Ex-KreisbrandmeisterEin Einsatz bleibt Rhein-Berg-Feuerwehrchef immer in Erinnerung

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Wolfgang Weiden wird verabschiedet.

Rhein-Berg – „Ein Einsatz hat mein ganzes Leben geprägt“, sagt der Mann, der seinerseits Rhein-Bergs Feuerwehren über Jahrzehnte geprägt hat. Wolfgang Weiden, der an diesem Wochenende auch offiziell als Kreisbrandmeister verabschiedet wird, wird still, wenn er an jenen 21. Februar des Jahres 1980 denkt.

Damals dachte er noch nicht daran, einmal in leitender Funktion im Kreis tätig zu werden. „Ich war damals Oberfeuerwehrmann und wie alle anderen Feuerwehrleute auch bei jenem verheerenden Brand in der Thomas-Morus-Akademie im Einsatz.“ Anders als viele seiner Kollege war Weiden damals unterdessen in jenem Feuerwehrangriffstrupp, der einen der beiden bei dem Großbrand ums Leben gekommenen Kollegen im Dachgeschoss des Gebäudes fand.

Psychosoziale Unterstützung gab es nicht

„So ein Einsatz bleibt einem minutiös in Erinnerung und hat mich zeitlebens erinnert, die Einsatzkräfte immer besonders im Blick zu halten“, sagt der 64-Jährige. „Heute würde man solche Einsatzkräfte natürlich sofort rausnehmen, aber eine psychosoziale Unterstützung wie heute gab es damals nicht.“

51 Jahre lang stand Wolfgang Weiden in Diensten der Feuerwehr (siehe „Zur Person), seit 1999 war er Kreisbrandmeister, und hat in dieser Zeit tiefgreifende Veränderungen erlebt – und mit gestaltet. Dass Kommunalpolitiker wie noch vor zwei Jahrzehnten ein zu beschaffendes neues Feuerwehrfahrzeug oder Gerätehaus als „Spielzeug“ der Einsatzkräfte abtäten, ist heute kaum mehr vorstellbar. „Da hat sich eine Menge getan. Heute ist eigentlich allen klar, dass die Freiwilligen Feuerwehren eine Pflichtaufgabe für die Städte und Gemeinden erfüllen, die die Kommunen ohne dieses ehrenamtliche Engagement deutlich teurer zu stehen käme“, sagt Weiden.

Machtwort bei Brandschutzbedarfsplan in Odenthal

Das gewachsene Verständnis für den Brandschutz heißt aber nicht, dass auch Weiden in seiner Amtszeit ab und an ein deutliches Wort sprechen musste. So etwa, als in der Gemeinde Odenthal der Brandschutzbedarfsplan über Jahre weiße Flächen etwa in Eikamp und Voiswinkel aufwies. Dass in beiden Orten heute Feuerwehrhäuser und entsprechende Einheiten existieren, ist zu einem guten Teil auch seiner Intervention zu verdanken. „Wenn eins nicht geht, dann ist es, ein Problem in der Gefahrenabwehr politisch wegzulächeln“, sagt Weiden.

Das ist Wolfgang Weiden

Zur Person

Als 13-Jähriger trat der Bergisch Gladbacher Wolfgang Weiden 1971 in die Jugendfeuerwehr ein, war später Mitglied im Löschzug Paffrath/Hand. Beim „Verband der Sachversicherer“ machte er 1984 seine Leidenschaft zum Beruf, wurde Leiter der Laborabteilung für Wasserlöschanlagen.

1999 wurde er zum ersten Mal zum Kreisbrandmeister des Rheinisch-Bergischen Kreises bestellt, seitdem immer wieder bestätigt, bis er im März 2022 aus eigenem Antrieb das Amt abgab. Von seinem Arbeitgeber war Weiden zuletzt zu 80 Prozent zum Kreis abgeordnet.

Sein Nachfolger Martin Müller-Saidowski steht zu 100 Prozent in Diensten des Kreises. „Das war mir auch sehr wichtig, weil sich so eine Aufgabe angesichts der gestiegenen Anforderungen sonst gar nicht mehr machen lässt“, sagt Wolfgang Weiden. (wg)

Der Schulterschluss und Austausch der Feuerwehren im Kreis untereinander war Weiden als Kreisbrandmeister stets ein Anliegen. So rief er unter anderem vor 18 Jahren eine Arbeitsgruppe der Leiter der Freiwilligen Feuerwehren der Kommunen ins Leben. „Ein Rahmen, in dem wir sehr offen auch über Probleme sprechen und uns austauschen“, so Weiden. „Auch von den Erfahrungen der anderen zu profitieren, hilft am Ende allen.“

Gemeinde Kürten hat nun auch eine eigene Drehleiter

Ein auch bei Einsätzen sichtbarer Erfolg der Netzwerkarbeit, die Weiden auch im Regierungsbezirk betrieb: Mit der Gemeinde Kürten sei nun auch die letzte Kommune im Kreis in der Beschaffung einer eigenen Drehleiter.

Damit sind die Zeiten bald endgültig passé, in denen sich etwa die Burscheider Drehleiter auf dem Weg zu einem Einsatz in Odenthal wegen fehlender Ortskenntnis verfuhr, oder zu einem Einsatz in Overath sogar eine Drehleiter aus dem oberbergischen Wipperfürth geholt werden musste, weil die beiden Gladbacher Drehleitern gerade selbst in Einsätzen waren.

Erinnerung an Brand von Bensberger Akademie

Nicht nur in seinem eigenen Leben waren es Katastrophen wie die Erfahrung des Bensberger Thomas-Morus-Akademie-Brandes, die Wolfgang Weiden nachhaltig beeinflussten. In Weidens Zeit als Kreisbrandmeister veränderte die Sicherheitsdiskussion nach dem Terroranschlag aufs World Trade Center von 2001 ebenso nachhaltig die Aufstellung des Katastrophenschutzes und der Feuerwehranforderungen wie jüngst die Starkregenflut vom Juli 2021.

Dass ein Kreisbrandmeister schweren Herzens die Sirenen nicht auslöst, weil er in der Nacht keine Möglichkeit sieht, der Bevölkerung weitergehende Informationen zukommen zu lassen, weil er beispielsweise keinen Zugriff auf die Rundfunksender hat, soll es so nicht mehr geben. „Nun wird die Einsprecheinrichtung bei Radio Berg für die Leitstelle kommen“, sagt Weiden, „das machen wir mit dem Oberbergischen Kreis gemeinsam.“ Auch seien die hydrologischen Prognosen und die Kontakte zu den Wasserverbänden nach der Flutkatastrophe vom vergangenen Jahr deutlich verbessert worden, begrüßt Weiden verbesserte Möglichkeiten der Einschätzung und Vorbereitung. „Wenn das Wasser schon da ist, ist es schließlich zu spät.“

Rhein-Berg: Umzug der Leitstelle prägten Kreisbrandmeister

Auch der Umzug der Leitstelle in den ursprünglich als Interimslösung geplanten Neubau am Kreishaus, prägte Weiden als Kreisbrandmeister ebenso wie die Brandschutzbedarfsplanung in den Kommunen.

Dass mal das Impfen mit zur Gefahrenabwehr der Feuerwehr gezählt würde und die Retter eigene Impf-Drive-Ins wie in Bergisch Gladbach und Overath einrichten und betreiben würden, hätte er sich unterdessen zu Beginn seiner Zeit als Kreisbrandmeister wohl auch nicht träumen lassen. Ebenso die Möglichkeiten, die der Einsatz von Drohnen heute bietet, um etwa in Rauchgase zu fliegen und sich einen Überblick über gefährliche Einsatzstellen zu verschaffen.

Feuerwehr sollte nicht über Gebühr Aufgaben erledigen

Dabei sah Weiden als Kreisbrandmeister stets zu, dass die Feuerwehr nicht über Gebühr für Aufgaben herangezogen wurde, die eigentlich in die Verantwortung anderer Stellen fiel. So wurden etwa Straßenbaulastträger stärker bei der Beseitigung von Ölspuren in die Pflicht genommen, und Weiden steuerte auch bei den rapide zunehmenden Unterstützungseinsätzen zur Tragehilfe im Rettungsdienst entgegen.

Einerseits gehe es darum, dass sich die Ehrenamtler nicht den Rücken kaputt machen, andererseits müsse man auch immer die Arbeitgeber im Blick halten, die ihre Mitarbeitenden für Einsätze freistellen müssen, so Weiden. Seinem Nachfolger hat Weiden nicht nur die gerade angelaufene Katastrophenschutzbedarfsplanung übergeben, sondern auch die Wertschätzung jeder einzelnen Feuerwehreinheit im Kreis.

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Nun genießt Weiden ein „bisschen ruhigeres Fahrwasser“, wie er sagt. Zeit mit der Familie, zwei Kindern, drei Enkeln und Reisen mit seiner Frau Ute. „Ohne die“, das weiß auch und gerade der langjährige oberste Feuerwehrmann im Kreis, „hätte ich das alles nie machen können.“

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