Interview zum Altenberger Literaturfestival„Die Kulisse strotzt vor Geschichte“

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Sema Wittgenstein und Denis Scheck

Odenthal – Der bekannte Buchkritiker und Autor Denis Scheck organisiert zusammen mit Literaturagentin Karin Graf das neue Festival „Literatur am Dom“, das vom 23. bis 26. Juni 2022 in Altenberg stattfindet. Finanziert wird das Festival vom „Förderverein Literatur am Dom“, dessen Vorsitzende Sema Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein ist, und der Volksbank Berg.

Ein neues Literaturfestival in Altenberg: Wie kommen Sie da ins Spiel?

Denis Scheck: Ich bin schon lange mit Sema und Hubertus zu Sayn-Wittgenstein befreundet. Und eines Tages fragte mich die Prinzessin, ob ich Lust hätte, ein Literaturfest zu machen. Da musste ich erstmal schlucken, so etwas ist ja Neuland für mich. Aber ganz schnell habe ich Feuer gefangen für die Idee.

Zur Person

Denis Scheck, Jahrgang 1964, ist als Literaturkritiker in Deutschland bekannt als provozierender Moderator des Büchermagazins „druckfrisch“ in der ARD, als Verfasser von Zeitungskolumnen, Herausgeber und aus Radiosendungen. Er hat sich zudem als Übersetzer angelsächsischer Autoren einen Namen gemacht. Bekannte eigene Bücher sind „Schecks Kanon der 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur“ oder „Schecks kulinarischer Kompass“. Ein Überraschungserfolg war zuletzt das Buch „Ein undogmatischer Hund“, das er mit seiner Frau Christina Schenk verfasste. Er lebt in Köln. (eck)

Warum?

Die Kulisse ist absolut hinreißend und strotzt vor Geschichte. Ich bin ein großer Fan des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV., des Romantikers auf dem Thron, dessen Vater wir den Wiederaufbau des Altenberger Doms verdanken. Er hat als Kronprinz übrigens ein Romanfragment geschrieben, „Die Königin von Borneo“, das habe ich mit großer Begeisterung gelesen. Es ist toll, dass wir das mit dem Schauspieler Dietmar Bär präsentieren können, sozusagen als historischen Regionalbezug.

Sie haben ein ambitioniertes Programm mit großen Namen auf die Beine gestellt, darunter sind die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, der Bestsellerautor Frank Schätzing, die deutsche Buchpreisträgerin Antje Rávik Strubel oder der Büchner-Preisträger Jürgen Becker.

Sehr geholfen hat mir Karin Graf, die seit vielen Jahren eine renommierte Literaturagentin ist und in der Szene noch besser verdrahtet ist als ich. Sie war übrigens gleich begeistert, als ich sie gefragt habe. Tatsächlich kommen die Autorinnen und Autoren extra für uns nach Altenberg, die sind nicht etwa sowieso auf Lesereise.

Gibt es so etwas wie einen roten Faden im Programm?

Es soll einfach die ganze großartige Vielfalt der Literatur erfassen. Nobelpreis und Unterhaltung schließen sich nicht aus. Wir haben Herta Müller und mit Jürgen Becker einen der wichtigsten Lyriker Deutschlands, der ja sozusagen der Local Hero ist, weil er in Odenthal lebt. Er eröffnet das Festival übrigens als Schirmherr, weil kurz vor seinem 90. Geburtstag am 10. Juli ein neuer Gedichtband von ihm erscheint.

Frank Schätzing kommt auch. Und Paul Maar.

Ich schätze Frank Schätzing sehr, weil er anspruchsvolle Wissenschaftsthemen in emotionale Geschichten verwandelt. Und Paul Maar und sein „Sams“ lieben alle. Hier liest er aus seinen Kindheitserinnerungen „Wie alles kam“. Stolz bin ich, dass Daniela Krien mit ihrem Roman „Der Brand“ dabei ist. Sie tritt so gut wie nie öffentlich auf. Und Mariana Leky schlägt dann wieder den Bogen in die Region, weil ihr Buch „Was man von hier aus sehen kann“ im Bergischen Land spielt.

Festival „Literatur am Dom“

Das Programm

Donnerstag, 23. Juni, 18 Uhr: Jürgen Becker; 19.30 Uhr: Frank Schätzing „Was, wenn wir einfach die Welt retten?“

Freitag, 24. Juni, 19 Uhr: Herta Müller „Der Beamte sagte“ und „Atemschaukel“; 22 Uhr Küchenparty und Lesung mit Dieter Müller

Samstag, 25. Juni, 15 Uhr: Paul Maar „Das Sams“ und „Wie alles kam“; 19 Uhr Mariana Leky „Was man von hier aus sehen kann“

Sonntag, 26. Juni, 15 Uhr: Paul Maar; 16.30 Uhr Dietmar Bär liest aus „Die Königin von Borneo“; 19 Uhr: Daniela Krien und Antje Ravik Strubel, „Der Brand“ und „Blaue Frau“; 22 Uhr Küchenparty mit Dieter Müller.

Tickets über die Website oder an der Rezeption des Hotels Altenberger Hof in Odenthal oder info@altenberger-hof.de

Werden die Veranstaltungen moderiert?

Ja. Das sind keine Wasserglaslesungen. Joachim Sartorius moderiert, Bettina Böttinger, Miryam Schellbach und ich auch.

Einen kulinarischen Höhepunkt gibt es obendrauf?

Ja, ich schreibe ja nicht nur über Bücher, sondern auch übers Essen, zum Beispiel Gastrokritiken oder in meinem Buch „Schecks kulinarischer Kompass“. Meine Großmutter war Köchin bei Theodor Heuss, sie wurde fast 100 Jahre alt und hat mir viele Koch-Tipps hinterlassen. So bin ich ein begeisterter Hobbykoch geworden.

In Altenberg kochen Sie aber nicht selbst?

Seit Jahren bin ich mit Dieter Müller befreundet, der ja immer noch in Odenthal lebt. Wir laden uns gelegentlich gegenseitig zum Essen ein. Er ist einer der Größten. An zwei Abenden bereitet er für Festival-Gäste ein kleines Menü zu in der Küche des Altenberger Hofs - ich habe übrigens noch nie eine so riesige Gastroküche gesehen! Er liest auch etwas aus seinen Lebenserinnerungen vor.

Geplant sind die Veranstaltungen Open Air. Wo genau sollen die Lesungen stattfinden?

Das kommt ein bisschen auf den Wetterbericht an. Schön wäre es im Kräutergarten vor dem Küchenhof, der ja den Sayn-Wittgensteins gehört. Auch der Altenberger Hof hat eine große Terrasse, und bei ganz stabilem Wetter kommt vielleicht sogar der Platz vor dem Dom in Frage. Wir haben deshalb noch nicht alle Karten in den Verkauf gegeben.

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Wird „Literatur am Dom“ eine Eintagsfliege sein?

Wenn es nach uns geht, auf keinen Fall. Das Festival soll wachsen. Der Termin fürs nächste Jahr steht schon fest. Wieder im Juni, aber ein bisschen früher vor den Ferien.

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