„Muss erst zur Toilette“Rösratherin ließ Ersthelfer bei Noteinsatz warten

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Wegen unterlassener Hilfeleistung steht eine Frau aus Rösrath vor Gericht. Sie soll einen Ersthelfer zu lange warten gelassen haben. (Symbolfoto)

Bergisch Gladbach/Rösrath – Mit der Begründung, sie müsse vorher noch zur Toilette gehen, soll eine 58-jährige Rösratherin einem Hausmeister die sofortige Herausgabe des Schlüssels zur Wohnung ihrer bewusstlosen Mutter verweigert haben. In der Folge rückte die Feuerwehr an und brach die Tür auf. Jetzt steht Susanne D. (alle Namen geändert) wegen unterlassener Hilfeleistung vor Gericht.

Als die arbeitslose Bürokauffrau an diesem Morgen mit zehn Minuten Verspätung den Gerichtssaal in Bensberg betritt, macht sie keinen wirklich schuldbewussten Eindruck. Sie wirkt eher so, als gäbe sie aller Welt die Schuld daran, dass es ihr so schlecht gehe. Der Bus habe Verspätung gehabt, erklärt sie ihre Verspätung. Zudem leide sie an Asthma und habe den steilen Weg zum Gericht kaum geschafft.

Feuerwehr bricht die Tür auf

Was sie denn zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft sage, will Richter Reinhard Bohn wissen. Die von einer Rechtsreferendarin vorgetragene Anklage ist geradezu haarsträubend. Am 14. Mai 2021 gegen 13 Uhr soll Hausmeister Peter Schmitz bei Susanne D. geklingelt haben, weil er deren Mutter Hermine leblos in ihrer Wohnung habe liegen sehen.

Schmitz habe sich den Schlüssel holen wollen, doch Susanne habe nicht die Tür geöffnet, sondern ihm bedeutet, dass sie erst noch zur Toilette müsse. Zehn Minuten habe das gedauert, die Feuerwehr habe schließlich die Tür zu Hermines Wohnung gewaltsam geöffnet, wodurch der Mutter erst mit erheblicher Zeitverzögerung habe geholfen werden können.

Angeklagte beklagt sich über Polizeieinsatz

Susanne D. reagiert unwillig auf die Vorwürfe. Sie habe doch schon der Polizei geschrieben, was sie zu sagen habe. „Wir verhandeln hier aber mündlich“, antwortet Richter Bohn. Die Angeklagte gibt an, die Situation damals gar nicht richtig erfasst zu haben. Auch habe sie nicht erst zur Toilette gehen wollen, sondern sei bereits dort gewesen.

Und als sie schließlich die Tür geöffnet habe, hätten dort drei Polizisten gestanden. Sie sei sich wie eine Verbrecherin vorgekommen. Man habe ihr nicht einmal mehr mitgeteilt, in welches Krankenhaus ihre Mutter gebracht worden sei.

Angeklagte erwartet nichts Gutes vom Zeugen

Ob denn die Zeitangabe von zehn Minuten richtig gewesen sei, will der Richter wissen. „Das weiß ich nicht.“ Ob denn der Herr Schmitz an der Tür gewesen sei? „Ich habe ihn nicht gesehen und ihn auch nicht an seiner Stimme erkannt. Außerdem ist er gar nicht der Hausmeister. Wir haben keinen Hausmeister.“

Wenn Susanne D. nicht ihren Fehler einräume, werde man die Sache weiter aufklären und dann auch den Herrn Schmitz und womöglich weitere Zeugen laden, sagt der Richter. Das passt Susanne D. nicht: Der Zeuge werde eh schlecht über sie reden, da sei sie ziemlich sicher.

Einschätzung in Sache Sympathie plausibel

Angesichts des Auftritts, den die auch äußerlich leicht verwahrlost wirkende Endfünfzigerin an diesem Vormittag vor Gericht hinlegt, klingt ihre Einschätzung in Sachen Sympathie durchaus plausibel. Ein echtes Bedauern, mit dem sie das Verfahren beschleunigen könnte, will ihr nicht über die Lippen kommen, weder eins von Herzen noch ein formales. Nach nicht einmal 15 Minuten ist die Verhandlung vorläufig beendet.

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Jetzt wird der Herr Schmitz, der der Mutter so schnell wie möglich helfen wollte, als Zeuge vorgeladen, und dann wird neu verhandelt. Für unterlassene Hilfeleistung sieht Paragraf 323c des Strafgesetzbuchs Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vor.

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