Tag der ArchiveDas ist am Tag der Archive im Kulturhaus Zanders zu sehen

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  • Im Kulturhaus Zanders sind zahlreiche Archive zu Hause, so das Zanderssche Familien-Archiv oder das Archiv des Altenberger Dom-Vereins und auch das Archiv des Konzertchors Bergisch Gladbach.
  • Am Tag der Archive am Sonntag öffnet das Kulturhaus seine Pforten von 15 bis 18 Uhr.

Bergisch Gladbach – Als die Gladbacher Papierfabrikantin Maria Zanders den Gemäldezyklus von Johann Wilhelm Schirmer zum biblischen Buch Genesis kopierte, der heute den Gladbacher Ratssaal schmückt, musste sie dazu häufig nach Düsseldorf reisen.

Das war zu ihrer Zeit sehr beschwerlich, und es ist kein Wunder, dass für die fromme Protestantin das gesamte Gemäldeprojekt die Erfüllung eines Gelübdes darstellte. Im 19. Jahrhundert waren die Entfernungen noch erheblich weiter, und viele Reisen fanden nur im Kopf statt.

Daran erinnert eine Vitrine im Kulturhaus Zanders (Hauptstraße 269), das am Sonntag am „Tag der Archive“ von 15 bis 18 Uhr seine Pforten öffnet. Immerhin sind hier zahlreiche Archive zu Hause, so das Zanderssche Familien-Archiv oder das Archiv des Altenberger Dom-Vereins und auch das Archiv des Konzertchors Bergisch Gladbach, wie sich der von Maria Zanders 1885 mehr oder weniger als Werkschor gegründete Cäcilienchor heute nennt.

Günter Litzinger (l.) zeigt Jürgen Drissler einzelne der 104 Ordner, die er in dem Findbuch erschlossen hat.

Günter Litzinger (l.) zeigt Jürgen Drissler einzelne der 104 Ordner, die er in dem Findbuch erschlossen hat.

Prächtig ausgestattete Bände

Die Vitrine hat allerdings mit dem Chor weniger zu tun als mit seiner Gründerin: Mehr als tausend Bände umfasste deren persönliche Bibliothek, darunter zahlreiche Werke sogenannter Reiseliteratur. Sie entführten den Leser in Länder, die persönlich aufzusuchen er gesundheitlich, finanziell oder zeitlich nicht imstande war. Im Zeitalter der Billigflieger, in dem selbst andere Erdteile problemlos in Reichweite von nahezu jedermann liegen, ist schwer vorstellbar, dass selbst wohlhabende Menschen lieber vom Lehnstuhl aus die Welt erkundeten, als sich dem Abenteuer einer persönlichen Inaugenscheinnahme zu unterwerfen.

In den mit wunderbaren Vorsatzpapieren und prächtigen Exlibris ausgestatteten Werken aus Maria Zanders’ Buchregalen finden sich Berichte über Reisen durch Nordamerika ebenso wie über Borkum, inklusive Gesundheitsratgeber. „Heutzutage werden selbst Reiseführer ja immer seltener gelesen. Die Leute informieren sich gleich im Internet, und zwar direkt vor Ort per Smartphone-App“, stellt Archivarin Magdalene Christ fest. Und da in diesem Jahr der Archiv-Tag unter dem Stichwort „Reisewege – Mobilität“ steht, hat sie im Familienarchiv gekramt, wie das Reisen dereinst betrachtet wurde.

Aber man hat sich auch früher nicht nur im Kopf bewegt. In einer anderen Vitrine hat Christ Zeugnisse echter Reisen gesammelt, etwa wenn die Fabrikantenfamilien in einer der ersten Benzindroschken Gladbachs einen Ausflug machte. Fotos und Postkarten stammen auch von den Fahrten, die Maria Zanders’ Schwiegertochter Olga, geboren Peltzer, mit der Grafikerin der Firma Alexe Altenkirchen unternahm – immer mit der Staffelei auf dem Rücken, um Motive malerisch einzufangen, etwa an der wildromantischen Gebirgsküste Dalmatiens. Die damals üblichen Fotoapparate waren auch nicht einfacher ins Outback zu schleppen als die Requisiten zum Zeichnen und Aquarellieren. Das Archiv des Altenberger Dom-Vereins zeigt derweil das Netz der Reiserouten auf, die die Altenberger Zisterzienser mit Tochterklöstern etwa in Polen verbanden.

104 Ordner durchgearbeitet

Ein wichtiger Punkt des Museumstages hat jedoch mit Reisen nichts zu tun, vielmehr mit der Pflege der Sangeskunst. Am Sonntag kann Jürgen Drissler, Vorsitzender der Stiftung Zanders, das Findbuch zum Archiv des ehemaligen Cäcilienchors in Empfang nehmen. In zweijähriger Arbeit hat Günter Litzinger, pensionierter Mathematiklehrer (nicht zu verwechseln mit seinem Vater, der ebenfalls Mathe unterrichtete), die 104 Ordner durchgeackert und den Inhalt Seite für Seite aufgelistet.

Das Findbuch ist zeitgemäß digital angelegt, so dass sein papierener Niederschlag eher dünn ist. Wer sich an den Computer setzt, kann dafür Plakate und Liederhefte, Flugzettel und Briefverkehr bequem durchforsten, ohne durch staubige Depots zu kriechen. Litzinger war von 2006 bis 2013 selbst Vorsitzender des Klangkörpers, der damals noch unter Chorgemeinschaft Zanders Bergisch Gladbach firmierte. Da er aus gesundheitlichen Gründen das Singen nach 15 Jahren aufgeben musste, knöpfte er sich anschließend das Archiv vor. Denn ein unsortiertes Archiv ist ein unbrauchbares. Wie Magdalene Christ es ausdrückt: „Die Aufgabe des Archivars ist: sichern, ordnen, bewahren.“

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