Willibert Krüger in Bergisch GladbachIn diesem Büro leitet Willibert Krüger sein Unternehmen

Willibert Krüger
Copyright: Christopher Arlinghaus Lizenz
Bergisch Gladbach – Das Understatement, die absichtliche Untertreibung, gehört zur Firmenphilosophie von Krüger.
Willibert Krüger ist der Chef von 4800 Mitarbeitern, bei einem Jahresumsatz von rund zwei Milliarden Euro. Ohne eine Miene zu verziehen spricht Krüger von einem „mittelständischen Unternehmen“. Und sein Büro an der Senefelder Straße 44 im Gewerbegebiet Zinkhütte sieht tatsächlich so aus. Da regiert die Funktionalität der 70er-Jahre. Da war man eben noch Mittelstand.
Es ist nicht verbürgt, wie oft Willibert Krüger den Versuch abgebügelt hat, sein Büro umzugestalten. „Aber den einen oder anderen Blödsinn habe ich mir schon anhören müssen“, erzählt er. Ein Arbeitszimmer sei sein Büro. Punkt.
Das stimmt – und stimmt auch wieder nicht. Denn in diesem Raum hält er sich den Großteil seines Lebens auf. Meist sieben Tage in der Woche ist er dort. „Urlaub? Brauch ich nicht. Ich bin am liebsten hier, in meinen Büro.“
1971 hat Krüger mit der Herstellung von Instant-Tee in den Nebenräumen des elterlichen Großhandels den Grundstein für sein heutiges Imperium gelegt. Wenige Jahre später zog er ins Gewerbegebiet um, errichtete bald eine große Fabrik, die heute längst über eigene Logistikzentren verfügt.
Auf dem Besprechungstisch in seinem Büro steht der „Goldene Zuckerhut“. Eine Auszeichnung der Lebensmittel-Zeitung für sein Lebenswerk. In der Branche so etwas wie der Oskar. „Schon toll“, sagt Krüger im Vorbeigehen.
An den Wänden hängen ein paar Urkunden, ein paar Fotos von Fabriken, von den Kindern. „Die hängen da schon etwas länger. Ich weiß nicht, wie lange“, sagt Krüger. Und sein Schreibtisch? Er ist groß. Baujahr unbekannt. Aber groß. Manche Firmenlenker glänzen mit akkurat aufgeräumten Arbeitstischen. Die sollen signalisieren: Mein Schreibtisch ist aufgeräumt und klar, ich bin aufgeräumt und klar.
Das Arbeitszimmer ist Teil der Selbstinszenierung. Man darf sich nicht täuschen, das ist es es bei Krüger auch, aber eben anders: Papiere und Akten liegen auf dem Tisch. Es gibt eine Ordnung, aber die kennt nur Willibert Krüger.
Und dann: die Aktentasche. Diese Aktentasche. Sie ist alt, an einigen Stellen sogar zerrissen. Sie ist Teil des Büros, Teil des Rituals. Wenn Krüger sie öffnet, dann nur für wichtige Unterlagen. Auf wundersame Weise scheinen dort alle wichtigen Dokumente hineinzupassen. Und noch einige andere Sachen.
Was im ganzen Büro fehlt, ist ein Computer. „Brauch’ ich nicht. Meine Leute haben ja welche.“ Ein mobiles Telefon hat er auch nicht. „Wenn jemand mich wirklich sprechen muss, weiß er auch, wo ich bin.“ Und die Telefonanlage am Fenster lässt das Herz jedes Nostalgikers höher schlagen: Krüger muss keine Nummern wählen, sondern hinter einzelnen Knöpfen verbirgt sich eine Abteilung, ein Abteilungsleiter.
Wenn er wissen will, was das Projekt in Ostdeutschland macht, dann drückt er die Drei. Die letzten Zuckerpreise erfährt er unter der Fünf. So hat er sein Unternehmen aufgebaut, so soll es bleiben. Von seinem Büro aus blickt er auf den Firmenparkplatz. „Wenn wichtige Kundschaft vorfährt, sehe ich das sofort.“
Im Gebäude wartet dann der Chef in seinem Büro, das sofort signalisiert: Hier sollen Geschäfte gemacht werden – und sonst gar nichts.