Fitnessstudio in BrühlKunden wandern zu Vereinen ab

Botond Mezey betreibt das Studio 53 im Gewerbegebiet Nord II. Er sieht die Fitnessabteilung des BTV als direkte Konkurrenz und fordert Gleichberechtigung.
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Brühl – Freizeitsportler trainieren an den Ausdauergeräten im Studio 53. Eine Gruppe älterer Damen zieht Bahnen im Schwimmbecken, ein älterer Mann schwitzt in der Sauna. Es läuft gut im Fitness- und Gesundheitsstudio an der Hamburger Straße im Brühler Gewerbegebiet Nord II. Das möchte man zumindest meinen. In Wahrheit aber macht Inhaber Botond Mezey die Konkurrenz mächtig zu schaffen: eine Konkurrenz, die es seiner Meinung nach nicht geben dürfte.
Es geht um Sportvereine, die eigene Fitnessabteilungen anbieten. Die graben, wie Mezey sagt, den privaten Fitnessstudiobetreibern die Kundschaft ab. Die monatlichen Vereinsbeiträge sind günstiger als die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio. „Das geht nur, weil die Vereine vom Staat unterstützt werden,“, ärgert sich Mezey. „Vereine zahlen beispielsweise keine oder nur die halbe Umsatzsteuer. Und ihre Übungsleiter sind bis zu einem gewissen Einkommen von Sozialabgaben befreit.“ Dabei würden diese Studios wie gewerbliche Betriebe geführt. „Nur eben günstiger,“ sagt Mezey.
Das wirft Botond Mezey dem Brühler Turnverein (BTV) mit seiner Fitnessabteilung vor. Mezey wandern seit geraumer Zeit die Mitglieder ab, und Schuld daran ist seiner Meinung nach das günstigere Angebot, das der BTV den Fitnessfreunden – „bei gleichem Angebot“, wie er betont - machen kann.
Sauna und Bewegungsbecken
Seit der Eröffnung des neuen BTV-Sportzentrums im Darberger Hang im Brühler Westen Ende 2009 bietet der Verein seinen Mitgliedern der Fitnessabteilung neben Sauna und Bewegungsbecken einen 620 Quadratmeter großen Trainingsraum und eine 200 Quadratmeter große Fitnesshalle an. Zusätzlich gibt es in den frisch umgebauten Räumen des ehemaligen MP-Sportzentrums an der Steingasse in Badorf eine 200-Quadratmter-Aerobic-Halle, einen 80 Quadratmeter großer Cardiobereich und einen 400-Quadratmeter großen Krafttrainingsbereich mit mehr als 30 Geräten. Mezey beschwert sich: „Das gehört doch schon lange nicht mehr zum Breitensport.“ Er hätte nichts gegen einen Kraftraum, in dem die Sportler der verschiedenen Abteilungen ihre sportspezifischen Kraftübungen machen. „Eine 150 bis 200 Quadratmeter große Halle wäre völlig in Ordnung“, sagt Mezey. „Da wäre ich der erste, der gebrauchte Geräte sponsern würde.“
Dass der Verein steuerlich anders behandelt wird liegt für den Vorsitzenden des BTVs Herbert Stilz in der Natur der Sache. „Wir sind ein Verein, der gemeinwohlorientiert ist“, erklärt er. „Wir bieten Sport an, ohne dass wir davon Gewinn abziehen. Wir verwenden alles Geld im Sinne des Vereinsrechts.“ Er betont, dass alle Prüfungen, die der Verein durchlebt habe, gezeigt hätten, dass die Gemeinnützigkeit eingehalten werde. „Wir dürfen keine Gewinne machen.“ Ein weiterer Vorwurf Mezeys: Die Stadt Brühl habe den BTV beim Bau des Sportzentrums an der Darberger Höhe finanziell kräftig unterstützt. Zudem zahle die Stadt dem Verein jährlich die Hälfte der Betriebskosten.
BTV als Investor
Das neue Vereinsgebäude war im Rahmen eines Private-Public-Partnership-Modells mit dem BTV als Investor errichtet worden – inklusive einer Dreifachsporthalle, die auch von den Schülern des Max-Ernst-Gymnasiums genutzt wird. Aber auch Mezey hatte einst in einen Neubau investiert. 1999 war er aus einer alten Villa an der Kaiserstraße 53 in seinen Neubau im Gewerbegebiet Nord II gezogen, den er selbst finanziert hat. „Jetzt unterstützt die Kommune, die mir in Sachen wie Pflasterung, Bepflanzung, Anzahl der Parkplätze und so weiter genauste Vorschriften macht, mit meinen Steuergeldern meine Konkurrenz“, ärgert sich der Studiobesitzer.
Der Brühler Stadtkämmerer Dieter Freytag bestätigt, dass die Stadt Brühl den rund zehn Millionen Euro teuren Bau des BTV-Sportzentrums mit insgesamt 2,8 Millionen Euro bezuschusst hat. „Wir haben 2,5 Millionen Euro für die Dreifachhalle bezahlt plus 300000 Euro Erschließungskosten.“ Dieses Geld, so Freytag, hätte die Stadt aber sowieso ausgegeben. Denn schon vor dem Bau des Vereinssportzentrums sei geplant gewesen, dass auf dem Darberger Hang eine Dreifachhalle für das Max-Ernst-Gymnasium gebaut werden sollte. Der BTV, der laut Stilz seit 1995 für ein neues Sportzentrum gespart hatte, hatte sich mit der Stadt verständigt. Der BTV habe daraufhin das Sportzentrum gebaut und für die Stadt den Bau der Dreifachhalle übernommen. Stilz: „Die Abteilung Fitness hatten wir aber schon 1996 gegründet.“
Keine Zuschüsse für Fitnessflächen
Dass in dem Sportzentrum auch ein Fitnessstudio entsteht, sei in der Ursprungskonzeption nicht enthalten gewesen, sagt Kämmerer Freytag. „Aber an den Kosten dafür beteiligt sich die Stadt nicht.“ Die Betriebskostenbeteiligung der Stadt an dem Sportzentrum, die im Haushalt 2013 und auch im Zahlenwerk für 2014 mit jeweils 226800 Euro angesetzt ist, gelte nur für die Bereiche, die den Schulsport betreffen. Die Kosten für die Fitnessfläche seien da heraus gerechnet.
Seit der Eröffnung des BTV-Sportzentrums sind dem Studio-53-Betreiber Mezey viele Mitglieder abgesprungen. Etwa 300 Hobbysportler haben sich abgemeldet, „mit der Begründung, der BTV sei billiger“, sagt er. Herbert Stilz wehrt sich gegen den Konkurrenzgedanken: „Wir sind ein Sportverein, und wer behauptet eigentlich, dass die Fitnessstudios das Monopol auf diese Sportart haben?“ Der BTV schalte keine Anzeigen, mache keine Werbung. Der starke Zulauf im Verein komme von der Qualität der Arbeit.
Mezey musste jetzt die Reißleine ziehen. Er hat die Hälfte seiner Mitarbeiter entlassen müssen, um Kosten zu sparen. Er selber steht jetzt am Empfang, nimmt Telefonate entgegen, kocht Kaffee, rührt Shakes. Für ihn steht fest: „Der BTV ist Konkurrenz. Und diese bekommt massive Unterstützung von der Kommune und vom Bund. Das ist kein fairer Wettbewerb.“
Er fordert Gleichbehandlung. Die würde seiner Ansicht nach dadurch erreicht, wenn die Fitnessabteilung des BTV in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt würde und damit Steuern zahlen müsste wie ein Gewerbebetrieb. Deshalb hat er jetzt einen Antrag auf Löschung der Gemeinnützigkeit beim Vereinsregistergericht gestellt. Mezey: „Gleiche Behandlung für das gleiche Angebot, dann wäre alles gut.“
Botond Mezey ist nicht alleine. Viele Fitnessstudiobetreiber fürchten, an Vereinsfitness pleite zu gehen. Mezey sieht dies als „bedenkliche Entwicklung“ in der Branche. Im Dezember 2013 wurde der Bundesverband Gesundheitsstudios Deutschland gegründet, wo im Kollektiv gekämpft werden soll. Mezey ist dort Referent für Nordrhein-Westfalen.