PandemieKommunen in Rhein-Berg testen den Alltag

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Im Ratssaal sitzen die Mitglieder weit auseinander.

Rhein-Berg – Langsam tasten sich die bergischen Kommunen in den Alltag zurück – und stellen die Fragen nach den Folgen, die die weltweite Corona-Krise vor Ort hat. Wie hoch werden die Steuerausfälle? Wie geht es mit den Schulsanierungen weiter? Wann kann was wieder öffnen?

In Overath tagte am Mittwochabend der Stadtrat im Schulzentrum Cyriax: 43 der 44 Mitglieder kamen, jedes Ratsmitglied, jeder Verwaltungsmitarbeiter und sogar jeder Zuschauer hatte einen eigenen Tisch. Und auf Initiative der CDU-Fraktion gab es direkt zu Beginn der Sitzung viele Fragen und manche Antworten.

Kämmerer kann nicht sagen, wie viel die Pandemie kostet

Haushalt: Kämmerin Dominique Stölting bekannte: „Ich kann nicht sagen, dass uns Corona den Betrag xy und 20 Cent kosten wird.“ Die größten Positionen, die den Etat beeinflussen werden, seien Gewerbesteuer, Einkommensteuer und Umsatzsteuer.

Einige Gewerbetreibende hätten die Herabsetzung ihrer Vorauszahlungen beantragt, andere Stundungen. Stölting: „Wir stunden großzügig und bleiben im Gespräch.“ Die Zahlungswilligkeit sei ungebrochen: „Jeder Steuerzahler würde liebend gerne seine Steuern zahlen, statt in der jetzigen Situation festzuhängen.“

Es fehlen 12,3 Prozent der erwarteten Gewerbesteuereinnahmen

Derzeit liegen die Gewerbesteuer-Einnahmen bei 12,1 Millionen Euro; geplant waren 13,8 Millionen. Das heißt: Bislang 12,3 Prozent der erwarteten Gewerbesteuereinnahmen fehlen. Die Summe der beantragten Stundungen belaufe sich auf eine Viertelmillion Euro. Mehrere Dutzend Firmen haben solche Anträge gestellt.

Stadtverwaltung: Verschiedene Arbeitsbereiche sind wieder geöffnet worden, „aber nur nach Anfrage und Terminvereinbarung“, so Erster Beigeordneter Bernd Sassenhof (FDP). Das Bürgerbüro arbeite in zwei Schichten von 6.45 bis 18 Uhr. Dabei beantworte es täglich bis zu 150 Anfragen. Sassenhof kritisierte das Land: „Die Bestimmungen lassen teilweise sehr zu wünschen übrig, was die Konkretisierungen betrifft.“

Es gibt viele Fragen zu Großveranstaltungen

Beispiel „Großveranstaltungen“: „Wir versuchen seit Tagen, klarere Informationen zu bekommen, was darunter fällt.“ Durch die anstehenden Veranstaltungen an den Feiertagen gebe es gehäuft Anfragen: „Wir können bisher immer nur darauf verweisen, dass alles mit mehr als 100 Besuchern nicht erlaubt ist.“ Bei der Stadt seien mittlerweile 56 Homeoffice-Arbeitsplätze eingerichtet worden; zu Beginn der Krise seien es knapp 20 gewesen.

Schulen: Gemeinsam mit den Schulen hat das Rathaus vor Ort Hygienepläne erarbeitet. Die Stadt erhält 2600 Euro vom Land, um Masken für Lehrer zu beschaffen.

Freigabe der Hallen ist aus hygienischen Gründenproblematisch

Sport: Am Dienstag sind die Sportplätze freigegeben worden, jetzt wird über die Hallennutzung diskutiert. Allerdings sei die Freigabe der Hallen aus hygienischen Gründen weitaus problematischer als die der Plätze.

Jugendarbeit: Die offene Jugendarbeit kann beginnen, sowohl die OJO im Hauptort als auch die KOT in Immekeppel sollen in den kommenden Tagen wieder geöffnet werden.

Streifengänge zeigten, dass die Gastronomen vorbildlich reagierten

Gastronomie: Da, wo es möglich ist, werden die Außenflächen für die Gaststätten auf Antrag verdoppelt. Streifengänge hätten ergeben, dass die Gastronomen vorbildlich agierten. Sassenhof: „Es gab bisher keine Beanstandungen.“

Kinderbetreuung: Aktuell werden in Kitas 130 Kinder betreut und 30 in der Tagespflege. Schwieriger sei es wegen unterschiedlicher rechtlicher Vorgaben in den Offenen Ganztagsschulen, so Amtsleiter Herbert Rijntjes. Der Jugendamtsleiter müsse entscheiden, welches Kind Notbetreuung bekomme.

Rijntjes in Richtung Land: „Es geht nicht, dass abends um 11 Uhr etwas im Ministerium entschieden wird, es um 0 Uhr gültig wird und es um 8 Uhr in Overath umgesetzt werden muss.“

Mit den Bewohnern der Flüchtlingsunterkünfte gibt es keinerlei Problem

Flüchtlinge: Neuzuweisungen sind wieder möglich. Da Overath seine Quote gegenwärtig aber zu 102,6 Prozent erfüllt, werden zunächst keine Neuankömmlinge erwartet. Mit den aktuellen Bewohnern der Flüchtlingsunterkünfte gebe es keinerlei Problem in Sachen Corona, sagte Sassenhof auf eine Frage von BfO-Chef Norbert Hein.

Das dort geltende Besuchsverbot werde von allen Parteien beachtet. Der Beigeordnete: „Wir kontrollieren fast jeden Tag, und es gibt nichts Negatives zu berichten.“

Verwaltungschef bat den Rat um einen Applaus für die städtischen Mitarbeiter

Koordinierung: Laut Bürgermeister Jörg Weigt (SPD) tagen drei Mal pro Woche in Overath die Amtsleiter. Auf Kreisebene bemühe sich die Bürgermeister-Konferenz, einen kommunenübergreifenden „Gleichschritt“ herzustellen.

Der Verwaltungschef bat den Rat mit Erfolg um einen Applaus für die Verwaltung: „Ich bin sehr stolz auf die Mitarbeiter, dass sie so unbürokratisch und sehr engagiert aktiv sind.“

CDU forderte Absage des Schulausschusses

Kommunale Demokratie: Weigt wies auf den einhellig im Hauptausschuss geäußerten Wunsch hin, den Rat weiter als Ganzes tagen zu lassen. Weigt: „Es klappt, und darum sollten wir es so weitermachen.“ Die CDU forderte, die nächste Sitzung des Schulausschusses nicht einfach abzusagen.

Das Gremium sei bestens geeignet, als Forum für den Austausch von Rat, Verwaltung, Schulen und Öffentlichkeit zu dienen. Fragen zum Thema Schule gebe es reichlich.

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Schwimmbad: Infolge von Corona hat die Stadt die jährliche Grundreinigung vorgezogen. Das Badino soll laut Stadtwerke-Chef Christoph Schmidt am 2. Juni wieder öffnen. Die Sommerschließung fällt 2020 aus: „Das ist ausnahmsweise mal ein Vorteil aus der Corona-Situation.“

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