Einsamer FroschkönigAltenberger Märchenwald hofft ab Ostern wieder öffnen zu dürfen

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Marcel Kreber an einem der verwaisten Häuschen im Märchenwald.

Marcel Kreber an einem der verwaisten Häuschen im Märchenwald.

Odenthal – Da macht der Froschkönig große Augen: Die Prinzessin am Brunnen ist nackt. Das liegt nicht an fehlendem Schamgefühl, sondern am Sinn für Hygiene: Die besucherarmen Wintermonate werden im Märchenwald Altenberg stets für das große Reinemachen und Reparaturen genutzt, Kostüme der Märchenfiguren wandern in die Reinigung. In diesem Jahr kann sich – außer dem Froschkönig – niemand an der Hüllenlosigkeit stören: Der Märchenwald ist coronabedingt seit Mitte Dezember geschlossen.

Die Pumpen der Wasserorgel, einer der Attraktionen des Märchenwald, müssen auch im Stillstand gewartet werden.

Die Pumpen der Wasserorgel, einer der Attraktionen des Märchenwald, müssen auch im Stillstand gewartet werden.

„Wir hoffen auf das Ostergeschäft“, sagt Marcel Kreber, der den Freizeitpark führt. Er ist gerade damit beschäftigt, die berühmten Wasserspiele neu zu programmieren. Die verschleißintensive Anlage hat gerade eine neue Pumpe erhalten und nun muss die Musik so eingespielt werden, dass jede der insgesamt 16 Pumpen sekundengenau im richtigen Moment angesteuert wird.

Auch am Pavillon fehlen die Besucher. Seit Dezember hat die Freizeitanlage in Altenberg geschlossen.

Auch am Pavillon fehlen die Besucher. Seit Dezember hat die Freizeitanlage in Altenberg geschlossen.

Eine zeitintensive Arbeit: „Es dauert etwa zehn Stunden, um ein Lied von sechseinhalb Minuten zu programmieren“, sagt Kreber, der bei der Titelauswahl auf Bewährtes setzt. „Wir spielen klassische Musik. Pop wird es auch in Zukunft nicht geben“, sagt er. „Aber vielleicht mal das eine oder andere Special in der Woche.“

Die Serie

Einige Unternehmen haben schon seit März verordnete Pause, andere mussten jetzt schließen. Was passiert, wenn alles stillsteht? Dort, wo sonst das Leben pulsiert? In der Serie „Einsam wacht“ blickt die Lokalredaktion hinter die Kulissen.

Zu gewagte Experimente, das weiß Kreber, der im Familienbetrieb groß geworden ist, aus Erfahrung, kommen bei den Besuchern nicht so gut an. Noch immer ist er erstaunt darüber, wie groß der Protest war, als sich einmal Schneewittchen und ihr Prinz in der Fünften Jahreszeit im Karnevalsornat präsentierten. Und so wird auch die Prinzessin mit der goldenen Kugel bald wieder vorschriftsmäßig und vor allem festlich gekleidet sein, kann man doch hier in märchenhaftem Umfeld auch standesamtlich heiraten.

Auch im Restaurant, das vor kurzem auf Selbstbedienung umgestellt wurde, stehen noch kleinere Reparaturen an, und im weitläufigen Märchenwald gibt es ohnehin immer viel zu tun. „Für mich ist es ganz ungewohnt, sieben Tage am Stück frei zu haben“, sagt Kreber.

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Im Herbst haben er und seine Mitarbeiter anderthalb Kilometer Leuchtschläuche an den Wegen befestigt. Sie waren für das Wintergeschäft vorgesehen und sollten den Park auch nach Einbruch der Dunkelheit idyllisch erleuchten. „Das sieht fantastisch aus“, schwärmt Kreber. Doch außer ihm hat noch kein Besucher die Attraktion bestaunen können. Pünktlich zur Fertigstellung kam der Lockdown.

Bis zum Frühling sollen auch die Heinzelmännchen wieder auf Hochglanz poliert sein. Die Holzfiguren machen viel Arbeit und haben offenbar erfolgreich verdrängt, dass sie eigentlich dafür zuständig sein sollten, Marcel Kreber über Nacht alle Arbeiten abzunehmen. Aber solch paradiesische Zustände gibt es eben nur im Märchen.

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