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Friedhöfe in Bergisch GladbachMuslimische Gräber mehrfach zerstört

Lesezeit 3 Minuten

Bergisch Gladbach – Nicht schon wieder! Mina B. ist fassungslos: „Wer macht so etwas?“ fragt sich die Gladbacherin. Ein großer Teil der Pflanzen ist herausgerissen, liegt auf den Wegen und im Gebüsch verstreut, als sie vor einer Woche die Gräber ihrer Mutter und Tante besucht. Es sind vier Grabstätten auf dem muslimischen Teil des Moitzfelder Friedhofs, die in den vergangenen beiden Jahren immer wieder zerstört worden sind. In zwei Fällen sind die Ermittlungen wegen des Tatvorwurfs der Sachbeschädigung bereits eingestellt worden, weil der Täter nicht ermittelt werden konnte.

Fremdenfeindlichkeit vermutet

Gedenktafel abmontiert, Grabeinfassung mit Hakenkreuzen beschmiert, Pflanzen herausgerissen und Blumensträuße gestohlen – Mina B. weiß nie, was für ein Schreckensbild sie erwartet, wenn sie auf den Friedhof kommt. Zweimal in der Woche kommt sie hierher, um vor allem ihrer Mutter ganz nah zu sein. „Ich bin verzweifelt“, sagt die 62-Jährige. Inzwischen hat sie aber auch Angst, herzukommen. Sie vermutet einen fremdenfeindlichen Hintergrund für die Zerstörungswut. Dies ist auch der Grund dafür, warum sie lieber unerkannt bleiben möchte.

„Am liebsten möchte ich Mama hier rausnehmen“, sagt Mina B. Aber Bosnien, die Heimat ihrer Familie, sei so weit weg. Dies sei auch der Grund gewesen, warum die Mutter in Bergisch Gladbach beigesetzt worden sei. Schon 1971 waren die Eltern nach Bensberg gekommen, damals war Mina B. 18 Jahre alt. Fremdenhass habe sie eigentlich nie erlebt, wenn sie zurückdenkt. Sie selbst sei auch nicht religiös.

Deshalb ist sie jetzt so schockiert: Insgesamt dreimal sei die Gedenktafel vom Grab ihrer Tante verschwunden. Einmal habe der Friedhofsgärtner sie im Gebüsch wiedergefunden, beim zweiten Mal hätten sie und ihr Mann den Grabstein abseits des Weges entdeckt.

„Die Toten finden keine Ruhe.“

Aber jetzt ist die Platte ganz weg: Zwei Buchsbäumchen, eine Lavendelpflanze, eine Vase mit orangefarbenen Gerbera, sonst erinnert nichts an die Tante, die Anfang des Jahres gestorben ist. Den Grabstein ihrer Mutter habe sie extra tief im Boden verankern lassen sowie ein besonders hohes und schweres Format aus Marmor ausgewählt. Doch auch das schreckte die unbekannten Zerstörer nicht ab: Im August 2013 war die Grabeinfassung rundherum mit grünen Hakenkreuzen beschmiert, erzählt Mina B. Mühsam habe sie die Farbe abgekratzt, in den Ritzen sieht man noch die Reste. Damals waren insgesamt 33 Gräber auf dem Friedhof in Moitzfeld beschmiert worden.

Weil das Grab schon mehrfach beschädigt worden ist, erhielt die Gladbacherin im Oktober vergangenen Jahres vom Friedhofsamt eine Ausnahmegenehmigung für die Installation einer Videokamera. Doch bis heute ist das Gerät nicht angebracht: „Es gibt keinen geeigneten Standort“, erklärt Mina B. Die Kamera müsse so angebracht werden, dass keine anderen Gräber in die Bildfläche rückten. Die Gladbacherin ist ratlos. So könne es doch nicht weiter gehen: „Die Toten finden keine Ruhe.“ Und sie selbst auch nicht.