Ärztliche VersorgungIn Rhein-Berg fehlt es an Hausärzten – große lokale Unterschiede

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Im Rheinisch-Bergischen Kreis fehlen Hausärzte: Allerdings ist die Verteilung des Mangels sehr unterschiedlich.

Im Rheinisch-Bergischen Kreis fehlen Hausärzte: Allerdings ist die Verteilung des Mangels sehr unterschiedlich.

Rhein-Berg – Ein paar „Daten und Gedanken zur hausärztlichen Versorgungssituation in Ihrem Kreis“ haben sie versprochen, Johannes Reimann und Dr. Johannes Martin aus Düsseldorf, die als hochrangige Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNR) eine Stunde lang im Kreis-Gesundheitsausschuss Rede und Antwort stehen.

Dass die Lage insbesondere bei den Hausärzten angespannter wird, weiß man mittlerweile. Mit der Eingrenzung der Örtlichkeit auf „Ihren Kreis“ benennen die KV-Vertreter gleich schon das erste Problem für eine qualifizierte Antwort: Denn der Rheinisch-Bergischen Kreis zählt für die Ärzteschaft nicht wirklich. Die KV rechnet für die Allgemeinmediziner nach „Mittelbereichen“, die sich an Mittelzentren orientierten.

In der Folge zählt bei den Hausärzten Burscheid zu Leverkusen und Rösrath zu Köln. Leichlingen und Wermelskirchen sind jeweils eigene Bereiche und der Rest vom Kreis – Bergisch Gladbach, Odenthal, Kürten und Overath – ist im Mittelbereich Bergisch Gladbach/Overath zusammengefasst.

Datenschutzprobleme

Im großen Sitzungssaal des Kreistags erscheint das so manchem Zuhörer nicht schlüssig aus der Sicht eines Patienten, der ohne Auto von Overath nach Odenthal muss. „Wir haben das aus der amtlichen Raumplanung übernommen“, erläutert Abteilungsleiter Johannes Reimann. Um das zu ändern, müsse es gute Gründe geben.

Diese Art von Grenzziehung macht es schwieriger, die Bedarfe und Fehlzahlen für die Städte und Gemeinden im Kreis präzise zu benennen. Aktuell hat der Mittelbereich Bergisch Gladbach bei 170 000 Einwohnern und 109 Hausärzten neun freie Hausarztsitze, aber ob die sich nun in Kürten oder Odenthal befinden, ist nicht ersichtlich.

„Diese Zahlen kriegen Sie noch, Ihren Datenhunger können wir stillen“, sagt Reimann den Politikern zu und relativiert damit die von der Kreisverwaltung ins Spiel gebrachten Datenschutzprobleme.

Deutlich angespannter als im Mittelbereich Gladbach ist die Lage in Wermelskirchen: Hier gibt es bei 35 000 Einwohnern und 16 Ärzten acht freie Sitze. In Leichlingen (28.000 Einwohner, 18 Ärzte) sind 1,5 Sitze frei.

Rhein-Berg als Sorgenkind

Die beiden KV-Sprecher räumen ein, dass sie auf den Rheinisch-Bergischen Kreis ein „besonders wachsames Auge“ hätten, da der hiesige rechnerische Versorgungsgrad von 98,5 Prozent für die Maßstäbe der KV Nordrhein (Versorgungsgrad 105) eher niedrig sei.

Im gesamten „amputierten“ Kreisgebiet (ohne Burscheid und Rösrath) gibt es bei 236 000 Einwohnern und 143 Ärzten 18,5 freie Sitze. Zum Vergleich: Im Rhein-Sieg-Kreis mit mehr als doppelt so vielen Einwohnern (598 000) und 379 Ärzten sind 19 Sitze frei, im Oberbergischen Kreis (273 000 Einwohner, 164 Ärzte) 18.

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Anderseits sei die KV-Nordrhein im Vergleich der deutschlandweit 17 Kassenärztlichen Vereinigungen aber auch besonders stark mit Ärzten gesegnet. Rhein-Berg bewegt sich innerhalb der KV Nordrhein im untersten Viertel.

Nachwuchsmangel

„Die Lage ist nicht dramatisch, aber wir wünschen uns den Rheinisch-Bergischen Kreis doch schon ein bisschen weiter oben im Ranking der Kreise“, sagt Reimann. Zusammen mit seinem Kollegen erläutert er weiter, dass Ärztemangel kein Datenproblem sei: „Unser Problem ist nicht die Planung, sondern der Mangel an Nachwuchs.“

Zu wenige wollen Allgemeinmediziner werden, zu viele streben in die technischen Sparten. Und zu viele seien nicht mehr bereit, wie frühere Generationen „selbstausbeutend“ bis zum 70. Lebensjahr voll zu rackern. Der Wunsch nach Freizeit führe dazu, dass „wir für einen ausscheidenden Kopf anderthalb bis zwei neue brauchen, um denselben Versorgungsgrad zu erreichen“, sagt Martin.

„Quereinstieg“ in die Allgemeinmedizin 

Um mehr Hausärzte zu gewinnen, fördert die KV den Nachwuchs und wirbt dafür, sich in der Region Nordrhein niederzulassen. Der „Quereinstieg“ in die Allgemeinmedizin soll gefördert werden, insbesondere aus dem Bereich der Inneren Medizin. Bei Praxisbörsen in Köln und Düsseldorf können „niederlassungswillige und abgabewillige Ärzte zusammentreffen“, aber auch Landkreise können für sich werben.

Auf die Frage aus dem Ausschuss, was denn junge Mediziner dazu bewege, sich für eine Region zu entscheiden, haben die beiden Düsseldorfer Ärzte-Funktionäre eine klare Antwort: „Eine funktionierende Infrastruktur, die man von einem Kreis erwarten kann. Nicht mehr und nicht weniger.“

Dazu zählten Busse und Bahnen, aber vor allem Möglichkeiten zur Kinderbetreuung. Viele Ärzte seien mit anderen Akademikern verheiratet, und dann strebten oftmals beide Partner nach Berufstätigkeit.

Beschlüsse hat der Ausschuss zum Ärztemangel nicht gefasst. Aber er will nun mit den gewonnenen Erkenntnissen weiterarbeiten.

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