Bergisch GladbachRefrather soll Polizisten attackiert haben – Darum wird er freigesprochen

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Polizisten verlassen eine Villa in Leverkusen. Bei Ermittlungen gegen Clankriminalität durchsuchen Spezialkräfte der Polizei Objekte in Nordrhein-Westfalen.

Polizisten verlassen nach einem Einsatz ein Haus. (Symbolbild)

Tätliche Angriffe auf Polizisten dürfen nicht sein – wenn diese rechtmäßig handeln. Ein Refrather Rentner wurde darum freigesprochen.

Staatsbürgerkunde für Polizisten: „Kennen Sie das Grundgesetz?“, fragt der Verteidiger die beiden Polizisten im Zeugenstand. „Kennen Sie Artikel 13? Kennen Sie Absatz 1? Es sind nur vier Worte: ‚Die Wohnung ist unverletzlich.‘“ Es sind starke Argumente, die Strafverteidiger Burkhard Müller an diesem Mittwochmittag zur Verteidigung seines Mandanten Walter S. (Namen geändert) ins Feld führt.

Dem 68-Jährigen wird vorgeworfen, am 19. April 2023 zwei Polizisten angegriffen und einen sogar verletzt zu haben, als die an diesem Freitag gegen 18 Uhr in sein Haus wollten. Die Beamten hatten den Tipp einer Nachbarin bekommen, dass S. betrunken Auto gefahren sei und wollten dem Verdacht auf den Grund gehen — aber S. schlug ihnen die Tür vor der Nase zu.

Refrath: Polizist soll durch Angriff verletzt worden sein

Neues Klingeln, neues Glück: Beim zweiten Mal öffnete Lebensgefährtin Erna K. (58), und dieses Mal stellte Polizistin Petra P. (24) den Fuß in die Tür. Daraus entwickelte sich ein Gerangel, in dessen Verlauf Polizist Georg A. (41) eine sechs Zentimeter lange Kratzwunde am Hals und ein Hämatom erlitten haben soll. Später beruhigte sich die Situation wieder, Walter S. fuhr mit zur Wache und gab eine Blutprobe ab. Ihre Bodycams schalteten die Beamten erst ein, als das Tohuwabohu vorbei war.

Über den Fall hatte Amtsrichterin Simona Sünnemann vor ziemlich genau fünf Monaten bereits einmal zu verhandeln versucht, doch damals sagten beide Polizisten als Zeugen ab, der Prozess platzte.

Polizisten hatten nicht versucht, einen richterlichen Beschluss zu erwirken

Beim zweiten Anlauf am Mittwoch nahmen sich die Beteiligten fast zwei Stunden Zeit. Dabei wichen die Aussagen der beiden Uniformträger und der beiden Bürger nicht nur von der jeweiligen Gegenseite deutlich ab, sondern auch untereinander.

Sehr klar stellte sich aber heraus, dass die Polizisten nicht einmal den Versuch gestartet hatten, via Staatsanwaltschaft einen richterlichen Beschluss zu erwirken und damit ihr Eindringen zu legalisieren. Ihre Begründungsversuche „dynamische Situation, Fluchtgefahr, Gefahr im Verzug“ überzeugten die Richterin nicht.

Eine Verfahrenseinstellung scheiterte an der Streitfrage zwischen Anklage und Verteidigung, ob der Rentner eine Buße zahlen müsse, und so gab es am Ende ein Urteil: Freispruch. Weder sei der Einsatz rechtmäßig, noch ein Schlag nachweisbar gewesen.

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