Rhein-Berg-GalerieErtappte Ladendiebin beklaut Polizisten bei Festnahme

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Amtsgericht Bergisch Gladbach Bensberg

Amtsgericht Bergisch Gladbach

Bergisch Gladbach – Eine 44-jährige Ladendiebin aus Bergisch Gladbach hat nach ihrem Beutezug durch vier Läden in der Rhein-Berg-Galerie auch noch den Vernehmungsbeamten der Gladbacher Kripo beklaut, als der für weniger als eine Minute sein Büro verließ. Vor Gericht zeigte sich die fünffache Mutter zutiefst zerknirscht: „Das war schon sehr heftig. Ich möchte mich bei allen entschuldigen.“ Das Schöffengericht verurteilte die von Arbeitslosengeld II lebende Frau zu acht Monaten Haft auf Bewährung. Außerdem muss sie 60 Sozialstunden ableisten.

Im ersten Laden eine Jeans und eine Jacke, die sie auf der Kunden-Toilette direkt anzog, danach Schmuck, Parfum und Gesundheitsprodukte: Es war nicht von schlechten Eltern, was Chantal G. (Namen der Beteiligten geändert) am 20. September 2018 einsteckte. Doch wurde ihr Beutezug bemerkt, Verkäufer machten den Sicherheitsdienst auf die Frau aufmerksam. Peter K. stellte sich in den Weg, um die Diebin zu stoppen, aber die Frau „drängte mich immer weiter zurück“, wie er als Zeuge vor Gericht berichtete.

Berührt oder gar geschubst habe sie ihn zwar nicht, dennoch bewegten sich der Sicherheitsmann und die Diebin aus dem Center heraus bis hin zur Buchhandlung auf der anderen Seite der Straße. Bevor die Polizei dort übernahm, biss Chantal G. Peter K. einmal heftig in den Arm.

Von Polizei auf Wache gebracht

Die Polizei brachte die Frau auf die Wache. Kriminaloberkommissar Helmut Z. (45) holte sie aus dem Wachbereich ab und nahm sie mit in sein Dienstzimmer, wie er vor Gericht berichtete. „Ich wies ihr einen Platz neben der Tür zu und ging kurz auf den Flur, um mit meinem stellvertretenden Kommissariatsleiter zu reden. Als ich wieder reinkam, wunderte ich mich, dass sie immer noch im Raum stand.“

Nach der Vernehmung brachte der Kriminalist die Diebin bis zum Ausgang. „Als ich wieder im Büro war und meine Frau anrufen wollte, bemerkte ich, dass Handy und Portemonnaie aus meinem Rucksack verschwunden waren.“ Auf einem Spielplatz in der Nähe ihrer Wohnung wurde Chantal G. daraufhin erneut von der Polizei kontrolliert – und rückte die Beute wieder raus: Der Kripo-Mann: „Aus dem Handy war schon die SIM-Karte entfernt worden und meine Kreditkarten hatte sie in ihr Portemonnaie gepackt.“

Vor dem Schöffengericht buk Chantal G. jetzt ganz kleine Brötchen, ihre Verteidigerin Barbara Schafgan-Herrmann legte sich sehr für sie ins Zeug. Denn Chantal sei zwar eine sehr gute alte Bekannte von Polizei und Justiz, habe sich aber seit zehn Jahren nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Vielmehr habe sie sich ihrer Drogensucht gestellt und lasse sich im Alltag betreuen und beraten.

Am Morgen des 20. September hatte die Angeklagte aber nach eigener Aussage ein sehr belastendes Gespräch mit ihrer erwachsenen Tochter und nahm danach zusätzlich zu den ihr wegen psychischer Probleme verordneten Medikamenten zwei weitere Pillen. Die hatte ihr der Bruder dagelassen. Dann habe sie ein Bier getrunken. An das Geschehen an dem Tag erinnere sie sich nur noch bruchstückhaft, aber es tue ihr alles sehr leid: „Das war wohl ein Rückfall.“

Vorwürfe aus der Anklage erhärten sich nicht vollends

In der anschließenden juristischen Bewertung waren sich Schöffenrichterin Birgit Brandes, Staatsanwältin Nina Berghaus und Verteidigerin Schafgan-Herrmann einig: Von dem ursprünglich angeklagten Verbrechen des „räuberischen Diebstahls“ könne trotz des Bisses keine Rede sein. Denn Chantal hätte in der Konfrontation mit dem Wachmann ohne weiteres weglaufen können, habe dies aber nicht einmal versucht.

Staatsanwältin Berghaus forderte für die fünf Diebstähle und die Körperverletzung zwölf Monate Haft auf Bewährung sowie 90 Sozialstunden, die Verteidigerin eine Geldstrafe. Das Schöffengericht blieb zwischen diesen beiden Anträgen. In seinem von beiden Seiten sofort angenommenen und damit bereits rechtskräftigen Urteil ging es von einer durch den Medikamentencocktail verminderten Schuldfähigkeit aus.

Die Angeklagte hatte zuvor in ihrem letzten Wort ein weiteres Mal versichert, dass ihr alles sehr leid tue und dass ihr das mit Sicherheit nicht noch einmal passieren werde: „Ich habe ein kleines Kind und eine große Verantwortung, wofür ich Gott sehr dankbar bin.“

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