Gaststätte WeierhofEin Stück Forsbacher Geschichte

Wann genau das Gebäude des Weierhofs errichtet wurde, ist unbekannt – es muss aber 1857 schon bestanden haben.
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Rösrath – „Hier ist einfach der Treffpunkt“, sagt Rita Merz. Sie und Ehemann Ingo Merz betreiben seit 46 Jahren die Gaststätte Weierhof. Mit Leidenschaft, wie die Wirtsleute betonen. „Im Karneval ist es bei uns brechend voll“, sagt Ingo Merz. Der Weierhof war stets ein Lokal, in dem man sich zum Trinken am Tresen oder am Stammtisch trifft – damit hat er einen anderen Charakter als die Forsbacher Speisegaststätten Halfenhof, Forsbacher Mühle und Altvolberger Hof. „Da steht nicht der Wirt oder die Wirtin hinterm Tresen“, betont Ingo Merz. Doch die Nachfrage nach der klassischen Kneipe sei über die Jahrzehnte zurückgegangen, sagt Rita Merz: „Die Wirtschaftskultur wird immer weniger.“
Das ist auch der Grund, warum das Wirtsehepaar die Ära der Gaststätte beendet. An diesem Samstag öffnet sie zum letzten Mal, zusammen mit ihren Gästen wollen Rita und Ingo Merz noch einmal feiern. Rita Merz ist 69 Jahre alt, Ehemann Ingo 70, daher dachten sie schon seit zwei Jahren ans Aufhören. Einen Nachfolger fanden sie nicht, außerdem vermuteten die Wirtsleute, dass er es schwer haben würde. „Wir haben uns lang Gedanken gemacht“, sagt Rita Merz. „Es tut schon weh, aufzuhören“, stellt sie fest, „aber es ist richtig. Ich möchte nicht noch mit dem Krückstock hier drin stehen.“ Auch Ingo Merz schmerzt es, dass es keine Zukunft für die Gaststätte gibt: „Es wäre ideal gewesen, wenn ein Nachfolger drin gewesen wäre.“
Mit dem Ende der Gaststätte Weierhof verschwindet ein Stück Forsbacher Geschichte. Als Rösrath 1993 auf 1100 Jahre Gemeindeleben zurückblickte, feierte der Weierhof sein 150-jähriges Bestehen. Dieses Jubiläum bezog sich aber nur auf das bestehende Gebäude, die Geschichte als einer der Rösrather Höfe reicht viel weiter zurück. Wann genau die heutige Gastwirtschaft gebaut wurde, ist nicht genau bekannt. Der erste Wirt, Heinrich Wilhelm Vierkötter, gab bei seiner Heirat 1857 bereits den Beruf Gastwirt an – da muss das Gaststätten-Gebäude schon bestanden haben. Mit einer Broschüre, die der Forsbacher Journalist Georg Geist erstellte, feierten Rita und Ingo Merz die 150 Jahre des Weierhofs.
Ihr eigenes Leben für die Gaststätte begann 1968. Nachdem Gustav und Berta Vierkötter, die Erben der ersten Wirtsleute, den Hof und die Gastwirtschaft nicht mehr selbst betreiben konnten, verpachteten sie den Weierhof. Nach mehreren Pächtern folgten 1949 Nikolaus und Else Knops, die Eltern von Rita Merz. Auch zur Zeit ihrer Eltern gehörten zunächst noch landwirtschaftliche Flächen zur Gaststätte, erst 1957 gab Nikolaus Knops die Landwirtschaft aus Gesundheitsgründen an den Verpächter zurück. 1968 konnten er und Ehefrau Else auch die Gaststätte nicht weiterführen, daher traten Tochter Rita und Schwiegersohn Ingo in ihre Fußstapfen. „Es war eine Notlösung“, erinnert sich Ingo Merz, der eigentlich gelernter Elektriker war. „Dann sind 46 Jahre daraus geworden.“ Bald betrieben Rita und Ingo Merz mit hohem Engagement, 1979 kauften sie das Gebäude und bauten die Gaststätte grundlegend um.
Auch als die Zahl der Kneipen in Forsbach über die Jahre immer mehr schrumpfte, konnte sich der Weierhof stets weiter halten. Rita und Ingo Merz führen das auf ihr hohes Engagement zurück. „Die Wirtschaft ging immer vor“, sagt Ingo Merz. So verschoben sie einen Urlaub nach dem Karneval, weil ein Gast bei seiner Hochzeit in der Kneipe feiern wollte. „Das kann man nicht anders machen“, sagt Rita Merz. Über Jahrzehnte standen sie und Ehemann Ingo selbst hinter dem Tresen: „Die Leute kommen nicht, um Personal zu sehen, sondern die Wirtsleute“, findet sie.
Trotz ihrer Liebe zu ihrer Arbeit in der Kneipe verschweigen die Eheleute nicht, welche neuen Entwicklungen ihnen das Leben zunehmend erschwerten. Dazu gehören die hohen Gebühren für den Sport-Kanal Sky. Das 2013 verschärfte Rauchverbot in der Gastronomie mache das Kneipenleben weniger attraktiv, finden die Wirtsleute. Obwohl sie ein Raucherzelt mit Fußboden und Heizung vor die Tür stellten, würden Knobel- oder Skat-Runden durch Rauchpausen einzelner Mitspieler auseinandergerissen. „Es hat uns schon schwer geschadet“, sagt Rita Merz. Trotzdem sagt sie unumwunden, dass das Kneipenleben mit nicht verrauchter Luft „angenehmer“ sei – sie und ihr Mann haben das Rauchen schon lange aufgegeben. Trotzdem halten sie die Rauch-Regelung für einen herben Einschnitt: Während Raucher wegblieben, kämen keine Nichtraucher hinzu. „Die Nichtraucher, die ganz streng dagegen waren, dass geraucht wurde, habe ich seit dem Rauchverbot nicht einmal in der Kneipe gesehen“, sagt Ingo Merz. Seine Frau kommt zu den Schluss, „dass man von einer Kneipe heute nicht mehr leben kann“.
Nachdem sich für das Verpachten der Gaststätte keine gute Lösung auftat, entschieden sich Rita und Ingo Merz für eine andere Nutzung: Eine Spielhallen-Kette mietet die Räume. Im Juli soll eine neue Filiale mit acht Spielgeräten in dem bisherigen Gaststättenraum öffnen. In der Kommunalpolitik fand das ein kritisches Echo, bei einer Debatte im Planungsausschuss im April 2013 waren sich die Mitglieder einig, dass sie dort keine Spielhalle wünschten. Die Mehrheit gab dennoch grünes Licht für die Umwandlung – sie folgte dem Hinweis der Stadtverwaltung, dass eine Spielhalle in einem Mischgebiet rechtlich nicht zu verhindern sei. Die bisherigen Wirtsleute reagieren darauf achselzuckend: Sie müssten die Räume wirtschaftlich nutzen.
Wohin die Kneipengäste künftig gehen sollen, wissen Rita und Ingo Merz noch nicht. Sie hoffen, dass die bestehenden Speisegaststätten auf die Bedürfnisse der bisherigen Weierhof-Gäste eingehen. Das künftige Gaststätten-Leben ohne Pflichten hinter der Theke will Rita Merz mit ihrem Mann jedenfalls genießen: „Jetzt gehen wir einfach mal mit feiern.“