 3,7 Millionen Euro weniger an Krediten aufnehmen für 100 Millionen Euro, die wir für Investitionen brauchen, sowie irgendwann eine etwas geringere Abschreibungsbelastung.“ Die finanziellen Nöte der Stadt würden nicht gelöst. „Das Haushaltsloch, das wir haben, bleibt.“
Bei der Pressekonferenz, als die Landesregierung das Infrastrukturprogramm vorstellte, habe Ina Scharrenberg, Ministerin für Kommunales, einen Satz gesagt, der Eggert im Gedächtnis geblieben ist. Sie habe gesagt: „Wir sind die erste Generation, die nicht weiß, ob es der nächsten besser geht“, liest er vor. „Das trifft die Sache sehr gut“, findet Eggert.
Gerade erst hatte der Kämmerer davor gewarnt, dass die Stadt für dieses Jahr auf einen Minusrekord von 54 Millionen Euro zusteuert. Spätestens 2027 droht ein Haushaltssicherungskonzept, in dem nachgewiesen werden muss, dass der Haushalt in zehn Jahren wieder ausgeglichen ist.
Größter Kostentreiber sind laut Eggert die Personalkosten sowie der Sozialaufwand, etwa bei der Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere im Bereich Hilfe zur Erziehung. Letzteres sei besonders tragisch, weil der Bedarf dort besonders groß sei.
„Die Negativrekorde sind das Ergebnis eines strukturellen Problems, das dringend mit ganz grundsätzlichen Reformen angegangen werden muss“, fordert Eggert, „insofern ist der NRW-Plan ein schönes Symbol, was uns aber nicht wirklich weiterhilft.“
Der zweite Handlungsstrang aus Sicht des Landes NRW sind 11,3 Milliarden Euro für neue oder bestehende Antragsförderprogramme. Die kommunalen Spitzenverbände kritisierten bereits, dass dadurch viel Geld durch Fördermittelbürokratie geschluckt werde. Eggert gibt zu bedenken: „An jedem geförderten Projekt muss sich die Kommune beteiligen.“
Das NRW-Finanzpaket
Von den insgesamt 31,2 Milliarden Euro des „NRW-Plans für gute Infrastruktur“ entfallen 21,3 Milliarden (68,3 Prozent) auf die Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Der größte Teil der Investitionsmittel stammt mit 21,1 Milliarden Euro aus dem NRW-Anteil am Infrastruktur-Sondervermögen des Bundes in Höhe von insgesamt 100 Milliarden Euro.
Diese 21,3 Milliarden Euro gliedern sich wie folgt auf: 10 Milliarden Euro pauschal, 4,1 Milliarden Euro über weitgehend neue Förderprogramme, 7,2 Milliarden Euro über bestehende Fördertöpfe. Die kommunalen Spitzenverbände kritisierten, der Anteil für die Verteilung des Sondervermögens sei zu gering. Aus ihrer Sicht wären 80 Prozent angemessen gewesen, weil dies dem Anteil der Kommunen an den Investitionen der öffentlichen Hand im NRW entspreche. Das Land investiert 10 Milliarden Euro (31,7 Prozent). (ub)

