Podiumsgespräch„Vielleicht steht hier bald ein Roboter, der im Gottesdienst predigt“

Der humanoide Roboter „Pepper“ soll sogar Emotionen erkennen.
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Odenthal – Ein Büchertisch im Martin-Luther-Haus in Altenberg: Sofort fällt ein Buchtitel ins Auge: „Die kreative Macht der Maschinen“ von Holger Volland, mit Vermeers „Mädchen mit dem Perlenohrring“ als Titelbild – es ist mit seinem tiefen Blick in die Seele des Gegenübers das Pendant zum Thema, auch des Podiumsgesprächs „Der barmherzige Roboter – Künstliche Intelligenz: Fluch oder Segen?“. Zum Altenberger Forum Kirche und Politik hat der Ökumeneausschuss des Rheinisch Bergischen Kreises eingeladen.
„Ich bin ein Mensch, aber in Zukunft steht hier ein Roboter, der vielleicht auch im Gottesdienst predigt“, sinniert Moderator Wolfgang Mayer von WDR 5 und schafft mit recht launigen Schilderungen den Einstieg in das Thema. „Essen gehen ohne Koch, einkaufen ohne Person an der Kasse, autonome Autos – das gibt es schon. Die Zukunft hat längst begonnen.“
Roboter in 20 Prozent der Berufsbilder
Und was diese bedeutet, stellt der Kölner Innovationsstratege und Investor Christopher Peterke mit atemberaubenden Fakten dar: „Ein Teil der Informatik setzt Muster in Form von Handlungen und Empfehlungen um – Siri, Gesichtserkennungsprogramme.“ Was so harmlos klingt, sei aber schon Wirklichkeit: Auf der Medizin-Fachmesse medica in Düsseldorf beispielsweise sei ein Roboter im Krankenzimmer vorgestellt worden.
Peterke blickt in die nahe Zukunft: 20 Prozent der Berufsbilder werden durch intelligente Programme ersetzt: Finanzwesen, Versicherungen. „Auch Ärzte, Anwälte, Programmierer, Designer werden unter der Aufsicht von Robotern arbeiten, deutlich besser als heute“, stellt der Experte eindrücklich dar. Der hybride Transhumane sei schon Realität: Herzschrittmacher, Smartphone als technische Organe.
Peterke fordert einen Neustart
Und wo bleibt der Mensch? „Unsere Aufgabe ist es heute, ethisch das menschliche Sein zu bestimmen“, stellt er in den Raum. „Die Aufgabe der Kirche sei es, den Menschen neu zu entdecken, ein neues Tempo zu entwickeln, ein Miteinander zu gestalten in Entschlossenheit, mit dem Mut, aus der Selbstzerstörung heraus zu kommen.“ Konkret fordert er einen Neustart, jetzt die ethische Moral in den Algorithmen der Künstlichen Intelligenz einzurichten.

Referenten aus der Region traten beim Forum Kirche und Politik im Martin-Luther-Haus auf.
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Und er warnt vor den Entwicklungen aus dem Fernen Osten: China sei mit der Entwicklung künstlicher Intelligenzen schon weit fortgeschritten.
Nach dieser beängstigenden Darstellung der Zukunft wirkt der anschließende Vortrag des Innovations- und Zukunftsforschers Prof. Axel Zweck zu Anfang geradezu beschwichtigend. „Von jeher ist es der Wunsch des Menschen, künstliche ebenbürtige Maschinenwesen zu schaffen“ liest man auf der Multivisionswand, die Feststellung ist bebildert mit der colorierten Zeichnung eines „Schachtürken“ , einem 1769 gebauten vorgeblichen Schachroboter, in dem sich aber doch ein Mensch verbarg. Im Verbund mit anderen Wissenschaftlern und großen Unternehmen vom Autobauer bis zu Versicherungen betreibt er Zukunftsforschung – auf dem langen Weg zur etablierten Disziplin.
Das sagt Dr. Vogelsang zu den neuen Technologien
„Die Theologie kann dann eine Sprache bereitstellen, die wirklichkeitserschließende Kraft hat“, setzt Dr. Frank Vogelsang, Direktor der evangelischen Akademie im Rheinland, als Kontrapunkt zu der dynamischen Entwicklung künstlicher Intelligenzen. „Diese Sprache muss sich auch im Alltag bewähren. Dann kann sie zu neuen Einsichten führt, ohne die Erfolge und Errungenschaften der Naturwissenschaften zu verneinen.“
Alle Beiträge lieferten Stoff zum Diskutieren und Hinterfragen beim Publikum. Ein Beweis dafür, dass sich heutige Generationen intensiv mit den Zukunftsfragen auseinander setzen und nicht in Schreckstarre verharren sollten.