Autozulieferer in OverathFirma Scharrenbroich stellt Betrieb ein

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  • Fast 100 Jahre lang belieferte die Firma Scharrenbroich Automobilhersteller mit Bauteilen.
  • Die Firma steckt seit Jahren in finanziellen Schwierigkeiten. Nun stellt Scharrenbroich den Betrieb ein.
  • Für die Mitarbeiter, die nun ihre Jobs verlieren, wurde ein Sozialplan erstellt.
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Overath – Über Jahrzehnte hat der Overather Automobilzulieferer Scharrenbroich den Namen der Aggerstadt in die Welt getragen. 1925 von Karl Scharrenbroich gegründet, produzieren knapp hundert Mitarbeiter an zwei Standorten im Ortskern und in Vilkerath. Doch zum Jahresende ist Schluss: Das Unternehmen stellt den Betrieb ein. Ein rettender Investor war nicht mehr zu finden.

Seit Jahren in Schwierigkeiten

Insolvenzverwalter Klaus Siemon zufolge steckt die Firma Scharrenbroich seit Jahren in Schwierigkeiten. 2018 übernahm der kanadische Investor Pangeo das Familienunternehmen, konnte es aber auch nicht mehr retten. Siemon: „Der Investor hat mindestens sieben Millionen Euro verloren.“ Danach ging die Firma in die Insolvenz. Siemon: „Ich habe den Geschäftsbetrieb fortgeführt und weltweit nach einem neuen Investor gesucht“ – jedoch vergeblich, so dass nun zum ausproduziert und zum 31. Dezember der Geschäftsbetrieb eingestellt wird. Für die rund 90 Mitarbeiter wurde laut Siemon ein Sozialplan erstellt und eine Transfergesellschaft gegründet, in der sie für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden.

Das klingt einfacher als es für manch einen Betroffenen ist. Der langjährige Betriebsratsvorsitzende Jesus del Olmo will sich zunächst nicht äußern, aber Gewerkschafter Wolfgang Rasten von der IG Metall Köln–Leverkusen sagt: „Es ist tragisch. Manche der Beschäftigten haben schon seit 30 oder sogar 40 Jahren dort gearbeitet.“ Scharrenbroich sei ein hundertprozentiger Automobilzulieferer, womit die großen Marken entscheiden, ob und wie es dort weitergehe. Rasten: „Ein Investor steigt nur ein, wenn er auch weiß, dass er seine Produkte los wird.“

Mitarbeiter schreiben schon Bewerbungen

Betriebsratsvorsitzender Jesus del Olmo (56) ist seit 30 Jahren für Scharrenbroich tätig. „Ich hatte schon langsam angefangen, an die Rente zu denken.“ Für sich persönlich macht er das beste aus der Krise, will jetzt noch einmal beruflich durchstarten. Und die „Kollegen sind damit beschäftigt, Bewerbungen zu schreiben“. Allerdings gebe es Ungelernte, die es wohl schwerer haben werden.

Mit dem Ende des Familienunternehmens zu kämpfen hat auch der Enkel des Gründers, Marcus Scharrenbroich. Er hat sich von der Firma Mitte 2018 getrennt. Seither hat er wirtschaftlich nichts mehr mit ihr zu tun und möchte sich zu den wirtschaftlichen Aspekten auch nicht äußern. Ob die Trennung für ihn erleichternd gewesen sei? „Erleichternd nicht. Der Verkauf war der richtige Schritt, um das Unternehmen nachhaltig aufzustellen. Aber ich bin traurig, dass es jetzt dieses Ende genommen hat. Es betrifft Menschen, mit denen ich 20, 30 Jahre zusammengearbeitet habe. Ein solches Ende habe ich mir weder gewünscht noch vorgestellt.“

Starker Verdrängungswettbewerb

Insolvenzverwalter Siemon benennt erhebliche Defizite als ursächlich für das endgültige Aus. „Wenn Sie über Jahre ein bis zwei Millionen Euro verlieren, sind Sie irgendwann pleite. Das ist einfach so.“ Der Verdrängungswettbewerb in der Branche sei stark. „Wir haben alles versucht, aber in einer Insolvenz können Sie eine Investition im zweistelligen Millionenbereich, die nötig geworden wäre, nicht mehr stemmen.“

Aus Sicht der Agentur für Arbeit brauchen sich die Mitarbeiter von Scharrenbroich keine Sorgen zu machen – sofern sie sich nach dem Schock über den Verlust ihres Arbeitsplatzes flexibel genug zeigen. Rund 30 Prozent der Betroffenen seien über 50, aber es handele sich um lauter Fachkräfte. „Gute Leute werden immer gesucht“, sagt Sprecherin Regina Wallau. Auch für die Stadt Overath sei der Verlust der Arbeitsplätze nicht so gravierend, das viele der Beschäftigten gar nicht in der Stadt wohnten, sondern aus Bonn, Lohmar, dem Oberbergischen Kreis oder Köln einpendelten.

Noch offen ist, was aus den Immobilien wird. Hinsichtlich des Produktionsstandorts zwischen dem Bahnhof und dem in diesem Jahrzehnt neu erschlossenen Wohngebiet „Overather Auenbogen“ hoffen Planer und Politiker im Rathaus seit Jahren darauf, ihn irgendwann einmal für weitere Wohnbebauung nutzen zu können. Die zentrumsnahe Platz wäre für älter werdende Menschen ideal. Ob das klappt, ist allerdings noch unklar. Nach den Worten von Bürgermeister Jörg Weigt (SPD) hat die Stadt kein Vorkaufrecht, sondern ist nur ein Interessent unter mehreren.

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