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Bilanz 2022Im Jobcenter Rhein-Berg ist „Routine“ ein Fremdwort

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Ein Schild mit der Aufschrift „Jobcenter“ steht vor einem Hochhaus. In dem Hochhaus findet sich das Jobcenter Rhein-Berg.

Das Jobcenter Rhein-Berg an der Bensberger Straße in Bergisch Gladbach.

Langweilige Büroroutine: Darüber können die 300 Leute vom Jobcenter Rhein-Berg angesichts ständig neuer Herausforderungen nicht klagen.

„Spektakulär“ findet die CDU-Kreistagsabgeordnete Christiane Schloten, wie „flexibel und professionell“ das Jobcenter Rhein-Berg auf neue Herausforderungen reagiere. Die Overather Politikerin quittierte damit den Vortrag von Jobcenter-Chef Michael Schulte im Sozialausschuss des Kreises über die Arbeit seiner 304 Mitarbeitenden.

Für Schultes Leute war, folgt man den Ausführungen des Chefs in seinem Jahresbericht für 2022, kaum ein Tag wie der andere, mussten sie sich doch permanent auf neue Bedingungen einstellen: Corona verlor 2022 zwar langsam, aber sicher seinen Schrecken, aber dafür überfiel Russland die Ukraine, was Hunderttausende Menschen nach Deutschland flüchten und die hiesigen Energiepreise explodieren ließ. Dazu kamen gesetzliche Veränderungen, beispielsweise gibt es nun statt Hartz 4 das Bürgergeld.

Bis zu 9137 Bedarfsgemeinschaften mit bis zu 18 463 Personen zählten Schultes Leute an ihren acht Standorten im Kreis (jeweils einer pro Kommune). Der Bestand der „Langzeitleistungsbeziehenden“ sank im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent auf 8000; eine Entwicklung, die schon länger anhält.

Sechs Dolmetscher verstärken das Team

Einen Schub gab es dagegen mit der im Juni 2022 umgesetzten Übernahme der ukrainischen Kriegsgeflüchteten ins Sozialgesetzbuch 2. Genau 1284 „BG UKR“, Bedarfsgemeinschaften von Ukraineflüchtlingen, zählte das Jobcenter 2022. In der Jobcenter-Zentrale im Arbeitsamtsgebäude in Bergisch Gladbach wurde ein eigenes Team zur Unterstützung der Geflüchteten gegründet, auch an den sieben Außenstandorten erfahren die Menschen Unterstützung.

Sechs Sprachmittler hat das Jobcenter eingestellt, um die Verständigung mit den Menschen zu vereinfachen, die nach den Worten Schultes oftmals ein „dickes Paket an Erfahrungen und schrecklichen Erlebnissen“ mitgebracht haben.

Neue Regeln durch das Bürgergeld

Auswirkungen hat der Ukraine-Krieg aber auch auf die nicht geflüchteten Geldempfänger des Jobcenters, und zwar durch die Verteuerungen der Energie. Bisher hat das Jobcenter dadurch noch keine große Zahl neuer Leistungsberechtigter bekommen.

Es gibt aber noch Unwägbarkeiten: Die Kosten für den Haushaltsstrom sind in den Regelleistungen enthalten – was passiert, wenn hier große Nachzahlungen fällig werden? Schließlich das neue Bürgergeld: Nicht nur die Sätze wurden erhöht, es gibt nun auch eine einjährige Karenzzeit, in der die Angemessenheit der Mietkosten nicht geprüft wird, damit der ins Bürgergeld gekommene Mensch den Kopf dafür freihat, nach Auswegen zu suchen.

Neu ist auch, dass die Qualifizierung auch gesetzlich Vorrang vor der schnellen Vermittlung hat. Schulte ließ in seinem Vortrag vor dem Sozialausschuss durchblicken, dass sich dadurch an der örtlichen Praxis nicht viel ändern müsse, dass es nun aber auch so im Gesetz stehe. Im Kreis sei man mit aufsuchender und sozialraumorientierter Betreuung vorher schon sehr weit und für NRW federführend gewesen.

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