Bürgermeister-WahlAmtsinhaber Freytag geht in Brühl als Favorit in die Stichwahl

Dieter Freytag (SPD) sein Amt behalten.
Copyright: Tripp
Brühl – Nachdem Amtsinhaber Dieter Freytag (SPD) bei der ersten Runde der Bürgermeisterwahl mit 48,2 Prozent der Stimmen eine absolute Mehrheit knapp verpasst hat, muss er sich am Sonntag, 27. September, in einer Stichwahl seinem Herausforderer von der CDU, Holger Köllejan, stellen, der 29,3 Prozent verbuchte. Mit den Kandidaten sprach Wolfram Kämpf.
Über die Ausgangslage
Beide betonen, dass das Rennen noch nicht gelaufen sei, obwohl Freytag in der ersten Runde deutlich mehr Stimmen erhalten habe. Freytag sagt, es gehe darum, die Wähler erneut zu mobilisieren. Köllejan will kämpfen: „Aufzugeben ist keine Option.“
Über den Klimaschutz
Beide Kandidaten betonen, schon bislang Klima- und Ressourcenschutz vorangetrieben zu haben. Freytag als Bürgermeister, Köllejan als Fraktionschef der CDU, die bislang mit den Grünen ein Mehrheitsbündnis bildet. Freytag findet, es sei unabdingbar, langfristig Klimaneutralität anzupeilen. Mit Projekten der Stadtwerke und der Einstellung eines Klimaschutzmanagers habe man eine gute Basis geschaffen. Künftig will er in allen Verwaltungsvorlagen, die Stadtrat und Ausschüssen als Arbeitsgrundlage dienen, Informationen über die Auswirkungen möglicher Maßnahmen auf das Klima festhalten.

Holger Köllejan (l./CDU) will Brühler Bürgermeister werden.
Copyright: Tripp
Sein Herausforderer betont, dass Einzelmaßnahmen in einen Masterplan überführt werden sollen. Er will sich für ein Grünflächenkonzept für das Stadtgebiet, die Gleichberechtigung von Fußgängern und Radfahrern im Verkehr und den Bau von Passivhäusern einsetzen.
Über den Radverkehr
Köllejan verweist auf den Radmasterplan, den Schwarz-Grün auf den Weg gebracht habe. „Dafür wurden 200 000 Euro in den Haushalt eingestellt, aber die Umsetzung ist nicht erfolgt“, sagt er. Wer von Schwadorf in die City radele, fahre über eine Buckelpiste, die Verkehrsführung auf der Rheinstraße sei schlecht. Dort müsse schnell etwas geschehen. Er will neue Achsen für den Radverkehr schaffen.
Freytag entgegnete, dass man keineswegs den Fortgang blockiere, weil manche Ideen aus dem anderen politischen Lager kämen. Man habe Grundlagen ermittelt und werde nun zur Umsetzung kommen. Bei einigen Straßen habe man aber nur mittelbaren Einfluss. Dort hätten Land oder Kreis das Sagen.
Über Wohnraum
Laut Freytag hat man zuletzt einen Schwenk vollzogen, um nach anderthalb Jahrzehnten, in denen der Bau von Einfamilienhäuser dominiert habe, auch den Geschosswohnungsbau anzukurbeln. Der soziale Wohnungsbau komme ebenfalls endlich wieder voran. Bei der Schaffung bezahlbaren Wohnraums setze man zudem erfolgreich auf die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gebausie. Die Möglichkeiten, die Innenstadt zu verdichten, seien begrenzt. „Und dort baut man auf dem teuersten Pflaster“, sagt er. Wenn man die Menschen mit Wohnraum versorgen wolle – und das sei ein existenzielles Recht – brauche es auch Bauten auf unberührter Fläche. Hier werde man Rückgrat zeigen müssen, denn viele lehnten Neubauten vor der eigenen Haustür ab. In der jüngeren Vergangenheit habe man stets für Ausgleichsmaßnahmen, also für neue Waldflächen, gesorgt.
Auch Köllejan sagt, den Flächenverbrauch könne man nicht auf null reduzieren. Es brauche eine Mischung aus sozialem Wohnungsbau, Geschosswohnungsbau und der Errichtung von Eigenheimen. Der Einstieg in ein städtisches Bauland-Management sei wichtig, um den Einfluss zu stärken. Bei allen Neubaugebieten sei die Schaffung von Grünflächen unabdingbar.
Zum Heider-Bergsee-Campus
Freytag bleibt bei seiner wenige Wochen vor der Wahl artikulierten Einschätzung, das Projekt in der ursprünglichen Form sei vom Tisch, weil der Bedarf nicht gegeben sei. Dies habe das Innenministerium in einem Schreiben an einen Bürger im Januar erklärt. Er selbst habe Ende Mai von dem Brief erfahren. Weil das Schreiben von einem Sachbearbeiter stamme, habe er aber ein schriftliches Dementi von höherer Stelle erwartet und daher zunächst an dem Projekt festgehalten. Dieses Dementi habe es der Verwaltung gegenüber bis heute nicht gegeben. Ob die für November angedachte Offenlage des Bebauungsplan-Entwurfs noch sinnvoll sei, müsse man sehen. Freytag erinnert daran, dass der Aufstellungsbeschluss für das Bauverfahren bei Enthaltung der Grünen 2018 einstimmig erfolgte. „Ausgangspunkt war der von der Hochschule angemeldete Bedarf und die Aussage des Bundes, kurzfristig selbst nicht bauen zu können.“ Er habe das Vorhaben der Investoren auch angesichts der ressourcenschonenden Bauweise für gut befunden.
Köllejan unterstreicht, ein Freund von Kompromissen zu sein. Man solle prüfen, ob die von Geflüchteten bewohnten Container neben der Hochschule dort bleiben müssten. Diese Fläche sowie die benachbarten Parkplätze könnten möglicherweise mit Lehrgebäuden bebaut werden. Neue Studentenapartments könnten vielleicht auf dem Areal zwischen Römer-, Kaiser- und Auguste-Viktoria-Straße errichtet werden. „Dann bliebe die Ackerfläche am Daberger Hof unberührt.“ Er erwarte, dass die Verwaltung aktiv nach Alternativen suche, bevor ein Schlussstrich gezogen werde. Der Bedarf der Hochschule sei eindeutig da, das habe der Chef der Hochschule allen Fraktionen erklärt, und auch Staatssekretär Dr. Krings habe das deutlich gemacht. Die Diskussion sei schlecht für den Standort Brühl. „Wenn die Verantwortlichen des Bundes keine Entwicklung sehen, ist der Standort irgendwann gefährdet. Ich will die Hochschule hier halten.“
Über die Konstellation im Rat
Denkbar sind laut Freytag ein schwarz-grünes, ein rot-grünes und ein schwarz-rotes Bündnis. „Aber ich halte mich da heraus. Das ist Sache der Parteien und Fraktionen“, meint er. Köllejan erklärt, man werde mit allen Demokraten sprechen, sich aber keineswegs anbiedern – auch nicht bei den erstarkten Grünen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Mit der AfD werde man auf demokratischer Ebene die Auseinandersetzung suchen, um deren Konzeptlosigkeit aufzudecken. Freytag erklärte, er sei gespannt, wie sich die Vertreter der Partei verhielten, wenn konkrete Sacharbeit und handfeste Entscheidungen gefragt seien.