Jecke in NamibiaGladbacher feiern Karneval unter afrikanischer Sonne

Wurfmaterial fliegt zu den Jecken unter Palmen am Straßenrand.
Copyright: Pfister
- 1952 wanderten drei Mitarbeiter der Stadt nach Namibia aus.
- Dort wurde daraufhin die Windhuker Karnevalsgesellschaft (Wika) gegründet.
- Alexander Pfister, Präsident der Großen Gladbacher, besuchte die afrikanischen Jecken.
Rhein-Berg – Gladbachs Karneval ist ein echter Exportschlager, und das bereits seit mehr als einem halben Jahrhundert. So lange nämlich wird bereits jenseits des Äquators in Namibia Karneval gefiert – und zwar nach echt Gläbbischer Art, auch wenn die Session erst nach Aschermittwoch richtig Fahrt aufnimmt. Nach mehr als 50 Jahren gab es jetzt erstmals auch wieder eine Beteiligung aus der jecken Vaterstadt an der Strunde. Eine schweißtreibende Angelegenheit für Jecke, die Karneval in der fünften Jahreszeit vor allem bei niedrigeren Temperaturen gewohnt sind. Aber der Reihe nach.

Jecke Schlüsselübergabe beim Bürgermeister von Windhuk.
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Ausgewandert samt Sitten und Gebräuchen
Beim Prinzenessen vor zwei Jahren erfuhr der Präsident der Großen Gladbacher, Alexander Pfister, vom Ehrenpräsidenten Franz Heinrich Krey, dass 1952 drei Mitarbeiter der Stadt nach Namibia, die frühere deutsche Kolonie Deutsch Südwest-Afrika, ausgewandert waren – samt ihrer von daheim gewohnten Sitten und Gebräuche. In den 60er Jahren hatte sich sogar einmal eine Abordnung aus Bergisch Gladbach davon überzeugen können, dass die Auswanderer auch den Karneval sehr erfolgreich in Namibias Hauptstadt Windhuk implementiert hatten.
Extra jeck
Natürlich empfing auch Windhuks Bürgermeister die Delegation der Großen Gladbacher und nahm die fünf Jecken gleich mit auf den Festwagen, um sich mit den Besuchern in den Karnevalsumzug durch Windhuk einzureihen. Wegen der Hitze wurden die Getränke auf dem Festwagen gekühlt, während das Wurfmaterial auf die Zuschauer am Zochweg niederprasselte – darunter auch Waffelriegel mit dem Emblem der Großen Gladbacher. Die hatte Markus Sprenger eigens mitgebracht. Beim anschließenden Frühschoppen trafen die Gladbacher Bauer Gerald aus der RTL-Reihe „Bauer sucht Frau“ – auch er kannte offenbar den Geheimtipp des Windhuker Karnevals. (wg)
Da diese Delegationsreise allerdings bereits mehr als ein halbes Jahrhundert zurücklag, waren sich Krey und Pfister rasch einig, dass es dringend einer Auffrischung bedürfe. Allein, gemeinsam schafften das die beiden nicht mehr. Kurz bevor „Brauchtumsvater“ Krey am 10. Mai 2017 starb, versprach ihm Pfister noch, sich selbst um die Delegation nach Afrika zu kümmern. Gesagt – getan.
Zwischenzeitlich hatte der Präsident der Großen Gladbacher KG bereits per E-Mail Kontakt mit Heike von Somnitz von der Windhuker Karnevalsgesellschaft (Wika) aufgenommen – und war offene Türen eingelaufen. Die Delegation war rasch zusammengestellt. Vater Dieter Pfister meldete sich sofort, außerdem traten der jecken Expedition Tobias Brück aus der Prinzengarde sowie Gisbert Schweizer und Markus Sprenger aus dem geschäftsführenden Vorstand der Großen Gladbacher bei.
Orden erwecken Misstrauen bei Zoll
Für die fünf Karnevalisten von der Strunde war somit in diesem Jahr nach der Session gleich wieder vor der Session – nur ein paar Tausend Kilometer weiter südlich. Die Windhuker Session beginnt im April, hat elf Veranstaltungen, ein Prinzenpaar, ein Jugend-Prinzenpaar und ein Kinder-Prinzenpaar. Mit sechs Kilogramm Orden und Ansteckern im Gepäck ging’s schließlich mit den besten Wünschen des Ehrenvorsitzenden Axel Müller und von Kreisdechant Norbert Hörter nach einer letzten Stippvisite im Wirtshaus am Bock in Richtung Süden.

Der Karnevalswagen mit Getränkekühlung in Namibia.
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Beim mitternächtlichen Geburtstagsständchen für Präsident Alexander Pfister erhielten auch die Mitreisenden im Flieger einen Eindruck von der Mission der Gladbacher. Sichtliches Misstrauen erweckten die Litewken und kiloweise Orden und Anstecker im Gepäck auch beim namibischen Zoll. Unter Terrorverdacht gerieten die Jecken aus Deutschland trotzdem nicht und konnten am Abend bei Wildspezialitäten (Gnu, Zebra, Antilope und Warzenschwein) Alexander Pfisters Geburtstag gebührend in „Joe’s Bierhaus“ feiern.
Herrenabend zwischen Löwen und Giraffen
Gleich am Folgetag stand der Prinzenball der Wika an, vergleichbar mit der Prinzenproklamation in Gladbach. „Mit dem Ostermann-Lied »Einmal am Rhein« wurden den Zuschauern die drei Prinzenpaare präsentiert – und das mitten in Afrika. Das war schon jeck“, berichtet Alexander Pfister.
Ob Begegnungen mit Löwen, Giraffen oder Elefanten im Schutzgebiet des Etosha Parks oder Einladung zum einheimischen „Braai“, einer Art Grillen mit Barbecue – die Expedition in die Gladbacher Karnevalsenklave südlich des Äquators wartete für die Jecken aus GL mit allerlei Exotischem auf.
Dabei konnte man bisweilen glatt vergessen, dass man fast 12 000 Kilometer vom Rheinland entfernt war: Beim Herrenabend – der Herrensitzung, die parallel zum Damenabend, nur in unterschiedlichen Räumlichkeiten stattfand – gab’s ausschließlich rheinisches Liedgut zu hören. „Ein wahnsinniges und bleibendes Erlebnis“, schwärmt Pfister auch von der anschließenden gemeinsamen Party von Herren- und Damensitzungspublikum.
Eine Tour, die in Erinnerung bleibt
Für die Gladbacher hieß es am nächsten Morgen Abschied nehmen. Die Erlebnisse jenseits des Äquators aber wirkten bei den fünf Delegationsmitgliedern nicht nur auf dem Rückflug und beim Empfang durch den Vorsitzenden der Großen Gladbacher, Frank Haag, und den Ehrenvorsitzenden Axel Müller nach.

Alexander Pfister mit dem Jugend-Prinzenpaar.
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„Diese Tour wird uns allen sicher noch lange in Erinnerung bleiben“, sagt Alexander Pfister und liebäugelt insgeheim bereits damit, dass noch einmal eine Abordnung der Großen Gladbacher „unsere Freunde in Namibia“ besuchen könnte.