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Neuer Fall in Bergisch GladbachMietnomaden hinterlassen vermülltes Haus

Lesezeit 3 Minuten

Berge von Müll und Unrat türmen sich in allen Räumen.

Bergisch Gladbach – Sie haben ein Feld der Verwüstung hinterlassen: Berge von Müll in allen Zimmern, die Küche völlig versifft, verschimmelte Wände im Bad, zerstörte Linoleumböden. Die Bewohner, ein Pärchen im Alter um die 50 Jahre, haben in dem kleinen Haus in Refrath keine Ecke ausgelassen. Das Haus am Steinbrecher Weg gleicht einer Müllhalde.

Marion Hoffleit ist fassungslos: „Das ist das blanke Chaos.“ Das geliebte Haus der Großeltern ist vom Keller bis unters Dach ruiniert. Schon wieder sind Mietnomaden in der Stadt auffällig geworden. Auch in diesem Fall werden die Besitzer wohl auf einem Berg von Kosten sitzen bleiben.

Beim Eintreten schlägt einem ein penetranter Gestank entgegen: Es riecht nach Schimmel und Tierdreck. „Die Bewohner haben hier mit unzähligen Tieren gehaust“, erzählt Marion Hoffleit. Die Spuren sind überall zu sehen: In den drei Zimmern und im Wintergarten kleben die Hinterlassenschaften von Kaninchen und Vögeln auf den Teppichböden. Deshalb trägt Marion Hoffleit ihren Yorkshire-Terrier Benji beim Rundgang die ganze Zeit auf dem Arm. Auf dem Boden absetzen will die 49-Jährige das Tier nicht. „Da wird er krank.“ Was die Enkelin beim Anblick des Desasters fühlt, sind Wut und Empörung: „Auch über die deutsche Rechtsprechung.“ Erst in der zweiten Instanz hat das Landgericht Köln 2014 einen Auszugstermin angeordnet. Bis dahin blieben die Mieter unbehelligt. Am vergangenen Freitag, zwei Tage, bevor die Zwangsräumung stattfinden sollte, hat sich das Ehepaar auf und davon gemacht. Ziel unbekannt. Vier Jahre lang hat es gedauert, bis die Klage der Hauseigentümer schließlich Erfolg hatte.

Die beiden Mieter seien einschlägig bekannt, sagt Ernst Ploemacher, Rechtsanwalt und Geschäftsführer des Grundeigentümerverbands Haus und Grund.

Enttäuscht von Gerichten

Trotzdem habe man als Kläger keinen Einfluss auf eine schnellere Terminierung von Gerichten, obwohl Mietzahlungen in der Höhe von mehreren Tausend Euro ausgeblieben seien. Marion Hoffleit fühlt sich im Stich gelassen: „Als Mieter darf man in Deutschland offenbar alles. Als Vermieter nichts. Das ist frustrierend.“ In die Falle getappt waren 2007 die hochbetagten Großeltern. Sie vermieteten dem Paar gutgläubig das Haus kurz vor ihrem Tod, dachten, sie gäben den Leuten eine Chance für einen Neuanfang, erinnert sich die Tochter Karin Brück. Sie hat das Haus nach dem Tod der Eltern geerbt: „Jetzt stehe ich da mit riesigen Bergen von Müll.“ Auf dem Mietausfall werde sie ebenso sitzen bleiben wie auf den Sanierungs- und Gerichtskosten, befürchtet sie. „Bei den Leuten ist doch nichts zu holen“, glaubt die 73-Jährige. Eine zivilrechtliche Klage bringe also nichts außer zusätzlichen Kosten.

Statistisch spielten klassische Mietnomaden – Schuldner, die schnell verschwinden, sobald die Wohnung zwangsgeräumt werden soll – keine Rolle, sagt Ploemacher. Höchstens drei Prozent aller Mieter legten es seiner Einschätzung auf einen solchen Betrug an. Wie viele es in Deutschland gibt, darüber liegen keine exakten Zahlen vor. Trotzdem sollten Vermieter vorsichtig sein. „Man sollte sich immer den Personalausweis zeigen lassen und zumindest eine Schufa-Auskunft einholen“, rät Ploemacher. Da auch dies keinen hundertprozentigen Schutz biete, solle jeder bei der Vergabe von Wohnungen „seinen gesunden Menschenverstand einschalten“. Marion Hoffleit hatte vor, irgendwann selbst in das Haus der Großeltern einzuziehen: „Das ist jetzt erstmal auf Eis gelegt.“ Das Gebäude muss erst für viel Geld von Grund auf saniert werden.