Der Abschied rückt näher: Nach fünf Jahren als Rathauschef in Overath lässt Christoph Nicodemus seine Amtszeit Revue passieren.
Abschied aus dem RathausWie Overaths Bürgermeister mit der Zuschauerrolle umgeht

Der Abschied rückt näher Overaths Bürgermeister Christoph Nicodemus (parteilos) bedankt sich bei seinen Mitarbeitern für ihr Engagement.
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„Das wird mir wirklich wahnsinnig fehlen“, sagt Overaths scheidender Bürgermeister Christoph Nicodemus (parteilos), während er vor dem Rathaus steht. Im Gespräch mit dieser Zeitung hat er seine Amtszeit Revue passieren lassen und beschreibt, wie es sich anfühlt, die Stadt nicht mehr selbst mitzugestalten.
„Von meiner Grundstruktur her macht es mir viel mehr Spaß, selbst etwas zu machen, als von außen zugucken zu müssen“, schildert er. Was er mit dem „das“, was ihm fehlen werde, meint: Projekte nicht nur anzustoßen, sondern auch weiterzuverfolgen und einzugreifen, wenn etwas ins Stocken gerät oder anders läuft, als geplant.
„Zugucken ist immer doof. Aber mir wird nur die Zuschauerrolle bleiben“, meint er. Denn er wolle sich als Ex-Bürgermeister nicht in die Politik und das Handeln der Verwaltung einmischen. Wenn ihm jemand Fragen zu Details stellt, bekäme er aber eine Antwort. „Ich hätte gerne weitergemacht. Das war mir aber nicht vergönnt“, sagt der noch amtierende Verwaltungschef.

Christoph Nicodemus (Mitte) steht zusammen mit seinen Amtskollegen beom Karnevalsempfang 2025 im Kreishaus. Berg-Chefredakteurin Alex Pesch
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Nicodemus hatte nicht erneut als Bürgermeister kandidiert, weil sein Gesundheitszustand das Tempo, das man für diesen Job brauche, nicht mehr hergebe. Nach seiner zweiten Corona-Infektion Anfang Februar 2023 „haben sich die Symptome bei mir so wohlgefühlt, dass sie geblieben sind“, hatte der Rathaus-Chef in einem früheren Gespräch mit dieser Zeitung geschildert.
Seitdem leide er an Long Covid und habe etwas seiner Leichtigkeit verloren. Die Symptome machten seine Arbeit anstrengender und da er keine 100 Prozent mehr für das Amt aufbringen und alles darunter nicht mit sich vereinbaren könne, habe er sich gegen eine erneute Kandidatur entschieden.
Auch schon vor seiner eigenen Erkrankung war seine Amtszeit als gemeinsamer Bürgermeister von CDU, Grünen und FDP von Corona geprägt. Diese begann Ende 2020, dem ersten Corona-Jahr. „Ich konnte zum Beispiel nicht einmal eine Dienstversammlung veranstalten. Das war unter den Bedingungen nicht möglich“, berichtet er.
Die Cyberattacke 2023 brachte Overath in eine finanzielle Schieflage
Nach weiteren Corona-Wellen kam die Flutwelle im Sommer 2021. Und auch danach wurde es nicht ruhiger: Durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine musste die Kommune 2022 innerhalb kurzer Zeit Platz für Geflüchtete schaffen. Der 72-Stundenerlass des Nordrhein-Westfälischen Innenministeriums, der die Kommunen aufforderte, sich auf einen möglichen Stromausfall von bis zu 72 Stunden vorzubereiten, stellte die Verwaltung kurze Zeit später vor die nächsten Herausforderungen.
Als alle dachten, „jetzt sind wir endlich durch“, kam die Cyberattacke im Herbst 2023. Die betraf Overath zwar nur indirekt, allerdings entstand durch den monatelangen Ausfall der städtischen IT-Systeme ein blinder Fleck in Overaths Finanzen. Da über ein Dreivierteljahr keine Daten vorgelegen hätten, sei die Stadt durch den Gewerbesteuereinbruch 2024 überrascht worden. Damit habe sie erst spät auf die Schieflage reagieren können.
„Ich kann mich in meinen 25 Jahren in der öffentlichen Verwaltungsführung an keinen Zeitraum erinnern, in dem es in dieser Häufung zu außergewöhnlichen Vorkommnissen kam“, meint Nicodemus. Geboren am 6. Januar 1968 im oberbergischen Waldbröl, studierte er in Köln und Koblenz und arbeitete sich in verschiedenen Kommunalverwaltungen hoch: Gemeinde Reichshof, Stadt Overath, Gemeinde Bomlitz (Lüneburger Heide), Stadtkämmerer in der Overather Nachbarstadt Rösrath. Auf diese Erfahrungen konnte er in den herausfordernden Zeiten zurückgreifen.

Abstand halten bei der Einweihung der Impfstelle Overath mit Ingeborg Schmidt (DRK) und dem Beigeordneten Bernd Sassendorf.
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Aber viel wichtiger: „Man darf nie vergessen, dass das keine Einzelleistung. Es geht nur zusammen“, meint er. Obwohl eine Krise die nächste ablöste, sei es an vielen Stellen „konstruktiv weitergegangen“. Das sei dem Engagement der Mitarbeitenden der Verwaltung zu verdanken. „Es funktioniert hier noch sehr gut, dass trotz der Herausforderungen Rahmenbedingungen geschaffen werden, auf denen man aufbauen kann“, berichtet er.
Ein Beispiel dafür sei der neu aufgestellte Flächennutzungsplan, der „erhebliche Entwicklungsperspektiven für die Stadt“ biete. Ein „riesiger Erfolg“ sei auch, dass in der Schullandschaft erste größere Schritte gegangen wurden. Beispielsweise durch den Baubeginn der Turnhalle an der Grundschule.
Was mit der Grundschule passiert, wenn man sie erweitert, war ein großer Streitpunkt in der Stadt. Dass dafür eine Lösung gefunden wurde und dass es endlich losgegangen sei, empfinde er als „sehr positiv“. Auch dass es für das Schulzentrum ein Konzept und Budget gibt und beides genehmigt ist, sei „schon schick“. Die Kita-Situation in Overath sei „nicht ideal, aber gut bis befriedigend“, und auch der Ausbau des Offenen Ganztages sei auf einem „sehr guten Weg“, findet der Bürgermeister.
Nicodemus blickt nicht negativ in Overaths Zukunft
Auch gut gelaufen sei, dass die Stadt viele digitale Angebote für Bürgerinnen und Bürger auf den Weg gebracht habe und seit einiger Zeit auch eine Künstliche Intelligenz teste, um den Einwohnenden künftig Zeit und Wege zu sparen. Das könnte die Vermutung nahelegen, dass durch diese Entwicklung auch Zuständigkeiten oder Kompetenzbereiche innerhalb der Verwaltung umstrukturiert werden.
Wie sich der Einsatz neuer digitaler Möglichkeiten auf interne Entscheidungen auswirken könnte, wollte Nicodemus nicht weiter kommentieren. „Die ein oder andere strukturelle Veränderung innerhalb der Verwaltung, die dazu geführt hat, dass wir an manchen Stellen besser geworden sind, gab es aber schon“, schildert er.
Auch wenn neue Herausforderungen auf die Stadt zukommen, gerade finanzielle, blickt Nicodemus nicht negativ in Overaths Zukunft. Die Rahmenbedingungen seien zwar schwierig, aber es komme darauf an, was man daraus mache. „Für die kommende Zeit sind Cleverness und Geschick gefragt. Ich wünsche den Bürgerinnen und Bürgern und der Stadt, dass es hinreichend kluge Köpfe gibt, die die Möglichkeiten nutzen, die sich bieten“, schildert er.
Diese Aufgaben fallen ab dem 1. November seinem Nachfolger Michael Eyer (CDU) zu. „Er muss gucken, wie es denn weitergehen soll“, sagt Nicodemus. Damit sich Eyer darauf vorbereiten kann, hätten die beiden sich bereits zusammengesetzt. „Es gab zwei lange Nachmittage, an denen ich ihm ganz viele Informationen und Wissen weitergegeben habe und bei denen er alles fragen konnte, was ihm so auf der Seele brannte“, berichtet Nicodemus. Ob die beiden sich wirklich gut verstanden haben, ist nicht bekannt geworden.
Ob Eyer auch eine Krise nach der anderen wird händeln müssen, ist noch nicht abzusehen. Seine jahrzehntelange Erfahrung in der öffentlichen Verwaltung könnte ihm bei abzusehenden Herausforderungen, wie dem finanziellen Engpass, helfen.
Allerdings werden sicher auch Hürden auf ihn zukommen, auf die er nicht vorbereitet ist. Ein Sicherheitsnetz dafür könnten die Verwaltungsstrukturen sein. Intern scheint man zum Beispiel mit den Amtsführungen sehr zufrieden zu sein. Und auch der Erste Beigeordnete Thorsten Steinwartz wird sicher eine Stütze in fachlichen Fragen sein.

