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Aufklärungsarbeit am WeihnachtsmarktRedaktion geht mit Taschendieb auf Beutezug

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Ein Griff in die Jackentasche, während der Mann mit seiner Frau spricht.

  1. Besucher beklauen und dadurch echte Diebstähle verhindern: Das war das Ziel einer Aufklärungsaktion dieser Zeitung.
  2. Mit einem Zauberkünstler und Show-Trickdieb aus Leichlingen ziehen wir über den Brühler Weihnachtsmarkt.
  3. Innerhalb einer guten Stunde hat Giovanni Alecci schon reiche Beute gemacht, die er hinterher natürlich wieder zurückgab.

Brühl – Vor Weihnachten hat der Taschendiebstahl Konjunktur. Im dichten Gedränge in Fußgängerzonen, Bus und Bahn und auf Weihnachtsmärkten haben Langfinger oft leichtes Spiel, selbst wenn sie weniger geschickt sind als Giovanni Alecci. Mit dem Zauberkünstler und Show-Trickdieb aus Leichlingen, der auf seiner Visitenkarte die Berufsbezeichnung „Taschendieb“ führt, und Kriminalhauptkommissarin Martina Rautenberg, Opferbeauftragte der Polizei Rhein-Erft, ziehen wir über den Brühler Weihnachtsmarkt, um Besucher zu beklauen – und dadurch echte Diebstähle zu verhindern.

Besonders günstig ist die Gelegenheit nicht an diesem verregneten Nachmittag. Auf dem Weihnachtsmarkt ist noch nicht viel los. Dennoch hätte Alecci innerhalb einer guten Stunde reiche Beute gemacht. Eine Handtasche und einen Rucksack, einen Autoschlüssel, zwei Armbanduhren, ein halbes Dutzend Mobiltelefone und ebenso viele Portemonnaies wird er Passanten abnehmen. Die meisten Opfer hätten es nicht gemerkt.

Profi lässt sich einladen

Der Profi lässt sich gern einladen zum Diebstahl. So wie von der Frau, die ihr Fahrrad durch die Fußgängerzone schiebt, die Handtasche offen im Korb am Lenker. Und wie von Anna Dunkel. Der 19-jährigen Schülerin aus Brühl, die mit Freundinnen über den Weihnachtsmarkt bummelt, ragt ein Smartphone aus der Gesäßtasche. Der Dieb könnte sich das Gerät angeln, doch er geht auf Nummer Sicher und lenkt zuvor sein Opfer ab.

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Handy und Geldbörse nahm der Trickdieb dieser Schülerin ab, gab seine Beute aber hinterher natürlich wieder zurück.

„Guck mal, du hast da Flecken auf deiner Jacke“, sagt er, kommt ihr ganz nah und macht sich sofort daran, mit der einen Hand den imaginären Dreck abzuwischen – mit der anderen zieht er das Handy. Erst, als der Trickdieb ein paar Meter weg ist, bemerkt Anna den Diebstahl und ruft ihm hinterher: „Du hast mein Handy abgezogen.“ Dann wäre es aber schon zu spät gewesen. „Ein echter Dieb hätte das Gerät längst an einen Komplizen weiter gereicht“, sagt Alecci. „Dann gibt es keine Beweise mehr.“ Warum Anna das Handy in der Hosentasche stecken hat? „Dann komm ich leichter ran“, sagt sie. Aber der Dieb eben auch.

Aufmerksamkeit scheuen und Blickkontakt meiden

Offenen Taschen kann der Trickdieb nicht widerstehen. Vor einem Dekostand greift Giovanni Alecci bei Roland Kienlein zu, während der mit seiner Frau die Auslage bestaunt. Mit dem gestohlenen Autoschlüssel hätte er seinem Opfer bis zum Wagen folgen können. „Oh je, dann hätte ich wohl mit dem Bus nach Hause fahren müssen“, sagt der 56-jährige Friseur aus Kerpen und zieht den Reißverschluss der Jackentasche zu.

Der Trickdieb

Die kriminelle Karriere von Giovanni Alecci, der sich als Schüler beim Diebstahl einer Elvis-Kassette erwischen ließ und von der Polizei nach Hause gebracht wurde, war schnell beendet. Heute beklaut der 52-jährige Zauberkünstler und Show-Trickdieb Menschen, um Taschendiebstähle zu verhindern. Alecci geht für TV-Sender, Zeitungen und den Opferschutzverein Weißer Ring auf Beutezug und gehört der Gilde der ehrlichen Taschendiebe an. (aen)

www.zauberevent.de

Bei Dieter Niehuisen hat der Trickdieb Pech. Zwar gelingt es ihm, dem 61-jährigen Maschinenbautechniker aus Wesseling an der Reibekuchenbude in die Jacke zu greifen. Doch das Portemonnaie verkantet sich. Alecci wird nicht nur ertappt, sondern auch erkannt: „Sie sind doch der Dieb aus dem Fernsehen.“ Die meisten echten Täter scheuen Aufmerksamkeit und meiden Blickkontakt. Doch für Giovanni Alecci gehören der Kontakt und seine offene, sympathische Art zur Masche. Aber er klaut ja auch, um aufzurütteln. „Mit einem netten Dieb rechnet keiner“, erklärt er die Arglosigkeit. Wer ihn zu dicht heranlässt, hat verloren. Der Zauberkünstler ist geübt darin, bei Auftritten selbst Leute um Geldbeutel und Uhren zu erleichtern, die wissen, dass sie bestohlen werden.

Keiner ist vor den Dieben sicher

Das nächste Opfer strahlt Alecci am Glühweinstand an. „Tolle Jacke. Was ist das für ein Material?“, fragt er, fährt mit der Hand über den Stoff und ertastet, in welcher Innentasche sich Handy und Portemonnaie befinden. Er gibt vor, im Futter das Etikett zu suchen. Doch Andreas Walther, selbst Oberkommissar bei der Polizei, riecht den Braten und wehrt den Handy-Diebstahl ab. Beide lachen, dann will Alecci eine Runde Glühwein ausgeben – und zückt das erbeutete Portemonnaie des Polizisten.

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„Mit mir nicht!“, soll diese Geste von Polizeioberkommissar Andreas Walther wohl bedeuten, als Giovanni Alecci nach dessen Mobiltelefon greift. Wenige Minuten später hat der Show-Trickdieb den Polizisten um seine Geldbörse erleichtert.

Obwohl mit allen Wassern gewaschen, ist selbst Giovanni Alecci vor Diebstahl nicht gefeit. Kriminalhauptkommissarin Rautenberg drapiert beim Vorgespräch ihren Schal auf seinem Handy, das vor ihm auf dem Tisch liegt, steckt es dann unbemerkt ein – und schlägt den verdutzten Show-Trickdieb mit seinen eigenen Waffen.

Die Polizei gibt Tipps

Um es Taschendieben schwer zu machen, rät die Polizei dazu, Wertsachen eng am Körper zu tragen. Trickdiebe suchen den Körperkontakt im Gedränge, lenken ihre Opfer dann ab und nutzen deren Unachtsamkeit.

Bargeld, Bankkarten und Ausweise sollten unterwegs getrennt voneinander aufbewahrt werden. Der Diebstahl der kompletten Brieftasche oder Geldbörse kostet sonst viel Zeit, Geld und Nerven.

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Wertsachen, Mobiltelefone und Digitalkameras sind in verschließbaren Innentaschen am sichersten aufgehoben. Hand- und Umhängetaschen sollten verschlossen vor dem Körper oder eingeklemmt unter dem Arm getragen werden, Rucksäcke vor dem Körper.

Notiert werden sollten Kreditkarten- und Kontonummer sowie die Gerätenummer („IMEI“) des Handys. Der Sperrnotruf ist unter 116116 zu erreichen.