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Trotz scharfer KritikStadtrat in Brühl votiert für Bettensteuer und erhöht Gewerbesteuer

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Zu sehen sind ein Brühler Hotel sowie zwei Gäste auf dem Weg zu dessen Eingang.

Die Hotels in Brühl müssen künftig ihren Gästen eine Beherbergungssteuer abverlangen und an die Stadt weiterreichen.

Der Rat votierte mit großer Mehrheit für die neue Steuer, die mehr als zwei Millionen Euro einbringen soll.

Mit heftigen Worten hatten die Verantwortlichen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) kurz vor der entscheidenden Ratssitzung noch einmal gegen die Einführung der sogenannten Bettensteuer, also einer Abgabe für Übernachtungen in Hotels und Pensionen, gewettert. Christoph Becker, Geschäftsführer des Dehoga-Nordrhein, beklagte Überheblichkeit, Arroganz und Ignoranz der Politik gegenüber der Tourismusbranche.

Sämtliche demokratischen Umgangsformen seien mit Füßen getreten worden, weil im Vorfeld die betroffene Branche „nicht einmal angehört“ worden sei. Und der „Bürgermeister, der vor der Kommunalwahl noch öffentlich erklärt hat, dass es mit ihm keine Bettensteuer in Brühl geben werde, reagiert nicht einmal auf Anschreiben des Branchenverbandes“, so Becker, der zusätzliche Bürokratie und Wettbewerbsdruck auf seine Branche zukommen sieht.

Brühl: Verwaltung hofft auf Einnahmen in Höhe von 2,3 Millionen Euro

Es nützte nichts. Abgesehen von der AfD stimmte der gesamte Rat für die Einführung der Beherbergungssteuer. Von April an müssen Gäste über die Hotel-Betreiber einen fünfprozentigen Aufschlag auf den Übernachtungspreis entrichten. Einnahmen von 2,3 Millionen Euro hält die Verwaltung für möglich.

Jochem Pitz, Chef der Fraktion FDP/Volt, stimmte zwar zähneknirschend zu, erklärte jedoch, die Kommunikation mit den Hoteliers sei verbesserungswürdig. Anders sein Pendant von der CDU, Holger Köllejan. Die Wortwahl der Dehoga trage nicht „zur Versachlichung bei“. Er sei davon überzeugt, dass sich die Steuererhebung einspielen werde und wir „halten die prognostizierten Einbrüche bei den Übernachtungszahlen für überzogen“. Viele andere Städte forderten diese Abgabe längst ein – ohne weitreichende negative Folgen.

Simone Holderried, Fraktionsvorsitzende der Grünen, sieht das ähnlich. Sie begrüßte es zudem, dass anstelle eines festen Eurobetrags ein prozentualer Aufschlag kommt. Dies sei gerechter. Bernhard Schumacher, SPD-Fraktionschef, hält die Bettensteuer für „völlig richtig und fair. Wer zu Besuch kommt, sollte für die Nutzung der Infrastruktur zahlen“.

Angesichts einer laut Bürgermeister Marc Prokop (CDU) dramatischen Haushaltslage sind die zusätzlichen Einnahmen bitter nötig. „Ich finde die Einführung der Bettensteuer auch nicht toll. Einen Tod müssen wir aber sterben. Wir drehen jeden Stein um und müssen den Haushalt in den Griff kriegen“, sagte der Bürgermeister, der damit die Einführung einer weiteren bitteren Pille für Gewerbetreibende ankündigte: Der Gewerbesteuerhebesatz steigt 2026 von 460 auf 480 Prozentpunkte.

Zuletzt wurde die Gewerbesteuer 2019 erhöht

Daraus ergibt sich laut Verwaltung eine Erhöhung der Gewerbesteuervorauszahlungen um 850.000 Euro. Zuletzt war der Hebesatz 2019 erhöht worden. Köllejan betonte, keineswegs „mit Freude Steuern zu erhöhen“, angesichts der Haushaltssituation und nötiger Investitionen stimme man aber zu. Zudem bleibe Brühl vergleichsweise günstig. Im Kreis hätten nur Pulheim und Wesseling niedrigere Gewerbesteuersätze.

Das erkannte auch FDP-Mann Pitz an, aber im bundesweiten Vergleich sehe es schlechter aus. „Das Signal an die Wirtschaft ist nicht gut“, so Pitz, dessen Fraktion wie die AfD gegen die Erhöhung votierte. Jobst Schmidt, AfD-Fraktionschef, sagte, die Höhe der Gewerbesteuer sei ein starkes Argument bei der Ansiedlung von Unternehmen, die Entscheidung gehe „in die verkehrte Richtung“.


Gebühren für Abfallentsorgung und Straßenreinigung steigen

Bürger in Brühl müssen künftig tiefer in die Tasche greifen. Angesichts höherer Kosten steigen die Gebühren für die Abfallentsorgung im kommenden Jahr laut Stadtverwaltung im Schnitt um 1,5 Prozent. Auch die Gebühren für die Straßenreinigung wurden neu kalkuliert. Sie legen um rund zehn Prozent zu. Grund sei insbesondere der Anstieg bei den Personalkosten. Die Niederschlagswassergebühr wird von 1,23 Euro je Quadratmeter auf 1,35 Euro und die Schmutzwassergebühr von 2,27 Euro je Kubikmeter auf 3,05 Euro. (wok)