KreistagZerstrittene CDU-Fraktion von Rhein-Berg wählt neuen Chef nach Turbulenzen

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Ein Riss geht durch ein Bild vom Schriftzug CDU bei einem Kreisparteitag der CDU Rhein-Berg.

Ein tiefer Riss geht durch die CDU-Kreistagsfraktion. Uwe Pakendorf hat als neuer Vorsitzender der stärksten Fraktion im Rheinisch-Bergischen Kreistag die Lager zu einen.

Es war eine turbulente Sitzung, bei der ein langjähriger Abgeordneter eine Wahl nicht annahm und am Ende Uwe Pakendorf gewählt wurde.

Eigentlich hatte der langjährige Kreisparteichef und Landtagsabgeordnete Rainer Deppe vor Weihnachten schon abgewinkt, sich dann aber doch überzeugen lassen, als CDU-Kreistagsfraktionschef zu kandidieren. Als er es dann allerdings am Dienstagabend nur mit knapper Mehrheit und offenbar auch Gegenstimmen einiger, die ihn zuvor um die Kandidatur gebeten hatten, gewählt wurde, nahm er die Wahl nicht an.

Der CDU-Fraktionsvorstand - die CDU-Kreistagsfraktion zeigte ich in der Vergangenheit zerstritten.

Der CDU-Fraktionsvorstand (v. l. n. r.): Erika Gewehr, Frank Rausch, Dr. Kurt Molitor, Christiane Schloten, Uli Heimann, Thorsten Schmalt, Helga Loepp, Klaus-Dieter Becker, Uwe Pakendorf, Elvi Reudenbach und Christopher Schiefer

Turbulent und mit fast zweistündiger Sitzungsunterbrechung hat die CDU-Kreistagsfraktion am Dienstagabend einen neuen Fraktionschef gewählt, nachdem der bisherige, Johannes Dünner aus Odenthal, im Zuge des Debakels um den am Ende zurückgezogenen Antrag zur Abschaffung des Kreisdirektor-Postens zurückgetreten war.

Wie ein Trainer, der geholt wird, um die Mannschaft zusammenzubringen und noch zur Champions League zu führen
Rainer Deppe, der die Wahl nicht annahm

Nachdem Rainer Deppe sich vor Weihnachten auch im Gespräch mit der Redaktion dahingehend geäußert hatte, den Fraktionsvorsitz nicht übernehmen zu wollen, bearbeiteten ihn während der Weihnachtsferien wohl eine ganze Reihe von CDU-Kolleginnen und -Kollegen. Ihre Bitte: Deppe solle die – auch im Verhältnis zum grünen Koalitionspartner im Kreis – uneinige Fraktion wieder in ruhigeres Fahrwasser führen und einen.

Der 67-Jährige, der von 1999 bis 2017 bereits Vize-Vorsitzender der Kreistagsfraktion, von 1991 bis 2001 zudem Kreisgeschäftsführer und von 2007 bis 2019 Kreisvorsitzender der CDU Rhein-Berg gewesen war, überdachte seine Entscheidung – und sagte zu, wollte das Amt bis zur nächsten Kommunalwahl übernehmen: „Wie ein Trainer, der geholt wird, um die Mannschaft zusammenzubringen und noch zur Champions League zu führen.“

Grünes Gedankengut, ob Agrardiesel oder Gendern, kann doch keiner mehr hören.
Martin Bosbach

Dann aber trat am Dienstagabend Martin Bosbach gegen ihn an. Der Kreistagspolitiker aus Wermelskirchen äußerte sich in seiner Vorstellung deutlich zu einem mittelfristigen Ausstieg aus der Koalition mit den Grünen. „Der Blick muss auf die nächste Kommunalwahl gehen“, sagt er danach im Gespräch mit dieser Zeitung. „Grünes Gedankengut, ob Agrardiesel oder Gendern, kann doch keiner mehr hören.“

In der Fraktionssitzung am Dienstagabend bekam Bosbach zehn Stimmen, Rainer Deppe 14. Eigentlich wäre der Overather damit neuer Fraktionschef gewesen – doch er nahm die Wahl nicht an.

„Selbst einer oder zwei, die mich vorher angesprochen haben zu kandidieren, haben mich am Ende in der geheimen Abstimmung nicht gewählt“, so Deppe. Für ihn war das keine Basis, um die Fraktion zu neuer Einheit zu führen. „Was Johannes Dünner passiert ist, wird wohl leider fortgeführt werden“, sagt Deppe auf Anfrage am Morgen danach. „Es ist schon enttäuschend, zumal ich mich gar nicht um das Amt gerissen hatte.“ Er werde jetzt seine Amtszeit als Kreistagsabgeordneter „mit Anstand zu Ende bringen“, so Deppe. Bei der nächsten Kommunalwahl wolle er nicht erneut antreten.

Irgendwer muss natürlich Verantwortung übernehmen.
Uwe Pakendorf

Bei der Fraktionsvorsitzendenwahl war nach Deppes Rückzug am Dienstagabend wieder alles offen. Nach einigem Hin und Her des Einredens auch auf Martin Bosbach schlugen mehrere und zuletzt auch dieser den bisherigen Fraktionsvize und früheren Kreisparteichef Uwe Pakendorf aus Rösrath für den Fraktionschefposten vor. In einer Sitzungsunterbrechung telefonierte dieser   auch mit Zuhause. „Ich war eigentlich nicht darauf vorbereitet“, sagt er, „zumal wir im Juli auch nochmal Nachwuchs erwarten.“ Aber: „Irgendwer muss natürlich Verantwortung übernehmen“, ergänzt er.

Pakendorf kandidierte, Bosbach nicht mehr. 14 Fraktionsmitglieder stimmten für Pakendorf, acht gegen ihn, zwei enthielten sich, drei waren nicht anwesend. Pakendorf nahm die Wahl an. „Ich habe den Leuten gesagt, sie sollen ehrlich wählen“, sagt er.

Bündnis mit den Grünen soll fortgesetzt werden

„Der neue Fraktionsvorstand freut sich weiterhin auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner von Bündnis 90/Die Grünen“, wird Pakendorf in einer noch am Abend vertriebenen Pressemitteilung zitiert. Er wolle sich dafür einsetzen, eine „vernunftsorientierte Politik mit den Grünen zu machen“, erläutert er am Morgen danach. Zugleich werde er auch für alle anderen demokratischen Parteien eine ausgestreckte Hand haben, möchte sich für breite Mehrheiten einsetzen.

Intern werde die Einung der Fraktion eine Herausforderung werden, räumt Pakendorf ein. Er werde den „Kurs von Johannes Dünner“ fortsetzen, was die Zusammenarbeit mit den Grünen anbelange, so der neue CDU-Fraktionschef, „aber auch auf alle Strömungen in unserer Fraktion zugehen.“ Was das bedeute? „Wir müssen halt auch stärker eigene Akzente in der Koalition setzen“, sagt Pakendorf. „Wir haben eine sehr gute Arbeit gemacht, aber vielleicht auch nicht genug kommuniziert.“

Martin Bosbach berichtet derweil am Morgen nach der Fraktionschefwahl von Gratulationen, die er erhalten habe: „Weil ich Rainer Deppe verhindert habe.“

Die Gräben in der CDU-Fraktion scheinen tief zu sein, die Kämpfe längst nicht ausgestanden.

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