Bürgermeister Freytag„Die Brühler Feuerwache könnte bis zu 100 Millionen Euro kosten“

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So könnte der Neubau der Feuerwache an der Römerstraße nach den Vorstellungen der Architekten einmal aussehen.

So könnte der Neubau der Feuerwache an der Römerstraße nach den Vorstellungen der Architekten einmal aussehen.

Brühl – Dieter Freytag (67) ist seit 2014 Brühler Bürgermeister. Mit dem Sozialdemokraten sprach Wolfram Kämpf über den Neubau der Feuerwache. Das Vorhaben wird aufgrund der enormen Kosten und der Lage in der Bürgerschaft kontrovers diskutiert.

Herr Freytag, kann sich eine 45.000-Einwohner-Stadt trotz der angespannten Haushaltslage eine 85-Millionen-Euro-Feuerwache leisten?

Freytag: Ich muss sagen, dass ich nicht mit dieser Dimension gerechnet hatte. Als ich die Zahl zum ersten Mal gelesen habe, war ich wie vor den Kopf geschlagen. Aber wenn man sich mit der Thematik befasst, erkennt man, dass diese Prognose auf realen Zahlen beruht. Und man muss dazu sagen, dass die Basis der Rechnung das Jahr 2022 ist. Wir werden mit dem Bau aber erst 2024 beginnen. Niemand weiß, wie sich das Preisniveau entwickelt, ich halte einen weiteren Anstieg für nicht unwahrscheinlich. Dann wären wir bei Kosten von 90 bis 100 Millionen Euro. Hinzu kommen die steigenden Zinsen. Keine Frage, das ist ein dicker Brocken und schwer zu stemmen. Wie das gehen kann, wird uns bei den Haushaltsberatungen beschäftigen.

Ein Kostentreiber ist der begrenzte Platz an der Römerstraße, der zum Bau einer Tiefgarage und aufwendigen Schallschutzbauten zwingt. Gibt es keine Alternative?

Es ist weniger der begrenzte Platz als die ungünstige Bodenbeschaffenheit. Dort wurde vor Jahrzehnten das Gelände der ehemaligen Ziegelei verfüllt. Dieses Erbe macht nun Pfahlgründungen für den Bau nötig, die für Mehrkosten im mittleren einstelligen Millionenbereich sorgen. Klar ist aber, dass die Standortsuche seit Jahren abgeschlossen ist. Es gibt keinen besseren Platz.

Dieter Freytag hat derzeit mehrere Millionen-Projekte als Brühler Bürgermeister im Blick: den Rathausbau, die Errichtung eines Realschulgebäudes und der geplante Neubau der Feuerwache.

Dieter Freytag hat derzeit mehrere Millionen-Projekte als Brühler Bürgermeister im Blick: den Rathausbau, die Errichtung eines Realschulgebäudes und der geplante Neubau der Feuerwache.

Und klar ist auch, dass wir laut Brandschutzbedarfsplan handeln und bauen müssen. Uns sind die Hände gebunden. Es geht nicht um ein nice-to-have, sondern um die Kernaufgabe der Kommune. Und wir alle wollen eine funktionierende Wache. Jetzt können wir darüber diskutieren, ob es zwischen dem alten Standort in Brühl-Ost und dem neuen eine andere Aufgabenverteilung geben könnte und in Ost nicht nur – wie derzeit vorgesehen – ein Gerätehaus der freiwilligen Kräfte verbleibt. Aber alle Feuerwehrfachleute raten aus organisatorischen Gründen von zwei gleichgewichtigen Standorten ab. Betriebswirtschaftlich ist doch auch klar, dass ein Standort günstiger zu führen ist als zwei.

Zuletzt gab es Workshops mit Vertretern der Politik. Welche Möglichkeiten wurden ausgelotet, um Kosten zu senken?

Wir haben wenig Spielraum für Einsparungen. Denn die Standards sind großenteils vorgegeben. Wir sind die einzelnen Gewerke durchgegangen und haben kaum Einsparmöglichkeiten gefunden. Wir könnten auf die Photovoltaikanlage auf dem Dach verzichten, aber die rechnet sich. Das wäre also kein Vorteil. Ob zusätzlich eine Fassaden-Photovoltaik-Anlage, die weniger Stromausbeute verspricht, sinnvoll ist, muss man nochmals durchrechnen. Andere Ansatzpunkte sind die Fassadenbegrünung und einige Baumaterialien. In einem weiteren Workshop werden wir das Raumkonzept Schritt für Schritt durchgehen. Unter dem Strich bin ich aber skeptisch, dass bei den Einsparbemühungen fünf Millionen zusammenkommen.

Beim Neubau des Rathauses sind Kosten- und Zeitplanung aus dem Ruder gelaufen. Noch ist kein Ende in Sicht. Wie will man das künftig verhindern?

Diese Baustelle ist eine einzige Katastrophe. Und wir werden die Entwicklungen aufarbeiten, sobald das Projekt vollendet ist und schauen, welche Schlüsse zu ziehen sind. Soweit ich es bisher sagen kann, ist im politischen Raum nichts schiefgelaufen. Wir haben beispielsweise nicht den Fehler gemacht und noch während des Baus die Umsetzung neuer Wünsche verlangt, sondern sehr detailliert geplant und uns daran gehalten. Die enorme Kostensteigerung bei Fassade und Dach hat ja selbst Fachleute überrascht. Hinzu kam die allgemeine Kostenexplosion.

Wäre es nicht besser, auf Generalunternehmer zu setzen?

Nach meinen Erfahrungen bietet die Zusammenarbeit mit einem Generalunternehmer meist einen kleinen Vorteil bei der Einhaltung der Zeitschiene, bei den Kosten aber eher nicht. Denn die Unternehmen kalkulieren finanzielle Risiken mit ein. Beim Bau der Feuerwache würden wir niemanden finden, der den Auftrag für 85 Millionen übernimmt. Da bin ich mir sicher.

Wie ist denn der Stand bei den laufenden Großprojekten Rathausbau und Neubau der Erich-Kästner-Realschule?

Beim Rathaus bete ich jeden Tag dafür, dass wir im ersten Quartal 2023 den Bau vollenden. Eigentlich müssten sich in der jetzigen Bauphase die Arbeiter gegenseitig im Wege stehen, dann würden wir noch in diesem Jahr fertig werden.

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Stattdessen muss man froh sein, wenn dort ein paar Mann zugange sind. Bei der Realschule befinden wir uns in der Rohbauphase. Noch liegen wir voll im Kosten- und Zeitplan. Das war zu diesem Zeitpunkt beim Rathaus aber auch so. Ich bin sehr vorsichtig geworden.

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