Lauter als gedachtErste Sitzung der leisen Töne kam bei den Jecken in Kürten-Bechen gut an

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Wicky Junggeburth begeisterte das Publikum auf der Sitzung der leisen Töne in Bechen.

Wicky Junggeburth begeisterte das Publikum auf der Sitzung der leisen Töne in Bechen.

Der Auftritt des Tanzcorps war spektakulär und sorgte für ausgelassene Stimmung in Bechen.

Aus der Sporthalle Bechen dringt Stimmengewirr, ein paar verspätete Gäste huschen in die Halle und suchen ihre Plätze, drinnen wimmelt es vor roten Hüten und Uniformen. Auf der Bühne überlegt „Et Fünkchen“ (alias Vera Passy), ob Schützen nur in die Schützenvereine eintreten, weil sie mit ihren Freunden trinken und schießen wollen. Das Publikum lacht, die Stimmung ist ausgelassen – und ein bisschen aufgeregt.

Die Karnevalsfreunde Bechen veranstalteten nämlich ihre erste „Sitzung der leisen Töne“ und sind damit von ihrem üblichen Programm abgewichen. „Damit sind wir schon ein Risiko eingegangen“, sagte Rita Schweiger, Pressewartin des Vereins. Sie haben nicht absehen können, wie gut die Karten für diese etwas leisere und ruhigere Sitzung verkauft werden und sind gleichzeitig in Vorkasse für diese getreten.

Das Risiko hat sich gelohnt

Doch am Abend der Sitzung zeigt sich, dass es sich gelohnt hat, dieses Risiko einzugehen: Von den 660 Plätzen in der Sporthalle der Grundschule Bechen, sind fast alle belegt. Und so still, wie es der Name vermuten lässt, geht es auf der Sitzung nicht zu: Die Künstlerinnen und Künstler heizen die Gäste an und diese lassen sich gerne dazu animieren aufzustehen, mitzusingen und zu schunkeln.

Der Unterschied zu den anderen Sitzungen ist dennoch bemerkbar – und wird von den Gästen wertgeschätzt: „Ich finde das Konzept toll, weil den Rednern hier wirklich zugehört wird“, sagt Brigitte Taeis, während sie zwischen den Tischen steht und tanzt.

Bechener Tollitäten waren begeistert

Auch dem Prinzenpaar gefällt die ungewöhnliche Sitzung: „Ich konnte mir erst nicht viel darunter vorstellen, aber ich bin begeistert“, sagt Prinzessin Rossella. Prinz Marc II. nickt zustimmend, bevor das Paar aufsteht und zu Wicky Junggeburths Musik tanzt.

Junggeburth begeistert das Publikum nicht nur mit seinen ironischen Texten, wie eine Passage, in der er erklärt, dass Verwandte Menschen seien, bei denen man sich freue, wenn sie kommen, aber noch glücklicher sei, wenn sie gingen. Junggeburth überzeugt auch mit seiner frechen und aufgeschlossenen Art: „Er ist einfach ein Herzensmensch“, freut sich Schweiger. Nahezu der ganze Saal steht, singt und tanzt mit dem Künstler.

Zum Abschied richtet er einen Appell an die Jecken: „Es ist ein Rausch, bei diesem Publikum auf der Bühne stehen zu können. Bitte seid auch den jüngeren Künstlern gegenüber so aufgeschlossen. Der Karneval verändert sich immer weiter und wenn die Töne ein bisschen anders klingen, sollten wir das erstmal aufnehmen und in zwei Jahren gehört es auch dazu.“

Mit Pop-Krätzchen tat sich das Publikum schwer

Damit kündigt er die Band Kappes & Co. an, die Pop-Krätzchen spielen. „Das sind Krätzjer mit anderer Melodie“, erklärte Sänger und Gitarrist Christoph Coch. Er freut sich, mit Mitte 40 noch als Nachwuchs angekündigt zu werden: „Das erlebt man auch nicht so häufig.“ Der erste Song, in dem es um eine Eule im Garten ging, feiern die Zuschauenden noch mit, besonders die Kinder freute sich über die Eule. „Man hat uns gesagt, dass aus uns im Karneval nichts werden kann, wenn wir keinen Song über einen Vogel spielen“, erzählt er fröhlich.

Doch die Band kann trotz des Appels von Junggeburth die Stimmung nicht ganz halten. Als Coch dem Publikum vorschlägt, ab jetzt auf der A4 oder den Kölner Ringen nicht mehr im Stau zu stehen, sondern eine Stehparty zu feiern, singen kaum noch Gäste mit der Band mit. Hier und da fangen sie an, sich zu unterhalten oder neue Getränke zu holen. Auch die KI, die „Kölsche Intelligenz“, begeistert nur einen Teil der Zuschauenden.

Auftritt des Tanzcorps war spektakulär

Dafür sorgt das Tanzcorps von Rot-Weiß Bechen für Stimmung im Saal. Der Auftritt ist mitreißend und spektakulär: Tänzerinnen fliegen durch die Luft, werden von ihren Tanzpartnern aufgefangen und tanzen danach weiter, als würden sie nie etwas anderes machen.

Die Gruppe konnte während Corona lange nicht trainieren, was ihnen persönlich sehr zugesetzt habe, ihrer tänzerischen Leistung aber keinen Abbruch tat. Nach der unfreiwilligen Pause hätten sie noch motivierter trainiert, als vorher schon. „Ohne unser Hobby hat uns in unserem Leben nämlich ein großer Teil gefehlt“, erklärte Kommandant Mirco Selbach. Das gilt wohl für die gesamten Karnevalsfreunde Bechen: Endlich können sie wieder richtig feiern und motiviert auch neue Wege gehen.

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