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KündigungPfadfinder in Bergisch Gladbach kämpfen um ihr Domizil

Lesezeit 5 Minuten
Das zweistöckige Gebäude ist von außen zu sehen.

Der Pfadfinderstamm Folke Bernadotte kündigt an, für sein Domizil auf dem Quirlsberg kämpfen. Nur zufällig haben die Pfadfinder von der Kündigung erfahren.

Der Pfadfinder des Stamms Folke Bernadotte fühlen sich übergangen. Ende des Jahres müssen sie ebenfalls aus dem Gebäude auf dem Quirlsberg raus.

Der Pfadfinderstamm Folke Bernadotte Bergisch Gladbach ist ebenfalls von der Kündigung im sanierungsbedürftigen Gebäude auf dem Quirlsberg betroffen. Die Pfadfinder trifft diese Nachricht hart und überraschend: „Wir fühlen uns vor vollendete Tatsachen gestellt und übergangen“, sagt Stammesführer Janis Reinhold und kündigt an, dass die Pfadfinder um ihr Domizil kämpfen werden.

Bis zum Ende dieses Jahres müssen die Pfadfinder, die dort seit über 40 Jahren ihr Stammheim haben, ausziehen. „Es war reiner Zufall. Über die sozialen Medien haben wir mitbekommen, dass wir unser Dach über dem Kopf verlieren“, ist Reinhold immer noch schockiert. „Offiziell hat mit uns bis heute niemand darüber gesprochen.“

Kein Wort von der Stadtverwaltung auch zu dieser Redaktion – trotz mehrfacher Anfragen zur Situation des Gebäudes und wie es mit den beiden anderen betroffenen Einrichtungen – Jugendzentrum Q1 und Kindergartenmuseum – weitergehen soll. Von den Pfadfindern war da nie die Rede.

Bis dato haben die Pfadfinder keine Kündigung erhalten

Das Q 1-Gebäude gehört wie berichtet der Stadt und ist an die evangelische Kirche vermietet, die wiederum Räumlichkeiten an das Kindergarten-Museum und die Pfadfinder untervermietet. Nach Angaben der Stadt ist die Immobilie in einem „stark renovierungsbedürftigen Zustand“. Aufwand und Kosten seien „enorm hoch“.

Zu hoch für die evangelische Kirchengemeinde, die deshalb im Herbst den Mietvertrag zum 30. September dieses Jahres aufkündigte. Stadt und evangelische Kirche sind aber inzwischen übereingekommen, den Mietvertrag bis zum Ende dieses Jahres zu verlängern, hieß es vergangene Woche.

„Wir fragen uns bis heute, wann mal jemand auf uns zugekommen wäre, wenn wir nicht selbst telefonisch bei der Verwaltung nachgefragt hätten, ob uns das ebenfalls betrifft?“, wundert sich Reinhold auch darüber, dass der Pfadfinderstamm bis dato keine offizielle Kündigung bekommen habe. „Da verliert man das Vertrauen in die Stadtverwaltung“, sagt der 20-jährige Jurastudent.

Über eine Sofaecke sind die Wappen der Pfadfinder an die Wand gemalt.

Einer der Gruppenräume in der oberen Etage: Auch andere Jugendgruppen nutzen die Räumlichkeiten. Der Pfadfinderstamm Folke Bernadotte muss aus seinem Heim im Gebäude aus dem Quirlsberg ausziehen

Zur Situation der Pfadfinder betont Bürgermeister Frank Stein, dass sie Untermieter der Kirchengemeinde seien: „Eine unmittelbare Beteiligung der Stadt hierbei war auch in der Vergangenheit nicht der Fall.“ Deshalb sei mit der Kirchengemeinde vereinbart worden, dass diese den Kontakt mit den Pfadfindern aufnehmen solle. „Die Stadt hat aber ihre Unterstützung bei einer Suche nach einer neuen Unterkunft für die Pfadfinder ausdrücklich angeboten. Auch hier sind mittlerweile gute Perspektiven vorhanden, diese müssen jetzt noch vertieft und final betrachtet werden“, sagt Stein.

Klingt zwar irgendwie hoffnungsvoll, kann dem Stamm Folke Bernadotte aber nicht seine Existenzsorgen nehmen. „Bei uns sind bisher keinerlei konkrete Vorschläge angekommen, wo die Reise für uns hingehen soll“, sagt Reinhold. Deshalb würden die Pfadfinder jetzt alles unternehmen, um zu verhindern, dass die Stadt das Gebäude aufgibt. Der Stammesführer kündigt an, etwa mit Petitionen die Öffentlichkeit auf die Situation der Pfadfinder aufmerksam zu machen.

Pfadfinder hoffen auf Unterstützung der Politik

In ihrem offenen Brief an die Lokalpolitiker   – verbunden mit dem Appell, sich für die Pfadfinder einzusetzen – haben die über 100 Mitglieder im Alter zwischen sechs und 23 Jahren bereits deutlich gemacht, dass der Stamm eine wertvolle Arbeit für Kinder und Jugendliche leiste. Deshalb komme dem Gebäude nicht nur ein rein materieller Wert zu – zum Beispiel mit vier Gruppenräumen, die auch andere Jugendgruppen befreundeter Partnerstämme regelmäßige für ihre Projekte nutzten, sowie einem Raum für handwerkliche Tätigkeiten.

„Unser Stammesheim, wie wir es nennen, trägt die Erinnerung von hunderten Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahrzehnten. Hier sind etliche tausend Stunden ehrenamtliche Arbeit und Liebe hereingeflossen“, wird in dem offenen Brief vor allem der emotionale Wert hervorgehoben.

Kritik von CDU und FDP an Kommunikation der Verwaltung

Viele Kinder und Jugendliche kämen aus sozialschwachen Familien. Dafür sei der Standort in zentraler Lage sehr gut, um diese Zielgruppe zu erreichen. „Wir können ihnen wöchentliche Gruppenstunden und Fahrten ins Ausland teils ohne Zuzahlung der Familien ermöglichen“, berichtet der Stammesführer. „Es würde uns nicht helfen, wenn wir einmal in der Woche für ein oder zwei Stunden irgendwo in der Stadt einen Raum zur Verfügung gestellt bekommen würden“, stellt der Stammesführer klar.

In einer Pressemitteilung kritisieren CDU und FDP die Stadtverwaltung, die Kündigungen von Q 1-Jugendzentrum, Kindergartenmuseum sowie Pfadfinder monatelang verschwiegen zu haben. Nur in knappen Worten habe die Politik eher beiläufig davon erfahren, monieren CDU und FDP und verlangen dafür eine Erklärung.

Die Vorwürfe weist Stein entschieden zurück. Die Kirche habe darum gebeten, die Kündigung des Mietvertrags für das Gebäude erst dann zu kommunizieren, wenn die innerkirchlichen Gremien zugestimmt hätten. Dies sei vor kurzem geschehen. Stein selbst habe bereits Anfang November 2024 die zuständigen Dezernate unter der Leitung von Stephan Dekker und Claudia Werker beauftragt, „einen Weg zu finden, mit dem die drei Einrichtungen, die aktuell in der Immobilie ihren Standort haben, auch zukünftig erhalten bleiben können.“

Für das Q 1 könne, so Stein, für den Interimsstandort wahrscheinlich in Kürze eine Lösung präsentiert werden. „Perspektivisch soll die Jugendarbeit in der Zentralwerkstatt auf Zanders stattfinden.“ Aussichten, auf die man sich freuen kann.

Davon sind die Pfadfinder von Folke Bernadotte im Augenblick weit entfernt. Sie hängen in der Luft