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FreizeitDer Chor, der nicht singen kann

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Brühl – Die gute Laune kommt gleich mit dem ersten Ton. Dabei werden zunächst nicht einmal richtige Lieder gesungen. Zum Aufwärmen der Stimmbänder und Auflockern des Körpers stehen vielmehr Übungen wie Lippenbewegungen und die Tonleiter auf dem Programm. Dazu haut die Sängerin und Chorleiterin Ingrid Fraunholz munter in die Tasten des Klaviers. Die Sängerinnen und Sänger schreiten fröhlich im Kreis, atmen kräftig ein und aus und bewegen ihre Arme wie Flügel im Takt. Zweimal in der Woche kommt in der Brühler Kunst- und Musikschule dieser ganz besondere Chor zusammen: „Der Chor, der nicht singen kann“. Fraunholz hat ihn vor einem Jahr als Angebot für Männer und Frauen gegründet, die Spaß am Singen haben, sich jedoch mit Auftritten und einem straffen Übungsprogramm nicht plagen möchten. Auch Noten müssen die Sänger nicht lesen können. „Wir bauen uns unsere eigenen Chorsätze“, erklärt Fraunholz.

Gesungen werde aus Spaß an der Musik und der Freude an der eigenen Stimme. Nichtsdestotrotz lernen die Chormitglieder natürlich auch eine ganze Menge bei den regelmäßigen Chorproben. Berechtigt können dabei den Zuhörern deswegen auch Zweifel kommen. „Von wegen, der Chor, der nicht singen kann“. Im Kanon singen sie Lieder wie „Tiritomba“. Mehrstimmig geben sie auch Lieder wie „Lachend kommt der Sommer übers Land“ zum Besten. Bei „Love Saturday Night“ hält es die Sängerinnen und Sänger dann nicht mehr auf ihren Plätzen. Wie ein echter Gospelchor tänzeln sie im Takt und im Einklang mit der Musik.

Chorarbeit ist wie eine Therapie

Für Heinz Fastabend (70) ist die Chorarbeit inzwischen längst Therapie. „Singen kommt bei mir noch vor Thai Chi“, sagt er. Auch Brigitte Voigt (62) möchte nicht mehr auf ihr Singen im Chor der nicht singen kann verzichten. „In der Schule habe ich immer zu hören bekommen, dass ich nicht singen kann“, erinnert sie sich. Bei Aufführungen habe sie als Kind und Teenager vom Musiklehrer sogar die Auflage bekommen, nur die Lippen zu bewegen. „Hier habe ich zum ersten Mal erfahren, dass ich doch singen kann“, sagt sie lachend.

Dabei gefällt es ihr nicht nur mit der eigenen Stimme zu spielen und dabei zu immer neuen Höchstleistungen zu gelangen, auch die Gemeinschaft der Chormitglieder möchte sie nicht mehr missen. „Singen macht einfach Spaß, und unser Chor ist eine tolle Gruppe“, findet auch Marion Niemeyer (49). Sogar Aloisa Thomas und Margot Lischka sind mit ihren 80 Jahren noch jede Woche mit dabei. „Weil wir gerne singen“, sagen sie. „Wo man singt, da lasst euch nieder“, zitieren sie gerne. „Und alles, was man nicht kann, kann man lernen“, ergänzt Fraunholz. Singen könne man sogar mit Hörgerät und Hexenschuss.

„Und beim Duschen, der Hausarbeit und beim Autofahren“, wissen die Chormitglieder aus eigener Erfahrung. Seit sie im Chor singen, würden sie auch zu Hause öfter einmal nur für sich ein Lied singen. Dabei brauchen sich die Sängerinnen und Sänger über eventuell falsch gesungene Töne keiner Sorgen zu machen. „Über die singen wir doch einfach hinweg“, erklärt dazu ihre Chorleiterin.

Geprobt wird montags von 19 bis 20 Uhr und freitags von 16 bis 17 Uhr. Wer Lust hat singt einfach mal mit: Liblarer Str. 12-14, 50321 Brühl oberste Etage in der Aula.