Kritik der VerwaltungOverather CDU und FDP wollen mehr Gnade bei Schwarzbauten

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Um dieses Haus in Kürten wurde lange gestritten: Es wurde letztlich nicht als Schwarzbau bewertet. Overather Politiker wollen bei der Bewertung solcher Immobilien mitsprechen.

Um dieses Haus in Kürten wurde lange gestritten: Es wurde letztlich nicht als Schwarzbau bewertet. Overather Politiker wollen bei der Bewertung solcher Immobilien mitsprechen.

  • In Overath wollen CDU und FDP Baurechtsverstöße künftig so weit wie möglich nachträglich legalisieren.
  • Die Politiker wollen mehr mitbestimmen: Im Einzelfall soll so der Stadtrat statt der Verwaltung entscheiden.
  • Die Verwaltung übt scharfe Kritik und pocht auf die Rechtslagen, denn fraglich ist, ob das Vorgehen überhaupt rechtens ist.

Overath – In Overath wollen CDU und FDP Baurechtsverstöße künftig so weit wie möglich nachträglich legalisieren. Statt der Beamten im Bauordnungsamt sollen im Einzelfall künftig die Politiker im Stadtrat entscheiden. Die Ratsfraktionen der beiden bürgerlichen Parteien begründen ihr Vorhaben mit „massiv steigenden Baukosten“ und der Debatte um „umweltverträglichen und nachhaltigen Städtebau“.

Ungeachtet der von dem neuen Bau-Beigeordneten Thorsten Steinwartz (CDU) vorgebrachten Einwände setzten sich im Bauausschuss CDU und FDP gegen SPD, Grüne und BfO durch. Die Ausschussempfehlung muss aber noch durch den Stadtrat bestätigt werden.

Stadt soll künftig Besitzern von Schwarzbauten stärker helfen

Nach der Beschlussempfehlung soll die Stadt künftig nach allen Regeln der Kunst versuchen, den Schwarzbau-Besitzern und -Bewohnern zu helfen. „Die Verwaltung hat grundsätzlich alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Erhalt von Wohnraum sicherzustellen“, heißt es im Antrag. „Der behördliche Ermessensgebrauch ist so weit wie möglich zu gestalten.“ Wo die Verwaltung dennoch Nutzungsuntersagungen oder Beseitigungsanordnungen plane, habe sie den Rat vorher in Kenntnis zu setzen und ihn über Möglichkeiten zur Legalisierung zu unterrichten. Für solche Fälle soll sich der Rat die Entscheidung vorbehalten.

Dagegen hatte Jurist Steinwartz in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die Verwaltung selbstverständlich alle Möglichkeiten ausschöpfen wolle, um Wohnraum zu erhalten. Doch sei der „gemeindliche städtebauliche Wille“ nicht völlig frei, sondern unterliege ebenfalls dem geltenden Baurecht, sodass ihm Grenzen gesetzt sind. Aktuell habe die Stadt Overath bereits 22 Innen- und zwei Außenbereichssatzungen erlassen. Zudem könne eine Satzung nur bestimmte Verstöße legalisieren. Es gebe aber keine Möglichkeit, im Außenbereich mehr als zwei Wohnungen zu genehmigen.

Steinwartz gab den Ratsmitgliedern überdies eine Lektion in Sachen Kompetenzstruktur für das Baurecht: „Wenn das Bauordnungsamt seine Aufgabe als Bauaufsicht wahrnimmt, hat es das bestehende Planungsrecht so zu respektieren, wie es besteht, nicht aber solches zu schaffen.“ Das Bauordnungsamt fungiere als untere staatliche Bauaufsichtsbehörde und unterliege insoweit der Sonderaufsicht durch die Obere und Oberste Bauaufsichtsbehörde.

Überschreiten die Lokalpolitiker ihre Möglichkeiten?

Mit anderen Worten: Nicht lokaler politischer Wille steuert die lokalen Bau-Ordnungshüter, sondern die Vorgaben des Landes – ähnlich wie bei der Polizei, die der Landrat, obwohl Polizeichef, ja auch nicht nach Lust und Laune der Kreistagsmehrheit einsetzen kann.

Steinwartz machte zudem klar, dass das Amt verpflichtet sei, Hinweisen nachzugehen. Das Bauordnungsamt führe eigene Kontrollen durch und Kontrollen aufgrund nachbarlicher Beschwerden oder laufender Gerichtsverfahren. Die Arbeit falle als „Geschäft der laufenden Verwaltung“ in die Kompetenz des Bürgermeisters. Das „Rückholrecht“ des Rates habe Ausnahmecharakter.

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Steinwartz: „Es darf insbesondere nicht dazu führen, dass komplette Sachbereiche, die als Geschäfte der laufenden Verwaltung zu qualifizieren sind, zu Beratungs-und Entscheidungsgegenständen des Rats gemacht werden.“

Gleichwohl schlage die Verwaltung vor, dass sie den Ausschuss in regelmäßigen Abständen über besondere Fallkonstellationen informiere. Trotz der zahlreichen juristischen Hinweise setzten CDU und FDP nach einer Sitzungsunterbrechung im Kulturbahnhof ihren Vorschlag, zunächst befristet auf ein halbes Jahr, durch.

Bürgermeister Jörg Weigt (SPD), der an der Sitzung ebenfalls teilgenommen hatte, bescheinigte seinem neuen Bau-Beigeordneten hinterher, für den Ausschuss eine „hervorragende Vorlage“ verfasst zu haben. Er hoffe nun, dass im Rat die Mehrheit doch noch auf den von ihr ins Amt gewählten neuen Beigeordneten hört.

Stadt will Stichtagsregelung übernehmen

Die Stichtagsregelung des Rheinisch-Bergischen Kreises in Bezug auf Schwarzbauten aus der Nachkriegszeit will die Stadt Overath übernehmen. Diesem Vorschlag der Stadtverwaltung gab der Bauausschuss einstimmig grünes Licht.

Der Kreis war im Zusammenhang mit einem Fall aus Kürten, bei dem er die betagte Eigentümerin eines bereits in der NS-Zeit errichteten Schwarzbaus zwingen wollte, ihr Häuschen wieder abzureißen, vom Oberverwaltungsgericht Münster gerüffelt worden. Nach einem entsprechenden Fingerzeig der Münsteraner Oberrichter legte der Kreis den 1. Januar 1960 als Stichtag fest: Schwarzbauten, die vor diesem Datum errichtet wurden, bekommen Bestandschutz, wenn sie seither nicht mehr verändert wurden.

In die Landesbauordnung wurde die Stichtagsregelung nach Angaben des neuen Overather Bau-Beigeordneten Thorsten Steinwartz wider Erwarten aber doch nicht übernommen. Daher will die Stadt Overath sie nun lokal übernehmen.

Bis zur nächsten Sitzung des Bauausschusses soll nun die Verwaltung einen entsprechenden Entwurf erarbeiten. (sb)

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