ProzessNach Trauerfeier für guten Freund greift Bergisch Gladbacher Polizisten an

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ARCHIV - ILLUSTRATION- Ein Jugendlicher sitzt hinter Flaschen mit Alkohol.

Ein junger Mann sitzt hinter Flaschen mit Alkohol. (Symbolfoto)

Beschimpfungen, Tritte, Todesdrohungen gegen Polizisten: Mit 2,37 Promille rastete ein Gladbacher (30) völlig aus. Nun stand er vor Gericht.

Es ist eine Tat, bei der man sich fassungslos fragt, warum ein Mensch so etwas macht. Ein Motorradfahrer ist so betrunken, dass er einem Autofahrer auffährt und stürzt. Der Autofahrer steigt aus, will helfen, der Motorradfahrer wird wütend und immer wütender, geht erst auf den Helfer los und anschließend auch noch auf vier Polizisten.

Am Mittwoch stand der Motorradfahrer vor Gericht, ein gut aussehender 30-jähriger Mann mit längeren Haaren und Bart, überhaupt nicht Marke Schlägertyp und auch nicht anderweitig vorbestraft. Und obwohl Peter P. (Name geändert) sich anfangs schwertut, sein Innenleben zu öffnen, merkt man sofort, wie sehr ihm die Ereignisse vom 30. Juni 2023 am Diepeschrather Weg noch nachgehen.

Dass das nicht Ihr bester Tag war, davon gehen wir hier alle aus.
Richterin Simona Sünnemann

„Ich möchte mich gerne bei den Polizisten entschuldigen“, sagte der Bergisch Gladbacher leise, nachdem die Staatsanwältin die Anklage mit all den Beleidigungen, Angriffsversuchen und Bedrohungen vorgetragen hat, die sich Peter P. vor Ort, im Streifenwagen und bei der Blutprobenentnahme geleistet hat. „Das entspricht überhaupt nicht meinem Naturell. Ich bin kein aggressiver Mensch.“ Er habe einen „sehr miesen Tag“ gehabt.

„Dass das nicht Ihr bester Tag war, davon gehen wir hier alle aus“, versuchte Richterin Simona Sünnemann den ohne Verteidiger zum Prozess erschienenen Dachdecker dazu zu bewegen, mehr von sich preiszugeben. Der blieb gleichwohl zunächst zurückhaltend: „Ich musste an dem Tag zu einer Beerdigung.“ Er habe sich schon morgens vorgenommen, sich zu betrinken.

Angesichts der Umstände kommt der Angeklagte mit einer Geldstrafe davon

Das gelang ihm auch nachhaltig, wie sich im weiteren Prozess herausstellte. Die Blutprobe, die ihm entnommen wurde, ergab 2,37 Promille. Ob er nicht noch etwas mehr über die Beerdigung sagen wolle? „Spielt das eine Rolle?“, schob er den Schmerz zunächst von sich weg, um dann mit geröteten Augen doch davon zu berichten, dass er einen sehr guten väterlichen Freund und Freund seines Vaters zu Grabe getragen habe und nachher vom Beerdigungscafé noch zu dessen alter Wohnung in einem Auto mitgefahren sei. Von da sei er dann zu sich gegangen und habe sich nur noch auf sein Motorrad gesetzt, wo es dann zum Totalausraster kam.

Bei dem Autofahrer, der ihm hatte helfen wollen und ihm den Motorradschlüssel wegnahm, als er die Fahne   roch, entschuldigte sich Peter P. in dessen Abwesenheit ebenfalls. Weder der Autofahrer noch die übel attackierten Polizisten waren am Mittwoch als Zeugen geladen, da Peter P. sich ja zu seinem einmaligen völligen Blackout bekannt hatte.

Nur mit Rücksicht auf die extremen Umstände und die stark verminderte Schuldfähigkeit forderte die Staatsanwältin keine Freiheitsstrafe zur Bewährung, sondern nur eine Geldstrafe, die Richterin Sünnemann dann auch verhängte: 7200 Euro Geldstrafe (120 Tagessätze). Frühestens in drei Monaten darf dem Mann, der seit dem Vorfall nicht mehr fahren darf, eine neue Fahrerlaubnis ausgestellt werden.

Peter P. nahm das Urteil sofort an, bedankte sich und wünschte den beiden Juristinnen einen schönen Tag.

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