Scheidende Kämmerer„Bergisch Gladbach hat sich wacker geschlagen“

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Kämmerer Jürgen Mumdey plant aus gesundheitlichen Gründen am 31. August von seinem Amt auszuscheiden. Er ist überzeugt, seinem Nachfolger ein geordnetes Haus zu übergeben.

Kämmerer Jürgen Mumdey plant aus gesundheitlichen Gründen am 31. August von seinem Amt auszuscheiden. Er ist überzeugt, seinem Nachfolger ein geordnetes Haus zu übergeben.

Bergisch Gladbach – Am Freitag haben CDU und SPD ihren gemeinsamen Kandidaten für die Nachfolge von Kämmerer Jürgen Mumdey vorgestellt. Der aktuelle Leverkusener Kämmerer Frank Stein soll es werden.

Seine Wahl gilt angesichts der Unterstützung durch CDU und SPD als sicher. Matthias Niewels sprach mit dem scheidenden Gladbacher Kämmerer.

Herr Mumdey, übergeben Sie ihrem Nachfolger ein gut bestelltes Haus?

Ich glaube schon. Mein Nachfolger steht nicht vor einem riesigen Berg unerledigter Arbeit. Insbesondere der Haushalt für 2018 wird gut vorbereitet.

So war die Frage nicht gemeint. Bergisch Gladbach hat rund 100 Millionen Euro Kassenkredite und 270 Millionen Euro Investitionskredite, macht zusammen 370 Millionen Euro Schulden. Ist das ein gut bestelltes Haus?

Wir stehen mit unserer Verschuldung landesweit gesehen ganz gut da. Den Investitionskrediten stehen Vermögenswerte gegenüber und was die Kassenkredite angeht, ist es nun einmal eine Tatsache, dass alle kommunalen Haushalte chronisch unterversorgt sind.

Der Fachterminus dafür heißt „strukturelles Defizit“.

Genau. Und unter den vorgegebenen Rahmenbedingungen hat sich Bergisch Gladbach wacker geschlagen. So sehe ich das. Wir sind keine reiche, aber auch keine arme Stadt.

Lassen Sie uns das genauer aufdröseln. Es wird immer wieder, gerade jetzt, mitten in der Diskussion um den neuen Flächennutzungsplan, argumentiert, dass Gladbach zu wenig Gewerbesteuer erziele.

Ja, vergleichbar große Städte erzielen da höhere Einnahmen. Aber es gibt dort auch geringere Schlüsselzuweisungen, die die unterschiedliche Steuerkraft der Städte relativieren. Ich rate da zu mehr Gelassenheit. Neue Gewerbegebiete würden der Stadt sicher finanziell helfen, aber es muss nichts über das Knie gebrochen werden.

Politiker erschließen aber gern zusätzliche Einnahmequellen . . .

Und Politiker sparen nicht so gern. Das ist schon richtig. 2012 war ein Jahr, in dem wir lange unter den Regeln der sogenannten haushaltslosen Zeit arbeiten mussten. Es wurde nur für das unbedingt Notwendige Geld ausgegeben. Da ist in der Stadt nichts zusammengebrochen, und am Ende des Jahres hatten wir einen ausgeglichenen Haushalt. 2013 galten wieder die nicht so strengen Regeln eines genehmigten Haushaltssicherungskonzeptes, und prompt landeten wir wieder im Minus.

War das jetzt ein Plädoyer für strengere Regeln bei kommunalen Haushalten?

Nein. Wir leben in einer Demokratie, und es liegt an den gewählten Räten, welchen Kurs sie einschlagen. Ich sage nur – und das habe ich auch immer gesagt –, dass es Einsparmöglichkeiten gibt, die aber politisch nicht gewollt sind.

Beispiele?

Wer im Bergisch Gladbacher Haushalt wirklich sparen will, der muss unter anderem an die Personalkosten ran. Allerdings darf da der Bürger nicht erwarten, dass die städtischen Leistungen gleich bleiben. Sparen ohne Auswirkungen auf die Leistungen geht nun mal nicht.

Tragen denn die Haushalte der vergangenen Jahre Ihre Handschrift?

Was heißt hier Handschrift? Der Bürgermeister bestimmt die strategische Ausrichtung der Verwaltung, der Kämmerer stellt auf dieser Grundlage den Haushalt auf, macht Vorschläge und zeigt auf, wie sich das in konkreten Zahlen auswirkt. Mit unseren Programmen können wir sofort ausrechnen, wie sich zum Beispiel ein Prozent mehr Grundsteuer B auswirkt. Der Kämmerer entscheidet nicht darüber, welche Einspar- oder Einnahmesteigerungsvorschläge der Politik als Verwaltungsvorschlag vorgelegt werden. Letztlich entscheiden dann die Ratspolitiker über den Haushalt.

Gibt es denn nicht Punkte, für die Sie gekämpft haben?

Die Translozierung des Alten Waatsacks habe ich immer wieder verwaltungsintern hinterfragt. Gut, dass das nie gemacht wurde. Bei der Regionale 2010 bin ich froh, dass abgespeckt wurde. Wenn ich mir es recht überlege, gibt es sehr viele Punkte, bei denen ich nicht bedaure, dass sie nicht realisiert worden sind. (lacht)

Was waren gute und wichtige finanzielle Entscheidungen für die Stadt?

Neben der Entscheidung aus dem Jahr 2008, Kassenkredite nur auf Eonia-Basis (Der Eonia ist der Zinssatz, zu dem sich die Banken tagesaktuell Geld leihen – Anmerkung der Redaktion) aufzunehmen, war der Kauf der Belkaw-Anteile wichtig und gut. Aktuell ist der Kauf der Zanders-Immobilie eine wichtige und sehr gute Sache.

Beides mit neuen Schulden finanziert.

Beides sehr, sehr gut angelegtes Geld, dem Vermögenswerte gegenüberstehen.

Ihr persönlicher Flop?

Flop will ich nicht sagen, aber ich hatte mich bei Aufstellung des Haushalt 2012 für die Aufgabe von Schulstandorten ausgesprochen. Die Entwicklung hat gezeigt, dass ich falsch lag. Wir können angesichts der jetzigen Schülerzahlen froh über jede Schule im Stadtgebiet sein.

Welchen Rat geben Sie Ihrem Nachfolger mit?

Passen Sie auf, dass Sie wirklich in alle städtischen Beteiligungen direkten Einblick haben. Ich habe immer dafür gekämpft, dass die Kämmerei die zentrale Stelle für die Finanzen einer Stadt ist, also gegen eigenständige Betriebe, die sich einem detaillierten Einblick in ihre Finanzen entziehen können. Hoffentlich sieht das mein Nachfolger genauso.

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