Zwei Mark pro KindKinderferienwerk in Brühl feiert 60 Jahre Fußball, Ausflüge und Nudelsalat

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Das Bild zeigt zehn ehemalige Betreuer, die in einem Bus aus Pappe sitzen. Sie tragen zum großen Teil orange Kappen.

Noch einmal setzten sich ehemalige Betreuerinnen zur Geburtstagsfeier des Kinderferienwerkes in den Bus des einstigen Reiseunternehmens Boury.

Das Kinderferienwerk entstand vor sechs Jahrzehnten in Pingsdorf, um Kindern aus weniger gut betuchten Haushalten Abwechslung zu bieten.

Fahrtenlieder wie „Ein Mann, der sich Kolumbus nannt“ oder „Wenn die bunten Fahnen wehen“, selbst gemachter Nudelsalat aus der Tupperdose und der strenge Busfahrer Heinrich Boury, der den Kindern strikt Essen und Trinken in seinem Reisebus verbot, prägen die Erinnerungen derer, die in den 1960er-Jahren die Tagesausflüge des Kinderferienwerks St. Pantaleon begleiteten.

Anlässlich des 60. Geburtstages der Pingsdorfer Ferienfreizeit setzten sich ehemalige Betreuerinnen im Pfarrheim noch einmal in einen Bus aus Pappkarton. Ria Menden schlüpfte in die Rolle des damaligen Pfarrers Surmann und Irmgard Heiden spielte den Busfahrer.

Kirche und Stadt unterstützen Projekte

Mit Unterstützung von Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand hatten Eltern einst das Kinderferienwerk St. Pantaleon in Pingsdorf gegründet. Ihr Ziel sei es gewesen, sozial schwachen Familien, die in den großen Ferien nicht wegfahren konnten, für kleines Geld einen schönen Tag zu ermöglichen, sagt Jürgen Giefer. Er leitet schon seit 20 Jahren die Fahrten. Zuschüsse gab es damals wie heute von Kirche und Stadt. Schon 1967 habe es fünf Wochen lang in den Sommerferien jeweils dienstags und donnerstags Angebote gegeben, so Giefer.

Dabei ging es nicht immer woanders hin, vielfach luden die Helferinnen und Helfer auf den Spielplatz, zum Fußballspielen, ins Schwimmbad oder zu Wanderungen in die Umgebung ein: auf die Maiglerwiese am Brühler Wasserturm, zu den Villeseen oder ins Phantasialand. Für zwei D-Mark pro Kind und eine Mark für weitere Geschwister konnten die Kinder anfangs an Bahnfahrten nach Ahrweiler, Busfahrten nach Blankenberg an der Sieg oder zur Wanderung durch das Kalltal in der Eifel teilnehmen.

„Hauptsache unterwegs“ ist heute noch das Motto des Ferienwerks

In den 1970er-Jahren war er schon selbst als Leiter dabei, zusammen mit Pfarrer Karl Ernst Sebastian, Surmanns Nachfolger, erzählt der heute 55-Jährige. Mit dem Wunsch, er möge die Leitung für „lange Zeit“ übernehmen, hatten ihm damals Pfarrer Sebastian und die Vorsitzenden von Pfarrgemeinderat Peter Billig und Kirchenvorstand Winand Klemmer das Ehrenamt „angetragen“, Giefer war da selbst Vater einer einjährigen Tochter und eines Dreijährigen.

„Hauptsache unterwegs“ heißt es heute noch, freut sich Giefer über die Erfolgsgeschichte des Kinderferienwerks. Noch jedes Mal, wenn er im Mai zusammen mit seinen ehrenamtlichen Betreuern zum Kartenverkauf vor der Pfarrkirche einlädt, sind die Fahrten in kurzer Zeit ausgebucht. Familien, die leer ausgehen, kommen auf eine Warteliste, falls doch Plätze durch spätere Rücktritte frei werden.

300 Brühler Kinder waren in diesem Jahr dabei

Voraussetzung für eine Teilnahme ist, dass ein Kind in der Lage ist, eigenständig seinen Rucksack zu tragen. Mit 16 Jahren ist in der Regel Teilnahmeschluss, die älteren können aber als Betreuer mitfahren. Bislang ist es dem Team gelungen, alle Kinder sicher — Schrammen oder Wespenstiche einmal ausgenommen — nach Hause zu bringen. In diesem Jahr seien es 300 gewesen.

Vor eine echte Herausforderung habe sie vor Jahren allerdings „ein Kind zu viel im Bus“ gestellt, erinnert sich Giefer schmunzelnd. Beim Durchzählen waren es plötzlich 51 statt 50 Kinder. Ein mehrmaliges Vorlesen und Abhaken der Namensliste half nicht weiter. Schließlich meldete sich ein Kind mit den Worten „ich kenn ja hier niemanden“. Zum Glück war nichts passiert, der benachbarte Reisebus hatte das Kind längst vermisst und natürlich gewartet.

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