Unfallflucht in Klinik-Tiefgarage79-jähriger Gladbacher darf Führerschein behalten

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Autos in einem Parkhaus (Symbolbild).

Bergisch Gladbach – Sein ganzes Leben lang hat sich der 79-jährige Rentner gesetzestreu verhalten, heute steht er vor Gericht: Fahrerflucht im Parkhaus des Marienkrankenhauses wirft ihm die Anklage vor, und der alte Herr bringt gleich zu Beginn ein Argument der besonderen Art zu seiner Verteidigung vor: „Ich bin doch Bergisch Gladbacher!“

Womit der frühere Kaufmann aber keineswegs zum Ausdruck bringen will, dass ein echter Gläbbischer so etwas niemals täte. Sondern: „Ich weiß ganz genau, dass es im Parkhaus des Marienkrankenhauses eine Videoüberwachung gibt.“ Da wär es doch völlig absurd, an Fahrerflucht zu denken. Nein, versichert Heinz S. (Name geändert) wieder und wieder, von einem Schaden hätte er nichts bemerkt.

4300 Euro Sachschaden

Die angeklagte Unfallflucht mit immerhin 4300 Euro Fremdschaden soll sich sechs Tage vor Heiligabend 2020 zugetragen haben. Heinz S. fuhr in die Garage am Krankenhausberg an der Laurentiusstraße, um seine an Demenz leidende Ehefrau in der Klinik zu besuchen.

Nach seinen Worten entdeckte er einen Parkplatz, der allerdings sehr eng war, weil das Auto daneben schlecht geparkt war. Er setzte sich dennoch daneben. „Dann bin ich um den Wagen gegangen und habe geguckt, ob was passiert ist.“

Richterin weist Angeklagten in die Schranken

Es sei nichts passiert, dennoch sei ihm das dann doch zu knapp gewesen sei. Er habe nicht riskieren wollen, dass ihn der andere Autobesitzer ramme. Darum habe er sich einen anderen Parkplatz gesucht und habe dann eine Stunde lang seine Frau besucht.

Wieder und wieder versichert der alte Herr, keinen Unfall bemerkt zu haben. Er wiederholt sich, fällt schon mal Richterin Daldrup ins Wort, die ihn freundlich, aber bestimmt in die Schranken weist: „Lassen Sie mich aussprechen!“

Staatsanwältin erwägt Fahrverbot

Schließlich spielt Daldrup das Überwachungsvideo ab und betrachtet gemeinsam mit der Staatsanwältin und dem Angeklagten Fotos vom Schaden. Um dann feststellen, dass anhand der Aufnahmen nicht feststellbar sei, wann der Schaden eingetreten sei – vor dem Aussteigen oder danach.

Ob denn, fragt die Richterin die Staatsanwältin, eine Einstellung gegen Auflage vorstellbar sei? Heinz S. fragt nach: „Was für eine Auflage?“, erfährt aber zunächst von der Richterin, dass er nicht dran sei und anschließend von der Staatsanwältin, dass diese an ein mehrmonatiges Fahrverbot denke.

"Wir hören Ihnen hier zu"

Dagegen sperrt sich Daldrup: „Das macht das Gericht nicht mit.“ Die Ehefrau von Heinz S. ist mittlerweile in einem fast 400 Kilometer entfernten Heim untergebracht, er besucht sie dort – wie soll er ohne Auto dorthin kommen?

Dem verschließt sich auch die Anklägerin nicht. Der Schaden ist längst reguliert und Heinz S. strafrechtlich ein unbeschriebenes Blatt, und so einigen sich der alte Herr und die beiden Juristinnen auf 250 Euro Buße, zahlbar an einen vom Gericht benannten Verein, der sich für das Wohl von Kindern engagiert.

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Heinz S. entschuldigt sich hinterher für sein Auftreten: „Ich war so aufgeregt.“ „Das ist Ihr gutes Recht“, antwortet die Richterin. „Aber Sie müssen uns die Dinge nicht mehrfach erzählen. Wir hören Ihnen hier zu.“

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