BombenDie explosive Erblast des Krieges

Luftbild von Bergisch Gladbach vom 15. März 1945, fotografiert vom britischen Militär.
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Bergisch Gladbach – Fast 70 Jahre nach Ende der Kampfhandlungen fordert der Zweite Weltkrieg immer noch Opfer. Wie jüngst in Euskirchen sind Blindgänger bis heute eine tödliche Gefahr. Auch im Rheinisch-Bergischen Kreis schlummert noch eine explosive Erblast des Krieges im Boden, mussten in den vergangenen Jahrzehnten verdächtige Bombenfunde von Mitarbeitern des Kampfmittelräumdienstes entschärft werden (siehe „Blindgänger werden gezielt gesucht“).
So etwa 1999 an der Peter-Landwehr-Straße in Bergisch Gladbach, wo ein Arbeiter bei Bauarbeiten mit seinem Bagger auf eine amerikanische Fünf-Zentner-Sprengbombe gestoßen war, die aber entschärft werden konnte. Und obwohl nach Angaben der Stadt in den vergangenen zehn Jahren im Stadtgebiet keine Blindgänger mehr gefunden worden sind, ist dies kein Grund zur Entwarnung. Denn auch mit der Zeit werden die Sprengsätze kaum ungefährlicher. Im Gegenteil, rostige Zünder und alter Sprengstoff lassen sie unberechenbar werden.
Bis zu 15 Prozent explodieren nicht
Rund zehn bis 15 Prozent der abgeworfenen Bomben, so lauten Schätzungen, explodierten nach dem Abwurf nicht. Wenn man weiß, dass besonders in den letzten Kriegsmonaten tausende von Bomben über dem Kreisgebiet abgeworfen wurden, ahnt man, welche Arbeit der Kampfmittelräumdienst auch in den kommenden Jahren noch haben wird.
Allein im Dezember 1944 registrierte die Statistik für Bergisch Gladbach (noch ohne Bensberg) insgesamt 12 900 Brandbomben, 1839 Sprengbomben und 42 Minenbomben. Damals notierte die Behörde 139 Blindgänger. Die tödliche Fracht ging besonders in der Innenstadt nieder, wo Fabriken, Bahnanlagen und Straßen Ziele waren. Auch im Februar 1945 wurden Bergisch Gladbach und Nachbarorte bombardiert, mehrere sogenannte Bombenteppiche über die Stadt gelegt, die viele Menschenleben forderten.
Voruntersuchung mittels Luftbildern
Doch für die heutige Generation sind gerade die Sprengkörper gefährlich, die im Krieg keinen Schaden anrichteten, sondern still im Boden verschwanden. Manchmal werden sie bei Bauarbeiten ans Tageslicht gefördert. Um das Risiko zu verringern, verlangt die Landesbauordnung NRW, dass Grundstücke für geplante Bauvorhaben geeignet, das heißt auch frei von „Blindgängern“ sein müssen. „Wir weisen bei allen Bauvorhaben, die tiefer als 80 Zentimeter ins Erdreich eingreifen, auf dieses Erfordernis hin“, sagt Elisabeth Sprenger von der Bauaufsicht Bergisch Gladbach. Bauherren müssten mit der Ordnungsbehörde Kontakt aufnehmen, diese schalte den für Köln zuständigen Kampfmittelräumdienst bei der Bezirksregierung Düsseldorf ein, berichtet Pressesprecher Martin Rölen. „Wenn begründeter Verdacht besteht, begutachten Fachleute auch vor Ort den Baugrund, gegebenenfalls werden Sonden eingesetzt.“
Zur Voruntersuchung werden vor allem Luftbilder ausgewertet, die die Alliierten während des Krieges nach fast jedem Angriff aufgenommen hatten. Die Fotos werden auf Einschlaglöcher von Blindgängern untersucht. Ein mühseliges Geschäft. Denn während explodierende Bomben große Trichter mit einem Durchmesser von mehreren Metern in den Boden rissen, sind die Einschlaglöcher der Blindgänger oft kaum zu erkennen.
Die Wichtigkeit, ein Grundstück im Vorfeld zu untersuchen, betont auch Bauunternehmer Friedhelm Strünker. „Ein Baggerfahrer hat sonst kaum eine Chance; der sieht das nicht“, erklärt er. Besonders wenn Boden nicht flächig abgetragen werde, sondern Träger tief im Erdreich versenkt werden müssten, sei Vorsicht geboten. „Wenn Sie ein 14 Meter tiefes Loch bohren, dann ist das unkalkulierbar“, sagt Strünker, dessen Firma derzeit gerade ein großes Bauprojekt in der Fußgängerzone umsetzt. „Um sicher zu sein, haben wir da alles vorher geprüft“, sagt Strünker. „Eine Spezialfirma hat das Gelände mit einer Sonde untersucht, um Metall zu orten.“ Erst danach rückten die Bagger an.
Strünker hatte in der Vergangenheit schon einige Male mit Blindgängern zu tun: In Köln-Poll wurde bei Ausschachtungen eine Bombe mit Zünder entdeckt, und auch bei Arbeiten an der Alten Wipperfürther Straße in Bergisch Gladbach gab der Boden eine alte Bombe frei.