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RTL-SendungIsotec-Chef bei „Undercover Boss“

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Mütze, Bart, Brille und Nylon: In diesem Aufzug blieb Horst Becker unerkannt.

Kürten – Aus seinem Unvermögen macht Horst Becker keinen Hehl. „Ich bin technisch so etwas von unbeholfen“, sagt der Geschäftsführer der Firma Isotec. „Ich kann vor über 200 Architekten reden, aber bekomme den Putz nicht an die Wand.“ Trotzdem versuchte er handwerklich Fuß zu fassen. In der eigenen Firma für die RTL-Serie „Undercover Boss“.

„Das war eine tolle Zeit“, fasst Becker, gelernter Diplom-Betriebswirt, seine Erfahrungen zusammen. Ein Wirtschaftsjournalist hatte den Kürtener Unternehmer für die Serie ins Gespräch gebracht. „Ende Dezember wurde es dann konkret. Ich habe mich mit dem Geschäftsführer der Produktionsfirma getroffen.“ Dass er bei der Sendung mitmacht, war für ihn schnell klar. „Ich liebe Herausforderungen und mag es, meinen Horizont zu erweitern“, so Becker.

Im Januar folgte die Umsetzung. Becker bewarb sich als Harald Müller direkt auf den Baustellen, wo seine Firma eingesetzt wurde. Dabei wurde er von einem Drehteam begleitet. „Wir erzählten, es gehe um eine Serie mit dem Titel »Die zweite Chance«, wo sich ein Arbeitsloser über 50 um Arbeit bemüht“, erklärt Becker. Auf insgesamt sechs Baustellen sprach Becker vor. „Auf zweien wurde ich direkt erkannt“, sagt er. Bei den anderen arbeitete er mit. „Das war eine geile Erfahrung und ein tolles Erlebnis, das Unternehmen aus einer Perspektive kennenzulernen, sie ich so nicht kenne.“

Dass die Kamera mitlief, hatte er schnell vergessen. „Die verliert man beim Arbeiten aus dem Blick“, sagt Becker. Auch seine Mitarbeiter hätten sie bald nicht mehr bemerkt. „Das ist alles total authentisch, was da gefilmt worden ist“, ist er überzeugt. Das hat Becker auch am Ende seiner Arbeit gemerkt, als er erfahren wollte, ob er auf einen festen Job hoffen könne. „Hör mal, der Bau ist nichts für dich, such’ dir einen Bürojob“, wurde ihm gesagt, und noch eine ganz ehrliche Bemerkung musste er sich anhören: „So dämlich hat sich noch keiner angestellt.“

Nur auf einer Baustelle hatte er die Chance, genommen zu werden. „Das war auf der letzten, da hatte ich schon mehr Erfahrung“, sagt er mit einem Schmunzeln und fügt hinzu, dass dort die Anforderungen auch nicht so hoch gewesen seien.

„Da waren so viele Sachen, die ich gelernt und erlebt habe“, sagt Becker. Durch seine persönliche Erfahrung hat er sofort verschiedene Projekte angestoßen. So hat er erlebt, dass sich ein Arbeiter fragte, ob er in zehn Jahren noch fit genug für den Job sei und wenn nicht, was er dann machen solle. „Daraus ist die Idee der fachbereichsübergreifenden Karrieremöglichkeiten entstanden, denn wer kann besser über unsere Produkte reden und beraten als jemand, der selber in der Praxis gearbeitet hat?“, erklärt Becker. Ein anderer Mitarbeiter, „ein total netter Typ“, hatte nach persönlichen Schicksalsschlägen mehrere Ausbildungen abgebrochen und war depressiv geworden. „Dadurch entstand die Idee, eine Isotec-Stiftung für benachteiligte Jugendliche aufzulegen“, erzählt der Firmenchef.

Zudem hat er erlebt, dass nicht jeder, der ausgezeichnet arbeitet, auch gut erklären kann. „Das war mir nicht bewusst“, gesteht Becker, der nun für seine Firma ein Ausbilderkonzept ausarbeitet. Auf einer Baustelle beobachtete er, wie ein Mitarbeiter Arbeitsprotokolle ausfüllte. Auf die Frage, ob die überhaupt gelesen würden, bekam er nur ein Schulterzucken. Seine Erkenntnis: „Wenn sie keiner liest, dann brauchen wir sie wohl auch nicht.“

Für Becker waren die elf Drehtage auch die Möglichkeit, einmal in ein ganz anderes Lebensgefühl einzutauchen. „Ich bin mit einem alten Auto durch die Gegend gefahren und trug Klamotten mit hohem Polyesteranteil“, erzählt er. „Ich habe mich sogar unter Druck gefühlt, den Leuten zu zeigen, was ich drauf habe, um den Job zu gekommen.“ Für ihn war es aber auch wichtig, zu erfahren, wie seine Menschen auf ihn in dieser Rolle reagieren. Doch so groß war der Unterschied nicht. „Wie ich in den Wald hineinrufe, so schallt es heraus.“

Mit seinen Mitarbeitern ist der Firmenchef sehr zufrieden. „Ich war stolz auf meine Leute“, sagt Becker. „Ich fand es super, dass die so ehrlich waren.“ Doch einige von ihnen bekamen es ein wenig mit der Angst zu tun. „Als sie von der Produktionsfirma mit einer Limousine abgeholt wurden und hier nach Kürten auf das Firmengelände gefahren wurden und vermuteten, dass ich der Chef bin,“ erzählt Becker.

Schließlich sahen sich die Beteiligten die fertige Folge gemeinsam an. Dass er als „Undercover Boss“ bald im Fernsehen zu sehen sein wird, ist für Becker inzwischen vollkommen nebensächlich: „Die Sendung ist auch ohne Ausstrahlung eine Win-win-Situation für die gesamte Isotec-Gruppe und ihre Mitarbeiter.“