Tierschutz-Team EuropaEin Zuhause auf 2000 Quadratmetern

Die Aktiven des Tierschutz-Teams Europa verbringen das Wochenende meist gemeinsam mit den vorübergehend aufgenommenen Hunden.
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Rösrath/Köln – „Wir machen das aus Liebe zum Tier“, sagt Barbara Sauer vom Tierschutz-Team Europa. Der Verein hat einen aktiven Kern von rund zehn Tierfreunden, die sich vor allem für Hunde und Katzen in Not einsetzen. „Hier ist alles rein ehrenamtlich“, sagt Sauer. Das heißt, dass das Team auch abends und am Wochenende ansprechbar ist. In einem Notfall nahm es sogar an Weihnachten einen Hund auf. Der Verein hat seinen Sitz in Köln, Drehscheibe seiner Arbeit ist aber die Auffangstation Rösrath, in der Hunde ein vorübergehendes Zuhause finden. „Wir haben ein offenes Rudel“, sagt Sauer. „Wir versuchen, alle Hunde, so weit es geht, ins Haus zu integrieren.“ Anders als im Tierheim leben die Vierbeiner nicht in einem Zwinger, sondern können sich frei auf dem Gelände bewegen.
Michaela Fuß und ihr Ehemann Michael haben dem Verein ermöglicht, die Auffangstation auf ihrem Privatgrundstück im Rösrather Ortsteil Hasbach einzurichten. Auf insgesamt 2000 Quadratmetern haben die Tiere viel Auslauf. „Für mich hat sich ein Traum erfüllt, weil ich schon immer was mit Hunden machen wollte“, sagt Michaela Fuß. Die Wochenenden verbringen die Aktiven des Tierschutz-Teams meist gemeinsam auf dem Gelände der Auffangstation, neben Rösrather Tierfreunden kommen auch Mitstreiter aus Siegburg, Köln oder Remagen. „Es ist wie eine Familie“, sagt Sauer. Alle anfallenden Tätigkeiten teilt sich das Team auf, in der Auffangstation ist immer eine Person präsent. „Wir sind sieben Tage in der Woche 24 Stunden für die Tiere da“, sagt Fuß.
Die Anfänge des gemeinsamen Engagements reichen drei Jahre zurück, seit Februar 2013 besteht der Verein unter dem Namen Tierschutz-Team Europa. Eine entscheidende Starthilfe gab Comedy-Künstler Kaya Yanar, er spendete 5000 Euro. Mit dieser Anschubfinanzierung konnten die Tierfreunde auf dem Rösrather Gelände für die nötige Infrastruktur sorgen – Gartenhäuser, Zäune und Wärmelampen. Auch ein schalltechnisches Gutachten war zu bezahlen. Die Aktiven haben außerdem Lehrgänge besucht und gegenüber den Behörden ihre Fachkunde nachgewiesen. Die Voraussetzungen für Tier-Transporte erfüllen sie ebenfalls.
Kontakt zu Hunde- oder Katzenhaltern, die ihr Tier in andere Hände geben möchten oder müssen, knüpft das Tierschutz-Team vor allem über die eigene Internetseite. Auf diesem Weg läuft auch die Vermittlung von Hunden und Katzen. Aber auch Mundpropaganda funktioniert. Während Hunde in der Rösrather Auffangstation unterkommen können, ist für Katzen in dem „offenen Rudel“ kein Platz. Für sie suchen die Vereinsmitglieder eine private Lösung: Sie fragen Bekannte und Nachbarn – oder nehmen ein zu vermittelndes Tier zunächst selbst auf. Mit Kleintieren hat der Verein wenig zu tun, er setzt sich aber auch für diese ein. So quartierte Kerstin Dittmann, eine der Aktiven aus dem Team, ein obdachloses Zwergkaninchen kurzerhand bei sich zu Hause ein.
Großen Raum im Engagement des Tierschutz-Teams nimmt die Zusammenarbeit mit Partner-Tierheimen in Nordspanien, Andorra und Ungarn ein. Während in Spanien und Andorra die Probleme derzeit überschaubar sind, ist im Partner-Tierheim im ungarischen Debrecen laut Verein enorm viel zu tun. Die Tierfreunde beschreiben die Region nahe der rumänischen Grenze als sehr arm, das Tierheim sei marode. „Da hat es an allem gefehlt“, berichtet die Vereinsvorsitzende Claudia Kroll von ihren Eindrücken. Die Tierliebe sei wenig entwickelt, der Umgang mit dem Mitgeschöpf oft brutal: „Es gibt in fast jedem Dorf eine Tötung“, sagt Kroll. Das Tierheim sei überfüllt, es benötige dringend Trockenfutter, aber auch medizinische Unterstützung. Inzwischen stellt das Tierschutz-Team Europa etwa einmal monatlich einen Hilfstransport nach Ungarn auf die Beine: Drei Tierfreunde nehmen auf dem Hinweg eine Wagenladung Futter und anderes Material mit, auf dem Rückweg hilfsbedürftige Hunde. Insbesondere ältere Hunde mit Handicaps, die sich in Ungarn kaum vermitteln ließen, holt der Verein nach Deutschland. Vor wenigen Tagen kehrten Florian Dittmann, Michaela Fuß und Rolf Schumacher mit 18 Hunden aus Ungarn zurück, am nächsten Tag waren bereits 15 von ihnen vermittelt.
Im Oktober steht ein groß angelegtes Kastrations-Projekt in Debrecen an, möglich wurde es durch eine weitere Spende von Kaya Yanar, der kürzlich in der Fernsehsendung „Die große Tiershow“ mit Martin Rütter 7500 Euro für das Tierschutz-Team Europa erspielte. Durch Kastration lasse sich die Situation entspannen. Wichtige Unterstützung für die Rösrather Auffangstation leistet auch Hundetrainerin Rosie Lukas. Sie engagiert sich für den Verein mit regelmäßigen Gruppenkursen und auch Einzelstunden für die Vierbeiner. „Die gehen top sozialisiert hier raus“, sagt Sauer über vermittelte Hunde. Das sei Ergebnis der Lebensbedingungen in der Auffangstation, aber auch des Trainings. Ein Beispiel ist der vierjährige Mischling Txoco, der aus Nordspanien nach Rösrath kam. „Er war schüchtern und zurückhaltend, machte einen Bogen um uns Menschen“, berichtet Sauer. „Jetzt ist er nicht mehr wieder zu erkennen.“ Als wichtigen Vorteil ihrer Auffangstation verstehen es die Tierfreunde, dass individuelle Lösungen möglich sind. So vermitteln sie – je nach Situation – auch Tiere an betagte Menschen oder an Menschen mit Handicaps. „Es gibt für jeden Menschen den passenden Hund“, sagt Sauer. Ein 13-jähriger, relativ betagter Hund habe bei einer 91-jährigen Frau das passende Zuhause gefunden.
Bei allen Aktivitäten kommen immer noch neue Anforderungen hinzu. Nach dem Hochwasser in Ostdeutschland im Frühsommer unterstützte das Tierschutz-Team Europa ein Tierheim in Sachsen-Anhalt mit Futter. Spenden, aber auch praktische Hilfe, zum Beispiel beim Gassigehen, sind bei dem Verein daher stets willkommen. Auch über die Straßenkatzen in Deutschland macht sich Kroll große Sorgen – allein in Köln sollen es 30 000 sein: „Wir haben da ein riesen Problem.“
Bei einem Sommerfest am Sonntag, 22. September, 11 bis 18 Uhr, können Interessierte die Auffangstation Rösrath, Hasbacher Straße 114, kennenlernen. Das Tierschutzteam Europa bietet Infos, Kinderprogramm, Speisen und Getränke.