Bergisch GladbachTurnhallenbau halbiert Pausenhof der Förderschule in Refrath – Eltern entsetzt

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Die Verbundschule Mitte Refrath am Mohnweg. Der Schulhof ist eine Baustelle

Früher ein Schulhof, heute eine Baustelle: Die Verbundschule Mitte in Refrath wehrt sich gegen die Überplanung ihres Pausenhofs.

Die Bergisch Gladbacher Bäder GmbH baut einen größeren Sportkomplex. Dafür soll die benachbarte Förderschule einen großen Teil ihres Hofes opfern.

Die Stadt baut mitten auf dem Schulhof der Förderschule in Refrath   eine Turnhalle. Sie gehört zum neuen Sportkomplex des Mohnweg-Hallenbads. Die Eltern dachten zuerst an einen schlechten Scherz. „Doch leider“, sagt Schulpflegschaftsvorsitzende Sandra Orth, „hat man offenbar vergessen, dass Kinder einen Pausenhof brauchen, um sich zu bewegen.“ Schüler, Eltern und Lehrer fühlen sich von Verwaltung und Politik alleingelassen und wollen sich das nicht länger gefallen lassen.

Protestplakate hängen an der Fassade: „Ihr drängt uns in die Ecke“, „Hilfe!“, oder: „Rettet unseren Schulhof“. Die Schülerinnen und Schüler sind schockiert, über die massive Verkleinerung ihres Pausenhofs. Ein meterhoher Bauzaun aus schwarzen Holzlatten riegelt seit Anfang Januar die Baustelle ab, die direkt an das Grundstück der Verbundschule Mitte in Trägerschaft des Rheinisch-Bergischen Kreises (früher Wilhelm-Wagener-Schule) angrenzt. Hier errichtet die städtische Bäder GmbH den neuen Sportkomplex.

Refrath: Der Pausenbereich ist fast halbiert

„Es fühlt sich an, als wären wir in einem Gefängnis eingesperrt. Im wahrsten Sinne des Wortes stehen wir uns auf den Füßen“, beschwert sich Schulsprecher Joel Bittner in einem Brief bei Landrat Stephan Santelmann. Der Pausenbereich ist nahezu halbiert. Nur ein schmaler dunkler Gang – zwei, drei Meter breit – sowie eine kleine Fläche vor der künftigen Turnhalle bleiben übrig als Schulhof. Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten wie Tischtennisplatte, Sandkasten, Rollerfahren oder Fußball gibt es nicht mehr.

Die 180 Schülerinnen und Schüler müssen mit einer Freizeitfläche von 720 Quadratmetern auskommen. Die 60 Kinder der Nachmittagsbetreuung verbringen den ganzen Tag auf dem Schulgelände, ohne sich auspowern zu können.

Das neue Hallenbad soll wettkampftauglich sein – und größer

Im bereits abgerissenen Altbau waren Hallenbad und Turnhalle in einem Gebäude untergebracht. Das neue wettkampftaugliche Hallenbad wird größer, weil die Bahnen statt 15 Meter nun 25 Meter lang sind. Die Sporthalle wird separat gebaut, sodass sich der Schulhof verkleinert – in der anderthalbjährigen Bauzeit um fast die Hälfte. Auf dem aktuellen Bauplan ist zu erkennen, dass dies nach Fertigstellung in etwa so bleiben soll.

„Wir sind entsetzt und machen uns Sorgen um unsere Kinder“, sagt Sandra Orth im Namen der Elternschaft. Es würde völlig außer Acht gelassen, dass die Schüler einen Förderbedarf hätten. Die Bedürfnisse seien völlig unterschiedlich, erklärt Martin Kräling, Vorsitzender des Fördervereins und früherer Lehrer an der Schule: „Schüler mit einer Autismus-Spektrum-Störung brauchen einen Rückzugsort.“

Schulleiter: „Das Aggressionspotenzial steigt“

„Schüler mit ADHS müssen sich ausagieren können, um danach wieder lernen zu können“, nennt er Beispiele. Dazu kommen die großen Altersunterschiede – Schüler zwischen sechs und 18 Jahren besuchen die Schule. Auch hier gibt es unterschiedliche Bedürfnisse: Die Jugendlichen wollten lieber unter sich sein, die Kleineren sich austoben.

Schulleiter Philipp Nagel bestätigt: „Das Aggressionspotenzial steigt.“ Mehr Kollegen sind deshalb zur Pausenaufsicht verpflichtet worden, um das Areal im Auge behalten zu können. Elternvertreterin Stefanie Altmann-Korban berichtet: „Mein Kind kommt geschafft aus der Pause. Die Emotionen werden dann bei den Lehrern abgeladen“, macht sie sich auch Sorgen um die Gesundheit der Lehrer.

Eltern kritisieren mangelhaften Fluchtweg

Ein weiteres großes Problem ist aus Sicht der Eltern, dass es keinen sicheren Fluchtweg gibt. Sie fordern, dass das Straßenstück vor dem Eingang am Mohnweg sofort gesperrt wird.

„Was uns vor allem frustriert, ist, dass sich niemand zuständig fühlt“, sagt Orth. Die Stadt Bergisch Gladbach ist Eigentümerin des Grundstücks, die Bäder GmbH ist Bauherr, der Rheinisch-Bergische Kreis ist Träger der Schule und Mieter des Gebäudes. Die Eltern befürchten, mit ihren Sorgen zwischen den Zuständigkeiten aufgerieben zu werden.

Der Rheinisch-Bergische Kreis sieht nur begrenzte Möglichkeiten

„Wir sind Mieter, als solcher haben wir selbst keine Möglichkeit, den Schulhof zu vergrößern oder bauliche Veränderungen durchzuführen“, sagt Kreissprecherin Birgit Bär. Allenfalls könnten „mietrechtliche Konsequenzen“ gezogen werden. „Das Wichtigste ist jetzt, dass schnell eine Lösung gefunden wird“, betont Bär.

Der Kreis habe seine Bedenken und Vorstellungen im Sinne der Interessen der Schule, dem Vermieter und Bauträger bereits vorgetragen: „Leider haben wir nur begrenzte Möglichkeiten, hierauf Einfluss zu nehmen.“

Die Stadt hat noch keine Baugenehmigung erteilt

Patrick Ortmanns, Pressesprecher der Stadt Bergisch Gladbach, teilt mit: „Aktuell ist noch keine Baugenehmigung für die Sporthalle erteilt.“ Die Turnhalle werde aber zur offenen Pausenhoffläche ausgerichtet, um den gewachsenen Baumbestand zu schützen. Das aktuelle, durch einen Zaun gesicherte Baufeld könne während der Bauzeit sukzessive reduziert werden.

Einen gesetzlichen Mindestwert für die Größe von Schulhöfen gebe es nicht, lediglich einen Richtwert, der hier nicht unterschritten werde. Die Stadt betont: „Die während der Bauphase und vor allem nach Abschluss des Neubaus zur Verfügung stehende Pausenhoffläche erfüllt rechtlich jedoch die Vorgaben beziehungsweise Empfehlungen der Schulbaurichtlinie vollumfänglich.“

Stadt Bergisch Gladbach macht keine Größenangaben für den Schulhof

Konkrete Größenangaben macht die Stadt aber nicht. Als Vermieter sichert die Stadt zu, „sich an dem Dialog mit allen Beteiligten einzubringen auf der Suche nach einem Konsens.“

Für den 20. Februar ist ein Krisengespräch, ohne Eltern, angesetzt. Schulleiter Nagel erhofft sich Klarheit darüber, was auf seine Schule zukommt. „Bisher sind die Parteien Sparringspartner. Wir schaffen das aber nur zusammen“, sagt er.

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