Sänger der Band In Extremo„Ich bereue keine einzige Sekunde“

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Sänger Michael Rhein – Künstlername: Das letzte Einhorn – lebt seit 20 Jahren im Rhein-Erft-Kreis.

Sänger Michael Rhein – Künstlername: Das letzte Einhorn – lebt seit 20 Jahren im Rhein-Erft-Kreis.

Der Bergheimer Michael Rhein ist Sänger der Band In Extremo und hat ein erfolgreiches Jahr hinter sich.

Herr Rhein, nach einem erfolgreichen Jahr geben Sie das letzte Konzert ihrer Tour in Köln. Ist das etwas Besonderes?

Ja immer, absolut. Da, wo ich wohne, da freut man sich natürlich drauf. Aber wir sind jetzt die ganze Zeit auf Tour und ich freue mich eigentlich jeden Abend drauf. Ich hoffe nur, dass ich fit bin, denn die ganze Mannschaft ist angeschlagen. Bei uns ging die Seuche im Bus rum. Alle sind vollgepumpt mit Tabletten, aber wir geben in Köln auf alle Fälle noch mal Gas.

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Sie stammen aus Thüringen und wohnen seit 20 Jahren im Rhein-Erft-Kreis. Wie viel Ossi steckt noch in Ihnen?

Ganz viel, aber auch ganz wenig. Das ist für mich ein Abschnitt, der vorüber ist. Man ist im Osten geboren, das möchte ich nicht missen, ich möchte es aber auch nicht wiederhaben. Ich bin froh über diese Lebensschule, die ich im Osten haben durfte. Ich bereue keine einzige Sekunde.

Im ausverkauften Kölner Palladium ging das Publikum beim letzten In-Extremo-Konzert des Jahres 2017 richtig mit.

Im ausverkauften Kölner Palladium ging das Publikum beim letzten In-Extremo-Konzert des Jahres 2017 richtig mit.

Ich habe Freunde im Osten und im Westen und dieses ganze Ost-West geht mir persönlich ganz schön auf den Geist. Man sollte ganz einfach mal einen Schlussstrich drunter ziehen. Jeder weiß, wo er herkommt, und das ist ganz in Ordnung so.

Wie lief das Jahr 2017?

Da haben wir heute Mittag noch drüber geredet. Das war echt der Hammer. Wir sitzen seit Mai im Bus, wir haben 50-, 60-, 80-Tausender-Festivals gespielt als Co-Headliner, stellenweise als Headliner. Unsere eigene Tour ist jeden Abend mit drei-, dreieinhalbtausend Leuten voll. Heute Abend spielen wir in Leipzig, ausverkauft. Das ist Wahnsinn, da kann man nur »danke, danke« sagen.

Sie haben mit der Band jetzt insgesamt schon über 1000 Konzerte gespielt.Wie halten Sie sich dafür fit?

Ich fahre öfter mit dem Fahrrad von Quadrath nach Kerpen. Das muss reichen.

Ungewöhnlich für eine Rock-Show. Dr. Pymonte (André Strugala) spielt auf einer Harfe.

Ungewöhnlich für eine Rock-Show. Dr. Pymonte (André Strugala) spielt auf einer Harfe.

Sie waren in Berlin auch in einer Tanzshow als Wahrsager Nostradamus auf der Bühne. Schwingen Sie nun öfter das Tanzbein?

Nee, ich war dort der Sprecher. Das ist ein ungarisches Tanztheater gewesen, ich habe den Nostradamus gespielt, eine Schauspielrolle. Ich brauchte nicht zu tanzen, sonst hätte ich es auch nicht gemacht. Ja, das war eine ganz große Herausforderung für mich. Ich musste erst einmal sechs Wochen lang ein halbes Buch auswendig lernen. Dann musste ich noch einmal eine Woche nach Ungarn, nach Budapest, und dort mit dem Tanztheater proben, die weder Deutsch noch Englisch sprachen. Dann habe ich das gespielt im Admiralspalast , das ist ein sehr hochkarätiger Palast. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht.

Wie geht es im Jahr 2018 weiter?

Dann sind wir erst mal wieder auf den 70 000-Tons-of-Metal (Kreuzfahrt mit Heavy-Metal-Bands, Anm. der Redaktion ) dabei, in der Karibik diesmal. Das ist ein bisschen Urlaub für uns, da belohnen wir uns einmal. Wir brauchen nur zweimal zu spielen und sind dann sechs Tage auf einem Schiff mit Gleichgesinnten.

Boris Pfeiffer, Sebastian Lange und Marco Ernst-Felix Zorzytsky (v .l.). Nicht im Bild sind Kay Lutter und Florian Speckardt.

Boris Pfeiffer, Sebastian Lange und Marco Ernst-Felix Zorzytsky (v .l.). Nicht im Bild sind Kay Lutter und Florian Speckardt.

Das ist dann sehr international mit 60 Bands und Fans aus der ganzen Welt. Das ist natürlich klasse, Ende Januar, Anfang Februar ein bisschen Sonne abzubekommen. Ab Juni sind wir dann wieder in Deutschland und im Ausland auf Tournee.

Sie machen auch bei einer Lesereise mit. Ihr Bassist und Weggefährte Kay Lutter hat ein Buch, „Bluessommer“, geschrieben. Darüber, wie das Leben als Rockmusiker in der DDR war. Sie sind dann als Gast mit dabei. Was können die Besucher da erwarten?

Ja, da sind wir auch im Blue Shell am 24. Januar (Kölner Club, Luxemburger Straße, Anm. der Redaktion). Das macht der Kay sehr gut. Das ist sein Roman, den er geschrieben hat, das ist eigentlich fast sein Leben. Es gibt ein paar alte Geschichte zu erzählen und Musik. Die alte Bluesband, die er früher in der DDR gehabt hat, begleitet ihn da. Ich bin auch dabei und spiele Mundharmonika.

Das Gespräch führte Wilfried Meisen

Mittelalter-Rock

Platin- und Gold-Auszeichnungen, Platz-Eins-Positionen in den Charts, ausverkaufte Hallen und große Festivals – auch mit dem bislang zwölften Studioalbum „Quid Pro Quo“ bestätigt die Band In Extremo wieder ihren Ruf als erfolgreichste Formation im Bereich des Mittelalter-Rock.

Der Sänger der Berliner Band, Michael Rhein (53), zog einst der Liebe wegen nach Kerpen und wohnt jetzt mit seiner Familie in Bergheim. Einen Tag vor dem letzten Konzert des Jahres, am Samstag im ausverkauften Kölner Palladium, gab er ein Interview.

Seine Musikerkarriere startete Rhein, wie viele seiner Bandkollegen, in der DDR. Der Sohn eines Eisenbahnfunktionärs sollte Lokführer werden, tauchte stattdessen aber in die Underground-Musikszene des ostdeutschen Staates ab, wobei Konflikte mit den Behörden programmiert waren. So gab es schon mal Ärger und Spielverbote, weil Rhein etwa einen „Fördervertrag“ der örtlichen FDJ-Kreisleitung abgelehnt hatte und sich nicht ins System einbinden lassen wollte.

Nach der Wiedervereinigung zog er mit Gleichgesinnten, bunten Kostümen und akustischen Instrumenten – Dudelsäcke, Harfen, Pauken und Lauten – über Mittelalter-Märkte, die damals im Kommen waren. Ab 1995 wurde die Folklore um elektrische Instrumente ergänzt und so verrockt. In Extremo – zu deutsch „Zu guter Letzt“ – war geboren und startete durch. Mittlerweile hat die Band über 1,5 Millionen Tonträger verkauft und ist auch international erfolgreich – etwa in der Ukraine, in Mexiko und besonders in Russland. So wird auf „Quid Pro Quo“ auch auf Russisch gesungen. Ein Kosaken-Chor macht die Begleitung.

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