Kunstmuseum Villa ZandersHede Bühls Papierskulpturen wachen einsam über die Villa

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Petra_Oelschlaegel_Villa_Zanders

In der Ausstellung mit Arbeiten von Hede Bühl ist Museumsdirektorin Petra Oelschlägel ziemlich allein.

Bergisch Gladbach – „Das frustrierendste ist, wenn man von oben aus den Büros nach unten in die Halle kommt,“ sagt Petra Oelschlägel, Direktorin des Kunstmuseums Villa Zanders. „Sonst ist es hier wimmelig, ich höre die Stimmen schon auf der Treppe. Alles ist nun dunkel und leer, und die Schritte hallen durch die großen Räume.“

Die wunderbaren Papierarbeiten und Skulpturen der Künstlerin Hede Bühl, Bildhauerin, der die aktuelle Ausstellung gewidmet ist, hat noch kein Besucher gesehen. Großartige frühe Zeichnungen der Beuys-Schülerin bis hin zu den martialischen Figuren und Büsten sind aufgebaut, die typischen Köpfe und mit Binden umwickelten Gesichter, die augenlos auf die Welt gerichtet sind, dumpf und abgekoppelt vom Leben, gefangen in Dunkelheit und Ungewissheit.

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Sie stehen – unbeabsichtigt – fast schon symbolisch für jene Menschen im Lockdown, die derzeit leiden unter der Isolation und sich gefangen fühlen in ihren Sinnen. 80 Jahre alt ist Hede Bühl. „Sie hatte sich so auf die Eröffnung gefreut,“ sagt Petra Oelschlägel und wandert an den Exponaten vorbei, die Schritte fallen als Echo von den hohen Decken. Es bleibt die Hoffnung auf Februar, doch sehr realistisch sieht es nicht aus.

Das Team arbeitet das Depot auf

Immerhin arbeitet das Team während der Schließung die meiste Zeit im Haus, es gibt ja genug Platz für die Mitarbeiter. Genug zu tun ist auf jeden Fall, auch wenn der Ausstellungs- und Veranstaltungsbetrieb ruht. Es hat Fördermittel gegeben für die Aufarbeitung des Depots. Oelschlägel: „Das können wir nicht von zu Hause aus machen.“

Die Arbeit am Bestandskatalog der umfangreichen städtischen Sammlung von Arbeiten auf Papier geht weiter. Sie wächst permanent, auch wenn der Ankaufsetat gegen Null geht. „Wir bekommen in dieser Zeit viele Schenkungsangebote“, berichtet die Direktorin. „Die Sammler haben Zeit, sich damit zu beschäftigen, das merkt man.“

Auch die Künstler scheinen Muße zu haben und machen sich Gedanken über die Zeit nach Corona. „Wir bekommen so viele Bewerbungen für Ausstellungen, dass wir auf der Homepage schon darum bitten müssen, davon abzusehen“, berichtet Oelschlägel. Unterstützung bekommt das Team von der wissenschaftlichen Volontärin Pia Simon, die seit Oktober im Museum ist, im Depot und am Katalog mitarbeitet und sich um die Fortschreibung der Digitalisierung kümmert.

Pia_Simon

Pia Simon hat das Streaming-Projekt fürs Kunstmuseum entwickelt.

Die Kunstgeschichtlerin und Kulturwissenschaftlerin hat bereits ihr erstes Projekt auf Instagram an den Start gebracht. Petra Oelschlägel und Kuratorin Sabine Elsa Müller sind begeistert, denn es ist viel liegen geblieben in letzter Zeit – Personalmangel.

Auch das restaurierte Intarsienparkett hat noch praktisch niemand gesehen

Dennoch ist es seltsam, so einsam vor sich hin zu werkeln, das empfinden alle, auch die Mitarbeiter an der Kasse oder die Handwerker. Ein Museum ist ein Ort des Zeigens. Und zeigen können sie noch nicht einmal das glänzende, restaurierte Intarsienparkett im Roten Salon, das, gerade fertig geworden, der ganze Stolz der Direktorin ist.

Neues Projekt im Museum

„Mein Lieblingswerk“ heißt das Streamingprojekt von Pia Simon. Gezeigt werden kurze Videos  auf Instagram und Facebook, in denen Menschen eine Arbeit aus der Sammlung präsentieren und erzählen, was sie damit verbindet. Den Anfang machen  Mitarbeiter des Museums.

„Es geht darum zu zeigen, dass wir noch da sind hinter den Kulissen“, sagt Pia Simon. Danach soll der Kreis ausgeweitet werden auf Mitglieder des Fördervereins; vielleicht können sich auch Kunstfreunde bewerben. Simon: „Wir müssen sehen, ob und wie sich das realisieren lässt.“ Premiere der Beiträge ist jeweils mittwochs. Sie sind über die Homepage des Museums verlinkt. (eck)

Auch die neue Medienanlage wartet auf ihren Einsatz. „Toll“, schwärmt Oelschlägel. „Damit können wir Musik und Bilder in alle Räume übertragen. Das wäre gerade jetzt hilfreich, damit die Besucher Abstand halten können.“ Aber es finden ja keine Konzerte oder Vorträge statt, auch nicht unter den Hygienemaßnahmen, die sich das Museumsteam in der ersten Lockdownphase ausgedacht und im Sommer praktiziert hat.

„Im Frühjahr waren die meisten Leute noch sehr motiviert und hatten Spaß, neue kreative Wege zu gehen, aber wir merken, dass sich allmählich auch so etwas wie Resignation einschleicht,“ hat Oelschlägel beobachtet. Das lange Warten auf Besserung in Ungewissheit zehrt an den Nerven. Umso wichtiger werden die gemeinsamen Projekte. 

Jörg Flügels Lieblingswerk

Jörg Flügel ist am Empfang beschäftigt; diese erste Anlaufstelle an der Kasse ist so etwas wie eine Visitenkarte des Hauses. Hier ist nicht nur der Eintritt zu entrichten, sondern es werden auch die verschiedensten Informationen zum Haus, den Ausstellungen, Hinweise auf ausstellungsbegleitende Veranstaltungen undsoweiter an die Besucher und Besucherinnen weitergegeben.

Lieblingswerk-Joerg-Fluegel

Weiß auf Weiß gefaltet ist das Motiv auf dem Bild „Spiegelflure“ von Simon Schubert, das Jörg Flügel besonders gefällt.

Jörg Flügel ist jetzt genau ein Jahr im Haus und schon sehr damit verbunden. Er hat sich als Lieblingswerk die Papierfaltung „Spiegelflure“ (2013) von Simon Schubert ausgesucht. Diese 160 x 140 Zentimeter große Papierarbeit konnte zusammen mit zwei kleineren Werken von Simon Schubert mit Unterstützung des Ehepaares Sylvia und Hans Wolfgang Zanders 2013 für die Sammlung „Kunst aus Papier“ angekauft werden. 

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