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60 Jahre PartnerschaftVilkerather Freundschaft im Schatten der Schlachtfelder von Verdun

Lesezeit 3 Minuten
Französischen Feuerwehrleute sind zu einem Appell angetreten anlässlich einer Amtsübergabe.

Bei einer Amtsübergabe der Feuerwehr in Dieue sur Meuse war die Feuerwehr aus Overath-Vilkerath (h.r.) jetzt ein besonderer Ehrengast.

Was ein Weltpfadfindertreffen mit einem Vortrag von Overathern über „Schinken“ und einer 60 Jahre alten Freundschaft mit Frankreich zu tun hat.

Auf einer Kreidler Florett – dem „Traum jeden jungen Mannes“ der damaligen Zeit – trat Helmut Breit vor 60 Jahren mit einem Freund die erste Reise in das kleine Dorf bei den Schlachtfeldern von Verdun an. Damals ahnte nicht, dass er und seine Freunde den Grundstein für eine außergewöhnliche, auch sechs Jahrzehnte später noch bestehende Freundschaft legen. Die Verbindung von Vilkerath in den kleinen Ort Dieue sur Meuse lebte Völkerverständigung in einer Zeit, da man in Frankreich noch ganz im Schatten des von Deutschland begonnenen Zweiten Weltkriegs stand.

Zwei Pfadfinder stehen mit einer Frau und einem Kind vor Häusern.

Aus einem Pfadfinderbesuch von Overathern im Jahr 1963 entstand eine Freundschaft zwischen Vilkerath und Dieue sur Meuse, die Helmut Breit (links im Bild) auch mit der Feuerwehr bis heute pflegt.

„Als wir ankamen, haben sie eine Frau gerufen, die deutsch konnte“, erinnert sich Helmut Breit. „Das Erste, was sie sagte, war: Ich wollte nie wieder deutsch sprechen, aber jetzt muss ich ja wohl.“ Die Kinder der Frau wurden Helmut Breit zu Freunden, die Kinder des Schwagers trafen erst am vergangenen Wochenende bei einer Amtsübergabe der Örtliche Feuerwehr .

Verwechslung führte zu amüsanter Ankündigung der deutschen Gäste

Dabei hatte der erste Besuch vor 60 Jahren noch für großes Aufsehen gesorgt – und für verbindendes Lachen über ein amüsantes sprachliches Missverständnis. „Vor unserem ersten Besuch stand damals in den französischen Zeitungen, dass eine Gruppe deutscher Pfadfinder komme, die einen Vortrag über Schinken halte“, erinnert sich Helmut Breit grinsend. Schinken? „Auf Französisch heißt das „Jambon“, wir wollten aber eigentlich einen Vortrag über das „Jamboree“, das Weltpfadfindertreffen halten, auf dem einige von uns zuvor gewesen waren und das uns eigentlich mit den Franzosen zusammen gebracht hatte“, erinnert sich der 75-jährige Helmut Breit.

Französische und deutsche Feuerwehrleute stehen um einen Platz.

Bei der Amtsübergabe der Feuerwehr von Dieue sur Meuse war auch ein Abordnung der Freiwilligen Feuerwehr Vilkerath zugegen.

Zusammen mit drei anderen Pfadfindern war der Vilkerather nämlich im selben Jahr 1963 im griechischen Marathon beim dortigen Weltpfadfindertreffen gewesen. Sein Mitpfadfinder Helmut Stupp habe damals keinen Platz mehr in dem Käfer bekommen, der von Vilkerath aus nach Griechenland gefahren war, und sich stattdessen über die internationale Pfadfinderzentrale um einen Austauschpfadfinder bemüht. Und der kam dann aus eben jenem Dorf Dieue sur Meuse.

Unser Vortrag hatte natürlich nichts mit Schinken zu tun.
Helmut Breit aus Overath-Vilkerath zur kuriosen Verwechslung bei der Ankündigung seines ersten Besuchs vor 60 Jahren.

Aus diesem französischen Örtchen hatte gar keiner der Pfadfinder zum Weltpfadfindertreffen fahren können. Und so war das Interesse an Bildern von dem „Jamboree“ in Griechenland so groß, dass die Overather anboten, in das französische Dorf zu fahren und einen Dia-Vortrag über das Weltpfadfindertreffen zu halten. „Das hatte natürlich nichts mit Schinken zu tun,“ sagt Breit lächelnd.

Französische Feuerwehrleute sind mit einer Fahne angetreten.

Fahnenappell: Mit großem Zeremoniell wurde der Leiter der Feuerwehreinheit von Dieue sur Meuse verabschiedet. Die Vilkerather waren sehr beeindurckt.

Die Basis für eine jahrzehntelange Freundschaft hat der Vortrag allemal gelegt. „Seitdem bin ich jedes Jahr dorthin gefahren“, erinner t sich Helmut Breit. Bald gab es auch Gegenbesuche. Und vor 39 Jahren den ersten privat organisierten Besuch der Löschgruppe Vilkerath, deren Gruppenführer Helmut Breit zeitweise war.

Anders als bei uns, wo eine Dankes- und eine Ernennungsurkunde überreicht wird, trat da eine Fahnenabordnung auf, wurde die Nationalhymne gespielt und die Zeremonie von Trompetensignalen begleitet.
Helmut Breit aus Overath-Vilkerath zur Zeremonie, der er und seine Feuerwehrkameraden jetzt im französischen Dieue sur Meuse beiwohnten.

Mit sechs Feuerwehrkameraden war der mittlerweile der Ehrenabteilung angehörende Breit auch am Wochenende wieder in Dieu sur Meuse – zur Verabschiedung des dortigen Feuerwehrgruppenführers Marc Humbert und der Ernennung seines Nachfolgers, Dominique Humbert.

„Eine großartige Zeremonie“, sagt Breit. „Anders als bei uns, wo eine Dankes- und eine Ernennungsurkunde überreicht wird, trat da eine Fahnenabordnung auf, wurde die Nationalhymne gespielt und die Zeremonie von Trompetensignalen begleitet“, so Breit.

Feuerwehrleute aus Overath stehen mit ihren Gastgebern vor Feuerwehrfahrzeugen in Dieue sur Meuse.

Feuerwehrleute aus Overath mit ihren Gastgebern in Dieue sur Meuse.

Natürlich stand auch wieder ein Besuch der Gedenkorte an den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs an – die für Vilkerath und Dieu sur Meuse allerdings längst mehr Verbindendes als Trennendes haben. 1995 ist Helmut Breit sogar mit einer hohen Auszeichnung für die Versöhnung der beiden Völker geehrt worden. Schließlich war die von ihm initiierte und mit immer neuem Leben gefüllte Freundschaft die einzige Feuerwehrpartnerschaft außerhalb einer offiziellen Städtepartnerschaft.

Und der nächste Besuch der französischen Partner steht auch bereits fest: „Sie kommen natürlich zum Vilkerather Erntefest im Oktober“, sagt Helmut Breit – und strahlt.